Österreich: Erste Group in der Krise

Österreich: Erste Group in der Krise

Andreas Treichl, Vorstandsvorsitzender Erste Group.

Wien – Die Staatsschuldenkrise in Europa reisst den österreichischen Bankkonzern Erste Group tief in die roten Zahlen. Das besonders in Osteuropa aktive Institut rechnet wegen milliardenschwerer Abschreibungen nun im Gesamtjahr mit einem Verlust von 700 bis 800 Millionen Euro, wie es am Montag mitteilte. Den Aktionären streicht die Erste Group die Dividende, die Rückzahlung der nach der Finanzkrise 2008 erhaltenen Staatshilfen wird verschoben.

Für die ersten neun Monate rechnet die Erste Group mit einem Nettoverlust von 920 bis 970 Millionen Euro, nachdem das erste Halbjahr noch einen Gewinn von fast 500 Millionen Euro gebracht hatte. Alleine in Ungarn liefen nun Belastungen von 762 Millionen Euro auf, in Rumänien weitere 627 Millionen und auf Absicherungsgeschäfte in den Schuldenstaaten der Euro-Zone rund 180 Millionen. Die Aktie verlor zum Handelsauftakt knapp 10 Prozent ihres Werts.

Ungarn-Tochter auf Null abgeschrieben
Den Wert ihrer ungarischen Tochter schrieb die Erste Group von 312 Millionen Euro auf Null ab. Zusätzlich legte sie 450 Millionen Euro vor Steuern als Risikovorsorge zurück. Als Grund dafür führte das Management «massive staatliche Interventionen im ungarischen Bankensektor» an. Gemeint ist damit das im September verabschiedete Fremdwährungsgesetz, mit dem Ungarn auf den starken Schweizer Franken reagiert. An diesen sind zahlreiche Kredite im Land ausgegeben. Wegen der Aufwertung des Frankens haben viele Ungarn Probleme bei der Rückzahlung. Das neue Gesetz zwingt die Banken dazu, bei vorzeitiger Tilgung von Fremdwährungskrediten einen laut Erste Group um 25 Prozent günstigeren Wechselkurs zu gewähren. Das belastet die Institute schwer.

«Politische Willkür»
Die Erste Group sprach in der Mitteilung von «politischer Willkür», gegen die das Unternehmen «alle zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel» einsetzen wolle. Trotzdem müssten bilanzielle Vorkehrungen getroffen werden. Probleme gibt es auch in Rumänien. Grund für die immensen Abschreibungen sei die überraschend schwache wirtschaftliche Entwicklung. Ihr Risiko in den Schuldenstaaten der Eurozone, Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien baute die Erste Group nach eigenen Angaben in den vergangenen neun Monaten von 1,9 Milliarden auf 0,6 Milliarden Euro ab. 95 Prozent des Risikos seien nun zu Marktpreisen bewertet. Zudem hat das Institut noch 2 Milliarden Euro bei Banken in diesen Ländern sowie 0,9 Milliarden bei Privatunternehmen im Feuer.

Verkaufte CDS auf Marktniveau angepasst
Darüber hinaus passte die Erste Group den Wert der von ihr verkauften Absicherungen auf Kredite anderer Institute in diesen Ländern, die sogenannten Credit Default Swaps (CDS), auf das Marktniveau an. Dies werde das Eigenkapital in diesem Jahr mit 280 Millionen Euro belasten und das Nettoergebnis nach drei Quartalen um 180 Millionen Euro nach unten ziehen. Mit CDS können Kreditgeber ihre Forderungen absichern, wie sie etwa aus dem Kauf von Anleihen entstehen. Wird ein Kredit oder eine Anleihe nicht zurückgezahlt, müssen diese Versicherungen einspringen. Angesichts der sich verschärfenden Schuldenkrise ist dies zuletzt wahrscheinlicher geworden. (awp/mc/ps)

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