Renten künftiger Generationen sinken markant

Renten künftiger Generationen sinken markant
(Photo by Micheile Henderson on Unsplash)

Zürich – Die heute veröffentlichte Pensionskassenstudie 2019 der Credit Suisse analysiert die zentralen Herausforderungen in der zweiten Säule aus der Perspektive der Pensionskassen und Versicherten. Der Generationenvergleich der Credit Suisse Ökonomen zeigt, dass die Rentenbezüge aus der ersten und zweiten Säule im Verhältnis zum letzten Einkommen, von geschätzten 57 % im Jahr 2010 auf 46 % im Jahr 2025 sinken – bei hohen Einkommen sogar von 51 % auf 37 %. Ohne eine Erhöhung des Rentenalters bleibt eine langfristige Sicherstellung der beruflichen Vorsorge schwierig.

Zukünftige Rentner sind deshalb gut beraten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zusätzlich privat vorzusorgen. Gleichzeitig sehen sich Pensionskassen aufgrund des demografischen Wandels einer sinkenden Risikofähigkeit gegenüber. Mit der bevorstehenden Pensionierung der Babyboomer wird zudem die heutige Umverteilung noch akzentuiert.

Heutige Rentner profitierten von den hohen Renditen der vergangenen Jahrzehnte und von – aus aktueller versicherungstechnischer Sicht – zu hohen Umwandlungssätzen. Die derzeit tiefen Zinsen bremsen hingegen den Vermögensaufbau der Erwerbstätigen. Zudem werden deren Altersguthaben seit Jahren geringer verzinst als jene der Rentner, denn nur so können die überhöhten Rentenversprechen an die Rentner finanziert werden. Schliesslich sinken die Umwandlungssätze inzwischen auf breiter Front.

Rentensituation verschlechtert sich in Zukunft deutlich
Die Ökonomen der Credit Suisse zeigen unter Berücksichtigung von oft vernachlässigten Faktoren wie Lohn-, Zins- und Inflationsentwicklung, wie sich die Rentensituation im Vergleich über vier Generationen von Erwerbstätigen präsentiert: Ohne Gegenmassnahmen verschlechtert sich die Rentensituation in Zukunft deutlich. Die Ersatzquoten, d.h. die Rentenbezüge aus der ersten und zweiten Säule im Verhältnis zum letzten Einkommen, sinken für Personen im mittleren Einkommenssegment von geschätzt 57 % im Jahr 2010 auf rund 46 % im Jahr 2025. Im tieferen Einkommenssegment sinken die Ersatzquoten ohne Gegenmassnahmen um 5 bis 8 Prozentpunkte, weil hier die Renten aus der zweiten Säule im Vergleich zur AHV einen geringeren Anteil ausmachen und der Mindestumwandlungssatz stabilisierend wirkt. Bei den höheren Einkommen machen die Renten der beruflichen Vorsorge hingegen den Grossteil des Einkommens im Alter aus. Entsprechend markant gehen darum auch die Ersatzquoten von 51 % bei Pensionierung im Jahre 2010 auf 37 % im Jahr 2025 zurück. Für die im Jahr 2061 Pensionierten ergibt sich eine noch leicht geringere Ersatzquote.

Auch kaufkraftbereinigt dürften die Renten für künftige Generationen deutlich tiefer ausfallen: Unter Annahme einer auch in Zukunft sehr geringen Inflation von rund 0,5 % sinken sie bei den mittleren und höheren Einkommen gegenüber den 2010 pensionierten Versicherten um 15 % bis 29 %. Bei den Renten aus der beruflichen Vorsorge liegt es im Ermessen der Pensionskasse, abhängig von den finanziellen Möglichkeiten einen Teuerungsausgleich zu sprechen – Anpassungen an die Preisentwicklungen waren in Vergangenheit aber eher selten. Für heutige Rentner ist dies aktuell nicht so folgenreich, da die Inflation seit Jahren tief ist. Während heutige Rentner von einer abnehmenden Teuerung profitierten, droht künftigen Generationen bei einem ungünstigen Szenario nicht nur wie vorhin aufgezeigt eine im Generationenvergleich bereits tiefere Rente, sondern noch zusätzlich ein höherer Kaufkraftverlust.

Wachsende Vorsorgelücken: Was tun?
Zum Erhalt des Leistungsniveaus muss das System der Altersvorsorge dringend reformiert und dessen Nachhaltigkeit langfristig gesichert werden. Die aktuellen Reformvorschläge zur zweiten Säule zielen einerseits auf die überfällige Reduktion des Mindestumwandlungssatzes ab. Andererseits käme es zu einem leichten Anstieg der Altersbeiträge über eine Erhöhung der Beitragssätze beziehungsweise eine Reduktion des Koordinationsabzugs. Die Ökonomen der Credit Suisse zeigen in ihrer Analyse der einzelnen Kompensationsmassnahmen, dass zur langfristigen Sicherung der beruflichen Vorsorge auch beim Rentenalter angesetzt werden muss.

Dadurch würde auch die Umverteilung von Jung zu Alt reduziert und der Generationenvertrag gestärkt. Die so zentrale Stellschraube Rentenalter bleibt aber bislang auch in der zweiten Säule unangetastet, während zahlreiche europäische Länder, die mit ähnlichen demografischen Herausforderungen konfrontiert sind, das Rentenalter anheben oder eine automatische Anpassung an die Entwicklung der Lebenserwartung beschlossen haben.

Bereits heute stehen zukünftigen Rentnern verschiedene Massnahmen zur Verfügung, um ihren Ruhestand zu sichern. Je nach Arbeitgeber können freiwillig höhere Sparbeiträge geleistet und über das Rentenalter hinaus gearbeitet werden. Zudem wird die private Vorsorge zur Sicherstellung des gewohnten Lebensstandards im Alter weiter an Bedeutung gewinnen – nicht lediglich zur Abdeckung zusätzlicher individueller Bedürfnisse. Regelmässige maximale Einzahlungen in die Säule 3a haben auch im Vergleich zu vorher genannten Massnahmen einen grossen Effekt, zumal die zusätzlichen Sparanstrengungen bedeutend sind.

Je nach Risikoprofil können durch die Nutzung von Wertschriftenlösungen die Renditechancen in der Säule 3a und gegebenenfalls in 1e-Vorsorgeplänen gesteigert werden. Denn Renditedifferenzen beeinflussen den Vermögensaufbau entscheidend. Hier sind aber auch die Pensionskassen gefordert, mit der Festlegung ihrer Anlagestrategie die Renditemöglichkeiten an den Kapitalmärkten bestmöglich auszunutzen.

Pensionskassen: Tiefe Renditen, abnehmende Risikofähigkeit
Obwohl Pensionskassen aufgrund der demografischen Entwicklung schon seit längerem begonnen haben, ihre umhüllenden Umwandlungssätze zu senken, werden per Ende 2018 noch immer schätzungsweise 5 Mrd Franken von den aktiven Versicherten zu den Rentnern umverteilt. Findet zudem nicht bald auch eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes von derzeit 6,8 % statt, akzentuiert sich in den kommenden Jahren die Umverteilung von den Rentnern im Überobligatorium zu jenen in der obligatorischen beruflichen Vorsorge ebenfalls. Denn die Generation der Babyboomer lässt bis 2045 den Anteil der Personen im Rentenalter, im Verhältnis zur Bevölkerung älter als 24 Jahre, von rund 25 % auf 38 % steigen.

Auch von Seiten der Kapitalmärkte können Pensionskassen voraussichtlich keine Hilfe erwarten. Während vor der Jahrtausendwende die Vorsorgevermögen auf rund 46 % Renditebeiträge zählen konnten (bei 54 % Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge), waren es danach noch rund 26 % (bis Ende 2017). Inskünftig sind es aber vor allem die Nominalwerte, die Sorgen bereiten: Per Mitte August 2019 lag die Verfallsrendite der 10-jährigen CHF Staatsanleihe bei unter -1 % p.a. Aufgrund der laufend sinkenden Zinsen liegen die erzielten Obligationenrenditen bis heute zwar noch deutlich höher als die aktuellen Verfallsrenditen. Sinkende Nominalwert-Renditen sind damit aber nur aufgeschoben und kommen im Fall eines stabilisierenden Zinsumfeldes zu tragen.

Kürzerer Anlagehorizont
Seit längerem verändert sich deshalb die Asset Allocation vieler Vorsorgeeinrichtungen, weg von Obligationen, hin zu Aktien und Immobilienanlagen. Diese Entwicklung könnte zukünftig aber aufgrund einer sinkenden Risikofähigkeit gebremst werden. Denn infolge der Babyboomer wird sich der Anteil des Vorsorgekapitals der Rentner im Verhältnis zu jenem der aktiven Versicherten erhöhen: Heute macht er rund 45 % aus, im Jahr 2045 sind es gemäss den Projektionen der Pensionskassenspezialisten der Credit Suisse bereits 57 %. Da Vermögenswerte junger Versicherter langfristiger angelegt werden können als jene der älteren, senkt sich in der Tendenz der Anlagehorizont für Pensionskassen.

Eine «Alterung des Vorsorgekapitals» mindert zudem auch die Geldflüsse: Über die nächsten gut 25 Jahre erwarten die Ökonomen der Credit Suisse allein aufgrund der demografischen Veränderung, dass die Netto-Cashflows im Pensionskassenmarkt Schweiz um rund 20 Mia. CHF sinken und leicht negativ werden. Als Folge davon könnte sich für diverse Pensionskassen der Liquiditätsbedarf erhöhen, was sich ebenfalls negativ auf das Anlageverhalten auswirkt.

Aufgrund der demografischen Entwicklung sollten Pensionskassen deshalb bei der zukünftigen Suche nach Rendite vermehrt ihre Risikofähigkeit im Auge behalten. Die projizierten Entwicklungen zeigen aber auch, dass die demografischen Auswirkungen über den ganzen Markt der beruflichen Vorsorge gesehen nach wie vor zu bewältigen sein werden. Im Durchschnitt bleibt den meisten Pensionskassen auch zukünftig noch genügend Spielraum, um von den renditestarken Anlageklassen wie Aktien in ähnlichem Ausmass wie heute zu profitieren. (CS/mc)

Pensionskassenstudie der CS

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