Japans Zentralbank gestaltet ihre Geldpolitik flexibler

Japans Zentralbank gestaltet ihre Geldpolitik flexibler

Tokio – Die japanische Zentralbank gestaltet ihre extrem lockere Geldpolitik ein Stück weit flexibler. So wird zum einen die im Jahr 2016 eingeführte Strategie der Zinskurvensteuerung etwas lockerer gehandhabt. Zudem zieht sich die Notenbank ein Stück weit vom Aktienmarkt zurück, auf dem sie in den vergangenen Jahren zu einem mächtigen Akteur geworden ist. Zugleich verschaffen sich die Währungshüter Spielraum für den Fall, dass die bereits extrem niedrigen Zinsen weiter sinken sollten.

Am Anleihemarkt will die Zentralbank den Marktkräften offenbar etwas mehr freien Lauf lassen. Wie die Notenbank am Freitag nach ihrer Zinssitzung mitteilte, dürfen die Zinsen zehnjähriger Staatsanleihen etwas stärker schwanken. Um den anvisierten Zielwert von null Prozent darf die Rendite jetzt nach oben und unten 0,25 Prozentpunkte abweichen anstatt der bisherigen 0,20 Prozentpunkte. Der Kurzfristzins wurde unverändert auf minus 0,1 Prozent belassen.

Zurückhaltung am Aktienmarkt
Am Aktienmarkt will die Notenbank offenbar ebenfalls weniger aktiv sein. So liess sie ihre bisherigen Zielwerte für die Käufe von börsengehandelten Indexfonds (ETF) und bestimmten Immobilienfonds (J-Reits) fallen. Ausserdem will die Bank of Japan nur noch ETF auf den Topix-Index und nicht mehr auf den prominenteren Index Nikkei 225 kaufen.

Weniger interventionistische Geldpolitik
Analysten deuteten die Änderungen als einen kleinen Schritt in Richtung einer etwas weniger interventionistischen Geldpolitik. Die Notenbank habe seit langem die Schäden, die ihre Geldpolitik dem Finanzsektor zufüge, zurückdrehen wollen, kommentierten die Fachleute vom Analysehaus Pantheon Macroeconomics. Am Anleihemarkt etwa strebe die Notenbank eine Normalisierung mit einer steileren Zinskurve an. «Die heutigen Entscheidungen sind ein Mini-Schritt in diese Richtung.»

Gefahr für Funktionieren der Märkte
Mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik ist die Zentralbank zu einem der entscheidenden Marktteilnehmer geworden. Sowohl am Anleihemarkt als auch am Aktienmarkt gilt sie mittlerweile als grösster Einzeleigner. Das stellt eine Gefahr für das Funktionieren der Märkte dar. Am Anleihemarkt etwa sind die Umsätze und Kursbewegungen in den vergangenen Jahren erheblich zurückgegangen.

Der Finanzsektor leidet seit langem unter der extremen Geldpolitik mit Negativzinsen und flacher Zinskurve. Auch ihm dürften die jetzigen Änderungen zugute kommen. Die Notenbank traf ausserdem Vorsorge, sollte sie die bereits negativen Kurzfristzinsen weiter senken wollen. In diesem Fall will sie ihr Staffelzinssystem anpassen, das für die Frage entscheidend ist, wie stark die Geschäftsbanken unter den Negativzinsen leiden.

Nikkei gibt nach
An den Finanzmärkten sorgten die neuen Beschlüsse vor allem am Aktienmarkt für Bewegung. Während der Leitindex Nikkei 225 deutlich nachgab, stieg der Topix-Index. Die Analysten von Pantheon begrüssten die Entscheidung der Notenbank, ETF-Käufe nur noch auf den Topix-Index zu tätigen. Damit dürften die stärksten Kursverzerrungen der Vergangenheit angehören, heisst es in einem Kommentar.

Die Bank of Japan kämpft seit langem – und nur mit mässigem Erfolg – gegen die schwache Inflation im Land, die sie als wirtschaftsschädlich betrachtet. Seit etwa einem Jahr kommen die Verwerfungen der Corona-Pandemie hinzu. Wie andere grosse Notenbanken haben die japanischen Währungshüter ihre ohnehin sehr grosszügige Geldpolitik in der Corona-Krise weiter gelockert. Analysten sehen den Spielraum für weitere Lockerungen jedoch seit längerem als begrenzt an. (awp/mc/pg)

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