Griechenland unter Druck – EZB und Schäuble bleiben hart

Griechenland unter Druck – EZB und Schäuble bleiben hart

Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis. 

Athen – Im Ringen mit den Europartnern um Zugeständnisse beim Abbau seines enormen Schuldenbergs kann sich Griechenland nicht durchsetzen. Die neue Regierung in Athen unter der Führung des Linksbündnisses Syriza gerät zunehmend unter Zeitdruck. In Athen demonstrierten am Donnerstag Tausende gegen den verschärften Kurs der Europäischen Zentralbank. «Wir lassen uns nicht erpressen, wir haben keine Angst, wir siegen». Teilnehmer warfen EZB-Chef Mario Draghi vor, «das Spiel Merkel zu spielen».

Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) den angeschlagenen griechischen Banken den Zugang zu frischem Geld erschwert hatte, brachte ein Treffen des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble mit seinem Amtskollegen Gianis Varoufakis am Donnerstag keinerlei Annäherung in der Sache. «Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind», sagte Schäuble nach dem Gespräch in Berlin. (Video der Medienkonferenz)

Gabriel wirbt um Verständnis
Hingegen warb Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der SPD nach einem Treffen mit Varoufakis um Verständnis für das Krisenland. Verglichen mit dem, was die Menschen dort ertragen müssten, sei die heftig umstrittene rot-grüne Reform-«Agenda 2010» in Deutschland ein «laues Sommerlüftchen» gewesen. Eines müsse dennoch klar sein: «Die Konsequenzen, insbesondere die finanziellen Konsequenzen einer Neuordnung der griechischen Politik können nicht transferiert werden in andere Länder und dort durch die Steuerzahler bezahlt werden.»

Varoufakis schlug mit Blick auf den von Kanzlerin Angela Merkel geforderten Sparkurs zwar sanftere Töne an. «Wir brauchen Deutschland an unserer Seite», sagte der parteilose Wirtschaftsprofessor, der im Kabinett des Linksbündnisses Syriza mit der rechtspopulistischen Partei der Unabhängigen Griechen das Finanzressort übernommen hatte. Inhaltlich sei man sich allerdings noch nicht einmal über die Differenzen einig.

EZB erhöht den Druck
Die EZB hatte am Mittwochabend den Druck auf die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras erhöht. Sie kippte eine Sonderregelung, wonach griechische Staatsanleihen bisher als Sicherheit für weitere Kredite der Notenbank genutzt werden konnten. Ab 11. Februar soll dies nun nicht mehr möglich sein. Begründung der EZB: Es sei nicht sicher, dass die Überprüfung von Athens Spar- und Reformprogramm erfolgreich abgeschlossen werden könne. Dies ist ein schwerer Schlag für die griechischen Banken, die am Geldtropf der EZB hängen. Sie müssen nun zu höheren Kosten Notfallkredite über die griechische Notenbank in Anspruch nehmen.

Griechenland hat rund 320 Milliarden Euro Schulden. Wenn Ende dieses Monats das bestehende EU-Hilfsprogramm ausläuft, könnten sich die Kassen des Landes und seiner Banken schnell leeren.

Tsipras will Schlussstrich unter das Kapitel Troika ziehen
Athen hatte empört auf den Schritt der EZB reagiert. Das Treffen von Schäuble und Varoufakis, der auf einer Europa-Tour für einen Bruch mit der bisherigen Sparpolitik wirbt, erhielt so besondere Brisanz. Tsipras bekräftigte in Athen, seine Regierung werde ihr Versprechen an das griechische Volk einlösen und eine umfassende Diskussion über ein Ende der Sparprogramme anregen: «Wir werden einen Schlussstrich unter das Kapitel Troika und ihre (Spar-)Politik ziehen.»

Schäuble forderte Varoufakis dagegen auf, eingegangene Vereinbarungen einzuhalten: «Verlässlichkeit ist die Voraussetzung von Vertrauen.» Er verlangte, die Verhandlungen mit der sogenannten Troika der Kontrolleure aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission wieder aufzunehmen.

Schäuble empfiehlt breitere Steuerbasis
Der Bundesfinanzminister betonte, dass Griechenland weitgehend selbst für seine Schuldenkrise verantwortlich sei. Schäuble empfahl der neuen Regierung, die Steuerbasis zu verbreitern, indem Reiche stärker herangezogen werden. Gleichzeitig trat er Befürchtungen entgegen, Deutschland wolle die EU dominieren. Auch in der Krise wolle man Griechenland «den Respekt niemals versagen». Das Land gehöre zum Euro, «aber was wir jetzt tun müssen, darin stimmen wir nicht so recht überein». Kritik an der Haltung Schäubles kam von den Grünen.

Varoufakis entgegnete, die Partner in der EU könnten von Griechenland «ein Höchstmass an Vernunft» erwarten. Das umfasse die Bereitschaft zu effektiven Reformen. Er sprach erneut von der Möglichkeit einer Umschuldung – statt des zunächst geforderten Schuldenschnitts für Athen. Schäuble betonte, er sei sich mit Varoufakis einig gewesen, «dass das Thema Schuldenschnitt nicht von aktueller Bedeutung» sei.

EU mahnt zu Reformen
Auch die EU-Kommission mahnte Athen zur Fortsetzung der Reformen. Die griechische Wirtschaft könne 2015 um 2,5 Prozent wachsen – «auf der Grundlage der Annahme, dass es weitergeht mit Reformen und Haushaltsdisziplin», sagte Währungskommissar Pierre Moscovici bei der Vorlage der Winter-Konjunkturprognose in Brüssel.

Das Hilfsprogramm für Athen könne nur beendet werden, wenn die Geldgeber-Troika ihre laufenden Kontrollen abgeschlossen habe, sagte Moscovici. Nach Überzeugung von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem brauchen die Verhandlungen mit Griechenland zur Bewältigung der Schuldenkrise Zeit: Die Probleme des Landes seien komplex. (awp/mc/upd/pg)

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