Schuldenkrise bereitet Banken immer mehr Probleme

Schuldenkrise bereitet Banken immer mehr Probleme

New York – Die Schuldenkrise auf beiden Seiten des Atlantiks belastet zunehmend die Banken. Während die grossen Finanzhäuser in den USA nach Einschätzung der Ratingagentur Moody’s um ihr Sicherheitsnetz bangen müssen, kämpfen Institute im schuldengeplagten Italien mit der Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit. In Griechenland gehen die Bürger derweil aus Protest gegen die harten Sparmassnahmen und geplante Entlassungen auf die Strasse. Die Märkte sind wieder im Sinkflug.

Mit Blick auf die grossen US-Banken zweifelt Moody’s daran, dass die Regierung in Washington bei einer neuerlichen Schieflage wie zu Zeiten der Finanzkrise 2008 rettend eingreifen würde. Das hiesse: Sollte eine Bank in existenzielle Not geraten, würde sie schlimmstenfalls untergehen. Ohnehin wird allgemein befürchtet, dass in Amerika und in Europa angesichts von Schuldenkrise und milliardenschwerer Rettungspakete Mittel fehlen, um im grossen Stil Banken zu unterstützen. «Moody’s geht zwar davon aus, dass die Regierung weiterhin den systemisch wichtigen Finanzfirmen ein bestimmtes Niveau an Unterstützung zukommen lässt», erklärte die Ratingagentur am Mittwoch in New York. «Doch es ist jetzt gleichzeitig wahrscheinlicher als während der Finanzkrise, dass sie erlauben würde, dass eine grosse Bank scheitert.»

Lehman Brothers vermeiden
Die Ratingagentur begründete ihre Einschätzung damit, dass die Auswirkungen einer Pleite für das Finanzsystem heute geringer ausfielen. Die US-Regierung hatte nach den Erfahrungen der Finanzkrise neue Gesetze auf den Weg gebracht, die ein ähnliches Desaster wie beim Bankrott der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 verhindern sollen. Allerdings zweifeln Kritiker an der Wirksamkeit der Regelungen. Die Einschätzung von Moody’s sorgte für Unwohlsein an der Börse und beschleunigte die massiven Kursverluste bei den US-Grossbanken. Besonders schlimm traf es das grösste Sorgenkind der Branche, die Bank of America. Ihre Papiere brachen bis zum Börsenschluss um fast 8 Prozent ein. Denn mit der Warnung ging eine Abstufung der Kreditwürdigkeit des Hauses einher. Das heisst, dass es für den verlustreichen Riesen schwieriger wird, an frisches Kapital zu gelangen.

Auch in den USA wachsen Sorgen um die Banken
Auch auf der anderen Seite des Atlantiks wachsen die Sorgen der Banken: Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hatte am Mittwochabend die Kreditwürdigkeit von sieben Instituten abgestuft und damit gedroht, dass dies auch bei acht weiteren Häusern – darunter die UniCredit und einige Tochterfirmen – geschehen könnte. S&P erklärte allerdings auch, dass das sogenannte Rating einer Bank üblicherweise nicht das Rating des Landes übersteigen könne. Der italienische Bankenverband sieht in der Herabstufung keinen Grund zu übertriebener Sorge. S&P hatte Anfang der Woche die Bonität des italienischen Staates, der nach Griechenland – gemessen an der Wirtschaftsleistung – den zweithöchsten Schuldenstand in der Eurozone hat, herabgestuft und den Ausblick auf «negativ» gesetzt. Italien hat zuletzt zwei Sparpakete im Volumen von zusammen mehr als 100 Milliarden Euro verabschiedet.

IWF sieht Risiken von 300 Milliarden Euro
Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) schlummern wegen des Euro-Debakels bei EU-Banken Risiken von rund 300 Milliarden Euro. Berechnungsgrundlage sind Anleihen von Krisenländern sowie Risiken aus dem zunehmend angespannten Geschäft der Banken untereinander. Zugleich habe das Drama das Finanzsystem «zurück in die Gefahrenzone befördert», hatte der Chef der IWF-Kapitalmarktabteilung, José Viñals, am Mittwoch gewarnt: «Wir stecken in einer Vertrauenskrise, die von drei Faktoren bestimmt wird: Schwaches Wachstum, schwache Bilanzen und einer schwachen Politik.» Abermals habe man mit «einer grossen Bedrohung der Weltwirtschaft» zu tun.

Warnung vor Ansturm auf Banken in Südeuropa
US-Ökonom Kenneth Rogoff warnte unterdessen vor einem Ansturm auf die Banken der Euro-Krisenländer Südeuropas. Es sei aktuell die grösste Gefahr für den Euro, dass Sparer in Italien, Spanien und anderen Peripherieländern ihre Konten leerten und das Geld in sichere Länder wie Deutschland transferierten, sagte der Harvard-Professor in einem Interview mit dem «Handelsblatt» (Donnerstag).

Athen: Busfahrer legen Verkehr lahm
Aus Protest gegen die verschärften Sparmassnahmen des Euro-Sorgenkindes Griechenland legten in der Hauptstadt Athen streikende Bus- und Bahnfahrer den öffentlichen Verkehr lahm. Die Regierung hatte neue Sparmassnahmen in Höhe von sechs Milliarden Euro beschlossen und gleichzeitig angekündigt, tausende Staatsbedienstete entlassen zu wollen. Dies betrifft den Angaben zufolge 30’000 Menschen. Dem Ausstand schlossen sich auch die griechischen Eisenbahner und Lehrer an. Auch die Fluglotsen wollten zusammen mit anderen Staatsbediensteten die Arbeit niederlegen.

Märkte anhaltend unter Druck
An den Märkten ging es kräftig abwärts: Angesichts tiefroter Vorgaben aus Übersee sackte der deutsche Leitindex Dax bis Handelsschluss um 4,96 Prozent auf 5.164,21 Punkte ab. Am Vortag hatte er bereits um fast 2,5 Prozent nachgegeben. Auch der Schweizer Leitindex SMI schloss in Zürich um 3,41% tiefer auf 5’288,48 Punkten. Wegen «signifikanter Abwärtsrisiken» für die US-Konjunktur hatte die US-Notenbank Fed am Vorabend wie erwartet die Umschichtung von Anleihekäufen angekündigt, zahlreiche Experten bezweifeln aber die Wirkung der Massnahme. Der Euro fiel wegen der pessimistischen Konjunkturerwartung erstmals seit Februar 2011 unter die Marke von 1,35 Dollar. (awp/mc/ps)

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