M&G: Zeigt die Zinskurve bereits eine Rezession?

M&G: Zeigt die Zinskurve bereits eine Rezession?
Von Stuart Canning, Anlageexperte im M&G Multi-Asset-Team. (Foto: pd)

Zürich – Nun invertierte sich die US-Zinsstrukturkurve bereits: Die Rendite von dreijährigen US-Staatsanleihen war vorübergehend – für einen wirklich sehr kurzen Moment – niedriger als die ihrer zweijährigen Pendants. Das ist gemäss «Bloomberg» eine grosse Sache.

Viele Marktteilnehmer sind besorgt, weil eine invertierte Zinskurve häufig ein Zeichen für eine bevorstehende Rezession ist. Und obwohl die Kommentatoren üblicherweise andere Spreads betrachten – normalerweise zehn Jahre über zwei Jahre -, ist dies der erste Teil der Kurve, der sich für einige Zeit umkehrt. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Zinsen relativ kurzfristig gesenkt werden müssen.

Wie immer gilt jedoch, dass wir nicht einfach einen Indikator, eine Kennzahl oder einen Datenpunkt als Massstab nehmen. Wir müssen einen Schritt zurücktreten und überlegen, warum diese wichtig sind. Wie stark beeinflusst der Leitzins die Realwirtschaft, und beeinflusst eine Zinsänderung von 0,25% die Kreditentscheidung einer Person oder die Investitionsentscheidung eines Unternehmens?

Das sind die Fragen, die sich die Fed und die Märkte stellen müssen. Schliesslich sind das die Gründe dafür, weshalb die Leitzinsen überhaupt verändert werden.

Die Realwirtschaft
Das Verständnis des Übertragungsmechanismus von einer Änderung des Leitzinses zu den Handlungen der Einzelpersonen und Institutionen ist immer komplex und ändert sich ständig. Richard Woolnough hat in der Vergangenheit darüber geschrieben, wie sich die Bedingungen verschärfen können, ohne dass die Fed einen Finger hebt. Wir haben auch über die Gefahren einer zwanghaften Überzeugung über die Fähigkeit der Federal Reserve zur Feinabstimmung der Wirtschaft geschrieben.

Es kann durchaus wichtigere Entwicklungen geben als kleine Veränderungen des offiziellen Leitzinses. Das hier hat sich beispielsweise in den letzten Monaten verändert: Tatsächlich hat die Überzeugung darüber abgenommen, inwieweit die Fed kurzfristig eine Straffung vornehmen muss. Der marktimplizierte Pfad der Leitzinsen (anhand der Forward-Kurve) deutet immer noch auf eine grössere Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung bei der Sitzung im Dezember hin als dagegen, aber im Vergleich zu dem, was Ende September eingepreist wurde, scheint es die Überzeugung zu geben, dass wir nächstes Jahr bis zum dritten Quartal wahrscheinlich nicht so viele Zinserhöhungen erlebt haben werden.

Die Inversion der Renditen von zwei bis drei Jahren impliziert auch deutlich, dass es eine bedeutende Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass die Fed in den nächsten Jahren eine Lockerung durchführen muss. In beiden Fällen ist die Veränderung jedoch gering.

Im Gegensatz dazu kam es an den Kreditmärkten im Oktober zu relativ tiefgreifenden Bewegungen. Diese aggregierten Werte deuten darauf hin, dass die Fremdkapitalkosten des US-Unternehmenssektors zwischen September und November bei Hochzinsunternehmen um mehr als ein Prozent und bei Investment-Grade-Unternehmen um 25 Basispunkte gestiegen sind (etwa so viel wie der 2-Jahres-/ 3-Jahres-Spread gesunken ist).

Über einen längeren Zeitraum betrachtet haben auch einzelne Verbraucher eine Straffung erlebt. Jim Leaviss hat festgestellt, dass die Aktivitäten auf den Immobilien- und Automobilmärkten in den USA in jüngster Zeit zurückgegangen sind. Die New York Fed veröffentlichte ihre neueste Umfrage zu den Kreditbedingungen und beobachtete eine Verschärfung der Lage.

Diese Art der Entwicklung ist natürlich genau der Grund, warum die Fed die Politik überhaupt straffen will. Und wenn diese bereits im Gange ist, wird die Notwendigkeit einer politischen Straffung deutlich reduziert. Es kann sein, dass wir einfach eine Form der Straffung gegen eine andere ausgetauscht haben.

Die Realwirtschaft und der Markt
Es mag seltsam erscheinen, dass wir so oft über die Fed und die Zinsstrukturkurve schreiben, obwohl wir oft suggerieren, dass beide kein Grund zur Beunruhigung sind. Dafür gibt es zwei Argumente: Erstens, während die Auswirkungen der Fed auf die Realwirtschaft sehr oft überbewertet zu sein scheinen, ist das bei den Auswirkungen auf die Märkte nicht der Fall. Wir glauben, dass ein Grosseil des Marktverhaltens in diesem Jahr auf die Rolle der kurzfristigen US-Zinsen zurückzuführen ist, sofern sie einen globalen Abzinsungssatz widerspiegeln. Das Verständnis über diese Themen ist eine wichtige Voraussetzung für die Beurteilung der Vermögenspreise.

Zweitens leugnen wir nicht, dass die Fed oder die Marktbewegungen an sich zu einer Verschärfung der Bedingungen über das Mass hinaus, das die „Realwirtschaft“ noch bewältigen kann, in der Lage sind. Dies ist relevant für das tägliche Leben von Männern und Frauen weltweit und, wenn auch etwas weniger, für Investoren. Der „Backing Value“ bei Vermögenswerten wie Aktien impliziert eine Vermutung für zukünftige Ertragsströme, und geldpolitische Fehlentscheidungen können diese ausser Kraft setzen, sogar über längere Zeiträume hinweg. Rezessionen können den Verlust erheblicher Geldbeträge bedeuten, egal wie günstig Ihre Vermögenswerte Ihrer Ansicht nach waren.

Was wir in Frage stellen, ist die obsessive Fokussierung auf einzelne Themen wie die Fed-Politik oder auf bestimmte Kennzahlen, ohne offensichtliche Berücksichtigung dessen, was dahintersteckt. Wir müssen solchen Variablen genau im Blick haben, aber nicht auf Kosten aller anderen Faktoren. (M&G/mc)

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