Robeco: Die Zeit ist reif für einen Wiedereinstieg in die Schwellenländer

Robeco: Die Zeit ist reif für einen Wiedereinstieg in die Schwellenländer
Arnout van Rijn, Portfoliomanager Robeco. (Foto: zvg)

Die Emerging Markets bieten derzeit mehr Aufwärtspotential als die entwickelten Länder, die mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben, sagt Robeco-Portfoliomanager Arnout van Rijn.

Die Multi-Asset-Portfolios von Robeco sind jetzt in Aktien aus Schwellenländern übergewichtet, da die Anlageklasse nach vielen Jahren der Underperformance wieder auf die Überholspur gerückt ist. Dieser Ansicht vertritt Arnout van Rijn, Portfoliomanager bei Robeco Sustainable Multi-Asset Solutions. Für Unterstützung sorgt unter anderem, dass die Notenbanken in den Schwellenländern nicht in dem Ausmass expansive Geldpolitik betrieben haben wie diejenigen im Westen.

Unterdessen droht in vielen entwickelten Volkswirtschaften eine Rezession, da die Notenbanken sich dort um eine Zügelung der Inflation bemühen, wozu sie vor allem höhere Leitzinsen einsetzen, sagt er. Daraus ergibt sich eine beträchtliche Renditedifferenz, die bereits im Ausblick des Teams „Expected Returns 2023-2027“ betont wurde.

„Die Schwellenländer wurden immer mit dem Versprechen höherer Risiken und höherer Renditen verkauft, die durch ein höheres Wirtschaftswachstum erzielt werden“, sagt er. „Betrachtet man die Ertragsentwicklung seit 1992, als diese Anlageklasse aufkam, haben sich die Erwartungen jedoch nicht erfüllt. Stattdessen gab es zwei ausgeprägte und langanhaltende Aufwärtsbewegungen sowie zwei Phasen der Underperformance, insbesondere in den letzten zehn Jahren.“

„In jüngster Zeit sind wir wieder optimistischer für die Schwellenländer geworden und haben diese in unseren Portfolios übergewichtet. Dies ging zulasten unserer Anlagen in entwickelten Ländern, während wir in globalen Aktien insgesamt neutral gewichtet blieben. Unseres Erachtens befinden wir uns am Beginn einer neuen relativen Aufwärtsbewegung, die mehrere Jahre anhalten könnte.“

„In unserem 5-Jahres-Ausblick „Expected Returns“ von September 2022 haben wir für die entwickelten Länder einen annualisierten Ertrag von 4,0 % und für die Schwellenländer von 5,25 % prognostiziert. Heute betrachten wir das Timing dieser Erwartung als taktisch gesehen recht gut. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Kauf!“

Abkopplung von den USA
Ein Aspekt, den man im Blick behalten sollte, ist der, ob sich die Schwellenländer von der Dominanz der US-Märkte abkoppeln können, sagt van Rijn. Wenn das gelingt, könnten sie eher China als Amerika folgen, obwohl der zunehmende Einfluss und die Reichweite Chinas bedeuten, dass der Vorteil einer Diversifikation auf Ebene einzelner Länder begrenzt ist.

„An den Finanzmärkten der entwickelten Welt dominieren nach wie vor die Vereinigten Staaten. Dagegen besitzt in den Schwellenländern China mit Abstand das grösste Gewicht im Index“, sagt er. „Gleichwohl wurden bisher beide Marktsegmente von den Entwicklungen in den USA dominiert. Sie bewegen sich parallel zueinander auf und ab. Doch letztlich haben die US-Börsen in den letzten zehn Jahren wesentlich bessere Erträge abgeworfen.“

„Wir sind der Ansicht, dass die Schwellenländer eine gute Chance zur Abkopplung haben. Dazu tragen die asynchrone Erholung in China und die positiven Auswirkungen auf das übrige Asien bei. Auf der Sektorebene stellen sich die Perspektiven der Schwellenländer ebenfalls anders dar. So spielen Finanzwerte und Halbleiterhersteller dort eine grössere Rolle. Wir haben uns bereits früher optimistisch zu den Aussichten der Chipbranche geäussert.“

Orthodoxe Haltung der Notenbanken
Ein weiterer Pluspunkt für die Schwellenländer ist laut Van Rijn die Uneinigkeit der Zentralbanken über die umfangreichen Programme zur quantitativen Lockerung. «In einer Welt, in der nicht-konventionelle Geldpolitik alltäglich geworden ist, zeichnen sich die Zentralbanken der Schwellenländer im Allgemeinen durch ihre orthodoxe Haltung aus», sagt er.

„Selbst in den schwierigen Zeiten der Corona-Krise im Jahr 2020 wiesen nur wenige Schwellenländer ein Wachstum ihrer Geldmenge M2 von mehr als 10 % auf. Das ist im Vergleich zur Geldflut in den USA (M2-Wachstum von mehr als 25 %), der EU (über 12 %) und Japan (10 %) sehr moderat.“

„Das bedeutet, dass die Hauptursache der Inflation in den Industrieländern – das Drucken von Geld – in den Schwellenländern nicht existiert.“

Auswirkungen der Dollar-Stärke
„Angesichts der Aufwertung des Dollars in den letzten Jahren war die Geldpolitik in vielen Schwellenländern recht straff. Im Jahr 2023 sind Leitzinssenkungen ziemlich wahrscheinlich. Gleichzeitig glauben wir kaum an das Szenario einer Wende bei der Geldpolitik der US-Notenbank, auf welches sich der jüngste Kursaufschwung in den USA stützt.“

„Die Inflationszaheln in den wichtigsten Schwellenländern sind wesentlich günstiger, während die Zinssätze höher sind. Die höheren realen Zinssätze und die Aussichten auf einen Inflationshöhepunkt bieten sicherlich bessere Chancen für eine Lockerung, als wir sie für die USA und Europa sehen, wo die Märkte nur darauf hoffen, dass die Fed wider besseres Wissen umschwenkt.“

Anleihen aus Schwellenländern sind nach Ansicht von van Rijn ebenfalls relativ attraktiv. Allerdings weist er auf das zusätzliche Risiko hin, das mit einigen dieser Wertpapiere verbunden ist. „Asiatische Anleihen weisen nach wie vor weite Spreads auf. Allerdings sollte man sich nicht von riskanten Immobilienanleihen aus China in die Irre führen lassen“, sagt er. „Insgesamt haben wir es mit Spread-Niveaus von 200-250 Basispunkten zu tun. Das mag nicht nach viel klingen, doch im Unterschied zu den USA oder Europa rechnen wir hier mit keiner Rezessionsgefahr.“

Governance- und Währungsaspekte
Dennoch gibt es Bereiche, die man im Blick behalten sollte. Die Corporate Governance war in vielen asiatischen Ländern schlecht. Das gilt insbesondere für den Umgang mit externer Investoren und die Kapitalverwendung. „Unseres Erachtens hat sich die Situation im Hinblick auf Governance- und Währungsaspekte mittlerweile verbessert“, sagt er.

„Südkorea macht tatsächlich grosse Fortschritte bei der stärkeren Ausrichtung auf den Shareholder Value. In China hat die unternehmensfeindliche Stimmung (Stichwort: Gemeinsamer Wohlstand) ihren Tiefpunkt mittlerweile hinter sich. Unsere Dialogbemühungen in vielen Schwellenländern tragen inzwischen Früchte, da die Unternehmen von uns erfahren wollen, wie sie Best-Practice-Niveau erreichen. Ausserdem kommen viele Unternehmen bei den Investitionen in die Energiewende deutlich voran.“

„Zentrale Bedeutung hat nach wie vor das Bewertungsargument: Aktien aus Schwellenländern werden nicht nur auf relativen Bewertungsniveaus gehandelt, die in der Nähe ihre Tiefstände liegen, auch ihre Aussichten auf Wertzuwachs sind grösser als in den entwickelten Ländern. Es gibt also zahlreiche Gründe, von nun an wieder zuversichtlicher für Aktien aus den Schwellenländern zu sein.“ (Robeco/mc/pg)

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