SGKB Investment views: Portugal ist nicht Griechenland

SGKB Investment views: Portugal ist nicht Griechenland

Von Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Es war ein Regierungssturz mit Ansage. Die linken Parteien haben die konservative Minderheitsregierung in Lissabon vier Wochen nach den Wahlen gestürzt und werden wahrscheinlich eine neue Regierung bilden. Sie wollen das Sparprogramm ihrer Vorgänger in wesentlichen Teilen rückgängig machen. So sollen der Mindestlohn und die Minimalrente deutlich erhöht werden. Sofort machten Ängste die Runde, der Eurozone stehe nach dem Ringen mit Griechenland um Kredite und Reformen ein neuer Showdown mit einer linken Regierung bevor.

Wie zu erwarten war, haben die Finanzmärkte sofort reagiert, was von den Euroskeptikern als Beweis für bevorstehende Unruhen ausgelegt wurde. Bei einem näheren Hinsehen entpuppt sich dies aber als ein Sturm im Wasserglas. Die Rendite der 10-jährien Anleihe Portugals ist von 2.30% auf 2.80% gestiegen.

Weiterer Downgrade vom Tisch
Dies hat aber mehr damit zu tun, dass die Anleger befürchtet hatten, dass durch die politische Unsicherheit mit DBRS auch die vierte und letzte grosse Rating-Agentur dem Land den Status als «Investment Grade» entziehen würde. Dies hätte zur Folge, dass die EZB im Rahmen ihres QE-Programms keine portugiesischen Anleihen mehr kaufen könnte. Am Freitag wurde das bisherige Rating Portugals durch DBRS bestätigt mit dem Outlook «stable», womit diese Befürchtung vorerst vom Tisch ist. Zudem ist die Rendite für portugiesische Anleihen mit 2.80% immer noch sehr tief, verglichen mit den 7%, die noch vor zwei Jahren verlangt wurden.

Der Aktienmarkt in Lissabon hat auf die Unsicherheit und letztendlich Führungslosigkeit im Land auch mit Verlusten reagiert. Dies ist natürlich und geschieht auch an anderen Aktienmärkten. Die Börse in Portugal verlor in der letzten Woche 7% an Wert, wobei neben dem Regierungssturz auch die generell schwächere Börsenstimmung das Ihrige dazu beitrug. Die portugiesische Börse weist in diesem Jahr trotzdem noch ein Plus von 13% auf und gehört damit zu den erfolgreichsten Börsenplätzen.

Reformpolitik zeigte Wirkung
Der Euro hat überhaupt nicht reagiert. Zwar hat er am Dienstag gegenüber dem Dollar 0.5% verloren. Das hat aber mehr mit den unterschiedlichen Aussichten für die geldpolitischen Entscheide der EZB und der Fed im Dezember zu tun. Während Mario Draghi nicht müde wird, neue Massnahmen zur Ausweitung der Geldpolitik anzukünden, steigt in den Augen der Marktteilnehmer die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung durch die Fed.

Der Führer des Linksbündnisses, Antonio Costa, will die Vereinbarungen mit der EU betreffend Reformen und Budgetpläne einhalten. Wie er das angesichts der geplanten Mehrausgaben machen will, ist jedoch nicht ersichtlich. Auch die Drohung mit einem Austritt aus dem Euro steht nicht zur Debatte. Die Erfahrungen der Syriza in Griechenland mit einem offenen Konfrontationskurs gegenüber den europäischen Geldgebern zeigen offensichtlich ihre Wirkung. Ein solcher Kurs würde auch die sich einstellenden Erfolge der Reformpolitik zunichte machen. Die Wirtschaft Portugals wächst im Jahresvergleich wieder mit 1.4%, nachdem sie 2011 und 2012 noch je um rund 4% eingebrochen ist. Die Arbeitslosenrate hat sich in den letzten zwei Jahren von 17% auf 12% reduziert. Sie ist immer noch hoch, die Tendenz zeigt jedoch klar nach unten.

Politische Stabilität hat Priorität
Die Politik der neuen Linksregierung wird ein Tanz auf dem ungesicherten Seil sein. Einerseits darf sie die Erwartungen ihrer Wähler nicht zu stark enttäuschen, auf der anderen Seite drückt das enge Korsett der Vereinbarung mit der EU. Hinzu kommt, dass die Loyalität der Bündnispartner unter sich ebenfalls brüchig ist. Die Wahrscheinlichkeit ist daher gross, dass es in Portugal im nächsten Jahr zu Neuwahlen kommt. Es ist zu hoffen, dass diese dann stabile Mehrheitsverhältnisse bringen werden. Denn das letzte, was Portugal in der wirtschaftlich immer noch schwierigen Lage brauchen kann, ist eine nicht handlungsfähige Regierung und damit ein politischer Stillstand. (SGKB/mc/ps)

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