REYL: Das Comeback der synthetischen Verbriefungen

REYL: Das Comeback der synthetischen Verbriefungen
Von Nicolas Roth, Head of Alternative Investments REYL & Cie AG. (Foto: REYL)

Genf – Verbriefung war am Ende der globalen Finanzkrise schon fast ein Schimpfwort. Nach dem Untergang von Bear Stearns, dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und der Kreditkrise entdeckte eine Reihe von Anlegern, dass es zu Beginn der Krise eine Buchstabensuppe von Kreditprodukten gab. ABCP, CPDO, CDO und CDO-Square, um nur einige zu nennen, die überall in den Nachrichten als die Hauptschuldigen für die schlimmste Finanzkrise nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen. Abgesehen von der Standardform der strukturierten Kredite, verschwanden die komplexesten Strukturen für eine Weile und die Anleger konzentrierten sich auf einfachere Strukturen und Strategien. 2016 war jedoch ein starkes Comeback von synthetischen Verbriefungsgeschäften in den Bilanzen der Banken zu beobachten. 2017 werden wir sehr wahrscheinlich mehr von dieser Art von Geschäften sehen. Bloomberg berichtete jüngst, dass Banco Santander und Lloyds Banking Group diese Geschäfte als Mittel zur Senkung ihres Kreditrisikos genutzt haben. Anfang 2016 meldete der niederländische Pensionsfonds PGGM ein Geschäft über 2,3 Mrd. EUR mit dem spanischen Kreditgeber Banco Santander. Was genau macht diese Geschäfte aus und stellen sie eine Bedrohung für das System dar?

Bilanz wird entlastet
An synthetischen Verbriefungen, die auch als eigenkapitalentlastende Anleihen oder Risikoteilungsgeschäfte bezeichnet werden, beteiligt sind eine Bank, ein Portfolio laufender Kredite und ein Anleger, der zum Verkauf einer Versicherung bereit ist. Die Bank kauft über den Einsatz von Kreditderivatetechniken Kreditschutz für ein Portfolio von Darlehen von einem Anleger, bei dem es sich gewöhnlich um eine versierte Pensionskasse, einen Spezialkreditanleger oder einen Hedgefonds handelt. Die Bank behält das Eigentum an dem Vermögenswert in ihrer Bilanz, aber das Kreditrisiko wird auf den Verkäufer der Versicherung übertragen. Gründe dafür, dass die Bank ein derartiges Geschäft abschliesst, sind die Eigenkapitalentlastung in ihrer Bilanz sowie die Absicherung des Kreditrisikos. Da das Kreditrisiko auf einen anderen Rechtsträger übertragen ist, sind die Eigenkapitalanforderungen für die in der Bilanz verbleibenden Darlehen vermindert, was sich folglich positiv auf die Kennzahl der risikogewichteten Aktiva der Bank auswirkt.

Der Begriff der synthetischen Verbriefung muss als Gegensatz zu einem echten Verkaufsgeschäft verstanden werden. Bei einem echten Verkaufsgeschäft (True-Sale-Verbriefung) einigen sich die Bank und der Käufer auf ein Portfolio aus Darlehen, das tatsächlich im Austausch gegen finanzielle Mittel auf den Käufer übertragen wird. Der Grund für ein echtes Verkaufsgeschäft ist die Finanzierung. Im Falle einer synthetischen Transaktion bildet das Kreditrisikomanagement den Grund für das Geschäft. Die Bank erhält keine Zahlung, wenn das Geschäft abgeschlossen wird, sondern nur, wenn ein Kreditereignis eintritt, d. h. bei einem Verlust im Kreditportfolio. Typische Transaktionen, gleichgültig ob True-Sale-Verbriefungen oder synthetische Verbriefungen, sind mit Unternehmens-Exposure, Handelsfinanzierungen und der Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen verbunden. Hypothekenkredite sind gewöhnlich nicht Bestandteil dieser Geschäfte.

Eigenkapitalunterlegung von Darlehen teuer
Die Wiederkehr solcher Geschäfte ist ein klares Beispiel für die Dynamik von Angebot und Nachfrage. Auf der einen Seite werden die Banken von den Aufsichtsstellen gedrängt, ihre Bilanz im Zusammenhang mit Basel III zu restrukturieren und ihre Tier-1-Kapital-Quote zu erhöhen. Auch wenn Basel IV vorerst verschoben zu sein scheint, bleibt die Eigenkapitalunterlegung von Darlehen teuer und die Banken erhalten einen Anreiz, Wege zu finden, um diese Belastung zu vermindern. Ausserdem ist eine Reihe von Banken weiterhin mit Risiken ausserhalb des Kerngeschäfts oder mit notleidenden Krediten belastet. Der Verkauf dieser Risiken auf dem Sekundärmarkt ist möglich, aber diese Geschäfte sind langwierig und eher kompliziert. Ausserdem werden Anleger in europäischen notleidenden Krediten wählerischer. Auf der Nachfrageseite jagen versierte Anleger wie Kredit-Hedgefonds weiterhin den Renditen hinterher und eine Reihe von Fonds hat Zugriff auf langfristiges Kapital, das ihnen die Beteiligung an diesen Geschäften ermöglicht. Im letzten Jahr wurden einige Fonds zum alleinigen Zweck aufgelegt, in diese Geschäfte zu investieren, während andere Verwalter einen Teil ihres Spezialkreditportfolios für synthetische Verbriefungen verwenden.

Die Anleger sollten jedoch bedenken, dass die synthetische Verbriefung kein Mittel ist, um das Risiko im System zu vermindern. Sie stellt lediglich eine Übertragung des Risikos von einer Bank auf eine Nichtbank dar. Da die Geschäfte nicht öffentlich sind, kann es für die Aufsichtsbehörde schwierig nachzuverfolgen sein, welcher Rechtsträger welchem speziellen Kreditrisiko ausgesetzt ist, was zur Einbeziehung der Aufsichtsbehörde geführt hat.

Die Europäische Kommission hat bereits eine feste Überzeugung zur True-Sale-Verbriefung gewonnen. Sie erkannte an, dass die Verbriefung, wenn sie in hoher Qualität und strukturiert in einem allgemein akzeptierten Rahmen erfolgt, einen Wertbeitrag für die Realwirtschaft leisten kann. Sie hat daher Kriterien herausgegeben, um Verbriefungen einfach, transparent und standardisiert zu machen (STS-Kriterien). Die Einfachheitsregel bedeutet, dass die übertragenen Vermögenswerte nicht belastet sind, keine Verluste eingetreten sind und die Darlehen im gewöhnlichen Geschäftsgang aufgenommen wurden. Die Transparenzregel nimmt an, dass die Bank, von der das Geschäft ausgeht, in der Lage sein muss, Anlegern historische Daten zu Verlusten zur Verfügung zu stellen. Und die Standardisierungsregel besagt, dass die Zins- und Währungsrisiken gemindert werden müssen sowie die Methode zur Risikominderung anzugeben ist und eine Reihe weiterer Bedingungen aufstellt. Wird eine True-Sales-Verbriefung als STS-konform betrachtet, so wird der Bank eine bevorzugte aufsichtsrechtliche Behandlung eingeräumt.

Harmonisierte Standards
Obwohl die Europäische Kommission die STS-Kriterien für synthetische Verbriefungen noch nicht vollumfänglich bestätigt hat, empfahl die Europäische Bankenaufsichtsbehörde in einem jüngsten Bericht, dass synthetische Verbriefungen vorbehaltlich einer spezifischen Liste von Einschränkungen von einer gleichwertigen Behandlung profitieren sollten wie sie die True-Sale-Verbriefungen erhalten. Die Diskussion ist noch im Gang, aber die meisten Beteiligten sind optimistisch, dass diese risikoverteilende Technik die offizielle Anerkennung erhalten wird.

Die Verabschiedung eines harmonisierten Standards für synthetische Geschäfte kann nur als positiv für die europäischen Banken und die Anleger betrachtet werden. Aus der Perspektive der Banken würde ihnen die Arbeit unter einem gemeinsamen Regelungsrahmen eine effizientere Geschäftsausführung gestatten, während die Anleger bei der Durchführung der Due-Diligence-Prüfungen in einer besseren Position wären, da sich die Einzelheiten der Strukturierung höchstwahrscheinlich angleichen werden. Schliesslich gibt es heute einen aufkommenden Sekundärmarkt, der von der Harmonisierung der Geschäfte profitieren kann.

Wenn sie angemessen strukturiert und in einem allgemein akzeptierten Regelungsrahmen korrekt überwacht werden, sind synthetische Verbriefungen oder Risikoteilungsgeschäfte ein positives Instrument für den Bankensektor. Sie gestatten den Banken, sich auf ihr Kernkreditgeschäft zu konzentrieren, während sie unerwünschte Kreditrisiken auf institutionelle Anleger übertragen. Ähnlich wie der Verkauf von Risiken ausserhalb des Kerngeschäfts ist die Risikoteilung ein Weg für die Banken, um ihre Bilanz zu stärken und das Kapital wieder in den Kerngeschäftsbereichen einzusetzen und damit die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, einen Wertbeitrag zur Realwirtschaft zu leisten und das europäische Wachstum potenziell zu steigern. (REYL/mc/ps)

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