Raiffeisen Schweiz sieht steigende Rezessionsrisiken

Raiffeisen Schweiz sieht steigende Rezessionsrisiken
Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer (CIO) von Raiffeisen Schweiz. (Foto: Raiffeisen)

St. Gallen – Raiffeisen Schweiz zeigt sich im Ausblick auf das zweite Semester an den Finanzmärkten wenig optimistisch. Die Bank sieht ein erhöhtes Rezessionsrisiko und überschreibt den Anlageausblick auf das zweite Semester «im Griff des Bären».

Bereits vor rund einem Monat hatte die Bank ihre Wachstumsprognosen für das Bruttoinlandprodukt (BIP) 2022 in der Schweiz auf 2,2 von zuvor 2,5 Prozent gesenkt. Im am Donnerstag publizierten Anlageausblick warnt Raiffeisen Schweiz nun vor steigenden Rezessionsrisiken.

«In Bezug auf die Weltwirtschaft befinden wir uns aktuell in einem stagflationären Umfeld», sagte Investment-Chef Matthias Geissbühler vor den Medien. Da ein unmittelbarer Rückgang der Inflation nicht absehbar sei, dürften die Notenbanken ihre restriktive Geldpolitik vorerst fortsetzen.

«Diese Zinserhöhungen erfolgen nicht in einem Umfeld einer brummenden Konjunktur, sondern zu einem Zeitpunkt, wo sich die Weltwirtschaft bereits deutlich abkühlt. Damit ist der Grat, auf dem sich die Notenbanken bewegen, extrem schmal. Die Rezessionsrisiken haben zugenommen», so Geissbühler.

Er geht davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank die Zinsen bis im ersten Halbjahr 2023 maximal bis in den Bereich von +0,5 Prozent erhöhen wird. Für die Europäische Zentralbank prognostiziert er im laufenden Zinserhöhungszyklus einen Peak im Bereich von +0,75 bis +1,0 Prozent. Und mit Blick auf die amerikanische Notenbank verweist er auf Vorhersagen verschiedener Ökonomen, welche per Ende 2023 bereits wieder die erste Zinssenkung erwarten.

Arbeitsmarkt könnte bald kippen
Ein Thema war in der Fragerunde auch der Arbeitsmarkt in der Schweiz. Dass dieser in einem zunehmend rezessiver werdenden Umfeld hierzulande heiss läuft – zuletzt wurde in der Schweiz ein neuer Rekord an offenen Stellen gemeldet – kann man laut Geissbühler zwar als Widerspruch sehen. Man solle die Zahlen zum Arbeitsmarkt aber auch nicht überbewerten, da dieser ein nachlaufender Indikator sei.

«Es besteht die Möglichkeit, dass der Wind dort bald dreht», meinte Geissbühler. Es gebe bereits Firmen, welche mit einer sinkenden Zahl an Mitarbeitern kalkuliere.

An den Aktienmärkten sind laut Raiffeisen Schweiz die Bewertungen nach der starken Korrektur im ersten Semester optisch zwar wieder attraktiver. Die Gewinnschätzungen vieler Unternehmen für das laufende Jahr seien aber «sehr optimistisch und entsprechend mit Vorsicht zu geniessen». Die rekordhohen Gewinnmargen dürften sich im laufenden Jahr kaum weiter ausweiten, so die Bank.

Aktienmarktkorrektur noch nicht vorüber
«Stark gestiegene Produzentenpreise, anhaltende Lieferengpässe sowie höhere Finanzierungskosten dürften für Margendruck sorgen. Die Gewinnerwartungen sind zu hoch und müssen nach unten revidiert werden», erklärte in diesem Zusammenhang Geissbühler.

Raiffeisen Schweiz rechnet deshalb in den kommenden Monaten entsprechend mit einer anhaltend hohen Volatilität an den Aktienmärkten. Empfohlen werden denn auch Aktien von Unternehmen mit soliden Bilanzen und einer starken Marktstellung mit guter Preissetzungsmacht. Überdies favorisiert die Bank den Schweizer Aktienmarkt gegenüber den übrigen Regionen.

«Wie ein Phönix aus der Asche kehrt eine lange Zeit verschmähte Anlageklasse als valable Anlagealternative zurück», schreibt Raiffeisen Schweiz hinsichtlich des Obligationenmarktes. Die Zinswende habe dazu geführt, dass die Verfallrenditen deutlich gestiegen seien und gar sichere Staatsanleihen wieder eine nominell positive Rendite abwürfen; dies eröffne Chancen.

Laut Geissbühler «werden die Notenbanken zwar noch weiter an der Zinsschraube drehen, die langfristigen Zinsen dürften aber den grössten Teil des Zinsanstieges bereits hinter sich haben. Sollte das Rezessionsszenario Realität werden, sind Staatsanleihen auf den aktuellen Renditeniveaus kaufenswert».

Aus Diversifikationsgründen empfiehlt Raiffeisen Schweiz zudem weiterhin ein Übergewicht in Gold. (awp/mc/ps)

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