Global View der Bank Sarasin: Die Luft wird dünner

Global View der Bank Sarasin: Die Luft wird dünner

Jan Amrit Poser, Leiter Research und Chefökonom der Bank Sarasin. (Foto: Bank Sarasin)

Basel – Die Jagd nach Rendite dominiert das Geschehen an den Finanzmärkten. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Märkte macht das zweite Quartal 2013 jedoch zu einem Übergangsquartal. Die monetär getriebene Erholung der Weltwirtschaft wird sich zwar ins zweite Quartal hinein fortsetzen; in der zweiten Jahreshälfte werden aufgrund der Konjunkturabschwächung aber erneut Eurosorgen aufkommen. Eine so genannte «grosse Rotation» aus Anleihen in Aktien wird daher kaum stattfinden. Stattdessen werden an den Aktienmärkten weiterhin dividendenstarke Titel aus den Sektoren Verbrauchsgüter, Gesundheit und Versicherungen gefragt. Auch die Nachfrage nach defensiven Währungen wird zunehmen. Der Franken und der Yen dürften sich aufwerten, sobald der Risikoappetit an den Finanzmärkten nachlässt.

Für das zweite Quartal 2013 erwartet die Bank Sarasin vorerst eine weitere Wachstumsbelebung. Noch profitieren die USA von einer Erholung ihres Immobilienmarktes. Dies wirkt sich positiv auf das Vermögen der Haushalte aus und steigert das Konsumwachstum. Dabei werden sowohl Konsum als auch Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2013 positiv zum Wachstum beitragen. Auch China profitiert von Wachstumsimpulsen der neuen Regierung. Um jedoch die Wende von einem export- zu einem konsumorientierten Wirtschaftsmodell zu bewerkstelligen, werden weitere tiefgreifende Reformen nötig sein. Euroland erholt sich ebenfalls, wenn auch auf tiefem Niveau. Doch die zunehmenden Erwartungen eines starken und lange anhaltenden Aufschwungs sind verfrüht. Die notwendige fiskalische Konsolidierungspolitik wird bis Jahresende das Wachstum der Weltwirtschaft dämpfen. Der so genannte «Sequester» wird in den USA das Wachstum abbremsen, was auch auf Euroland durchschlagen sollte. Weil ohne Wachstum kein Euro-Mitglied seinen Schuldenstand eindämmen kann, ist in der zweiten Jahreshälfte eine Rückkehr der Eurosorgen zu erwarten.

«Dieses Jahr wird erneut mit einer Wachstumsdelle im zweiten Halbjahr aufwarten. Zu gross sind die den Konsum dämpfenden Effekte, die wir angesichts der notwendigen fiskalischen Konsolidierung erwarten müssen.»
Dr. Jan Amrit Poser, Leiter Research und Chefökonom der Bank Sarasin

Trendwende am Anleihenmarkt
Zahlreiche positive Faktoren führten im Verlaufe des ersten Quartals zu einem Anstieg der US-Renditen. In der zweiten Jahreshälfte werden die US-Konsumenten jedoch die beschlossenen Fiskalmassnahmen zu spüren bekommen. Das zweite Quartal ist entsprechend ein Übergangsquartal: Zu Beginn werden noch steigende Renditen erwartet, gegen Ende dürfte eine Trendwende am Anleihenmarkt erfolgt sein. Euroland wird sich in der zweiten Jahreshälfte der Abschwächung der US-Wirtschaft nicht entziehen können. Damit wird auch ein Rückgang der deutschen Renditen gegen das Jahresende einhergehen. Mit einer Verschlechterung des konjunkturellen Umfeldes dürften sich auch die Schweizer Zinsen wieder nach unten orientieren. Die Attraktivität der Schwellenländer hingegen bleibt – trotz der Ernüchterung im ersten Quartal – ungebrochen.

Defensive Währungen stehen in den Startblöcken
Im Rahmen des Sarasin Konjunkturszenarios ist zu erwarten, dass die ökonomischen Vorlaufindikatoren in den kommenden Monaten ihren Zenit erreichen werden. Defensive Währungen werden wieder gefragt sein. Der Schweizer Franken wird in Richtung Untergrenze steigen. Im Notfall ist die Nationalbank zu erneuten Devisenkäufen gezwungen. Auch der japanische Yen wird auf den Prüfstand gestellt. Er dürfte sich aufwerten, sobald der Risikoappetit an den Finanzmärkten nachlässt. Die Wachstumsängste dürften auch dem US-Dollar zu Gute kommen, da der Greenback negativ mit den Aktienmärkten korreliert. Beim Euro drohen hingegen Währungsverluste, da eine schwächere Wirtschaft die Schuldenkrise wieder entfachen könnte. Auch die zyklischen Währungen Pfund, schwedische Krone und australischer Dollar werden unter dem konjunkturellem Gegenwind leiden. Die asiatischen Schwellenländerwährungen werden von den soliden Fundamentaldaten der jeweiligen Länder langfristig profitieren.

«Insgesamt erwarten wir, dass die wichtigsten Aktienindizes Ende Jahr tiefer als zu Jahresbeginn notieren werden. Wir sind aber überzeugt, dass es möglich ist, im zweiten Quartal mit der richtigen Aktienauswahl eine positive Rendite zu erzielen.»
Philipp E. Bärtschi, Chefstratege der Bank Sarasin

Fortgesetzter Bullenmarkt oder «Sell in May»?
Die globalen Aktienmärkte konnten im ersten Quartal 2013 trotz wieder aufgekommener Eurosorgen deutlich zulegen. Die Frage steht im Raum, ob es zu der langersehnten «grossen Rotation» kommen wird und der nächste Bullenmarkt bevorsteht? Aufgrund des konjunkturellen Rückenwindes, des Umfeldes tiefer Zinsen und der entsprechend hohen Risikoprämien ist davon auszugehen, dass die Aktienmärkte vorerst auf ihrem Aufwärtstrend bleiben. Sobald der fiskalpolitische Gegenwind jedoch überhandnimmt, stehen Enttäuschungen an. Die Aktienmärkte werden dem gleichen saisonalen Muster wie in den letzten drei Jahren folgen. Der Trend hin zu wachstumsstarken Dividendentiteln dürfte sich sodann fortsetzten. Solche Aktien sind besonders in den Sektoren Verbrauchsgüter, Gesundheit und Versicherungen zu finden. Immobilienaktien haben sich dem tiefen Zinsumfeld bereits angepasst und weisen das geringste Aufwärtspotenzial auf, weswegen die Bank Sarasin den Sektor Untergewichten. Trotz der schwachen Performance im ersten Quartal 2013 sieht die Bank Sarasin bei Schwellenländer-Aktien das grösste Potenzial. Entscheidend ist dabei die Nachrichtenlage in China.

Rally des SMI vorerst beendet
Zwei Gründe sprechen dafür, dass die Rallye des SMI auf einmaligen Effekten basierte. Erstens hat die Abschwächung des handelsgewichteten Frankens in den letzten Monaten zu einer Steigerung der Gewinnerwartung geführt. Letztere reagieren sehr sensibel auf den Franken, weil Schweizer Konzerne einen Grossteil ihrer Gewinne im Ausland erzielen. Der zweite Grund für die stärkere Wertentwicklung der defensiven Märkte war die Jagd nach Rendite. Denn neben Wachstumshoffnungen war der Anstieg an den globalen Aktienmärkten im ersten Quartal 2013 insbesondere von einem Rückgang der Risikoprämien getrieben. Solche Aktien sind besonders in den Sektoren Verbrauchsgüter, Gesundheit und Versicherungen zu finden. Da der SMI und FTSE im Vergleich zum MSCI World eine relativ hohe Gewichtung in diesen Sektoren aufweisen, konnten beide besonders von Geldzuflüssen profitieren. (Sarasin/mc/ps)

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