SZKB Schwerpunkt: Ölaktien – Geduld bringt Rosen

SZKB Schwerpunkt: Ölaktien – Geduld bringt Rosen
Von SZKB-CIO Thomas Heller. (Foto: SZKB)

Von Thomas Heller, Chief Investment Officer Schwyzer Kantonalbank (SZKB). (Foto: SZKB)

Schwyz – Der Ölpreis dürfte sich bis auf weiteres in einer Bandbreite zwischen USD 30 und 50 bewegen. In ungefähr vier Jahren ist ein Anstieg bis ca. USD 70 realistisch. Für geduldige Investoren sind Ölaktien deshalb attraktiv.

Reduktion der Fördermenge unwahrscheinlich
Am 16. Februar hat sich Russland mit Saudi-Arabien und anderen OPEC-Ländern darauf geeinigt, bis auf weiteres die Produktionsmengen vom Januar beizubehalten – aber nur, falls auch andere grosse Produzenten, v.a. Irak und Iran, mitmachen. Die Chance, dass Iran die Produktion freiwillig beschränkt, ist aber klein: Nach Aufhebung der Sanktionen will das Land seine gebeutelte Wirtschaft mit Ölexporten ankurbeln. Zudem wurden solche Vereinbarungen in der Vergangenheit immer wieder unterlaufen. Denn jeder Produzent hat einen Anreiz, mehr zu produzieren als vereinbart, um seinen Gewinn auf Kosten der an-deren zu maximieren. Insgesamt spricht dies dafür, dass weiterhin aus vollen Rohren gefördert wird und der Angebotsüberschuss bestehen bleibt.

Ölpreis bis auf weiteres USD 30 bis 50
Am wenigsten schmerzhaft ist dies kurzfristig für Saudi-Arabien, weil das Öl dort zu sehr tiefen Kosten aus dem Boden gepumpt werden kann (geschätzte USD 20 pro Fass; vgl. Abb. rechts). Zum Vergleich: Die Förderung aus dem Boden unter der Nordsee kostet ca. USD 40 bis 45.

Die tiefen Preise sind denn auch gewollter Teil der Strategie Saudi-Arabiens: Es will mit grossen Produktionsmengen den Preis tief halten. So soll verhindert werden, dass Produzenten mit höheren Kosten profitabel sind und Marktanteile gewinnen. Denn falls der Preis über ca. USD 40 ansteigt, könnten die US-Schieferöl-Produzenten ihre Fördermenge mit recht geringem Investitionsaufwand deutlich ausweiten und wären profitabel. Diese potentielle Angebotsausweitung wirkt einem Preisanstieg über USD 50 entgegen.

Gegen unten dürfte der Preis bei ca. USD 30 abgestützt sein, weil es sich darunter für viele Produzenten nicht mehr lohnt, das Öl aus dem Boden zu pumpen. Sie würden Verluste einfahren und längerfristig ihre Produktion zurück-fahren. Auf Sicht von drei bis vier Jahren rechnen wir des-halb mit einem Preis in der Bandbreite zwischen USD 30 und 50.

Längerfristige Preiserwartung USD 50 bis 70
Wird der Blick weiter in die Zukunft gerichtet, gewinnen zwei zusätzliche Faktoren zunehmend an Bedeutung: Erstens wird sich in etwa vier bis fünf Jahren bemerkbar machen, dass derzeit viele Investitionsprojekte gestrichen werden. Die erschlossenen Felder werden allmählich er-schöpft sein. Und das vergleichsweise rasch verfügbare Angebot der US-Schieferöl-Produzenten wird den Rückgang nur teilweise wettmachen können. Das Angebot wird also knapper.

Zweitens fährt Saudi-Arabien beim aktuellen Ölpreis hohe Staatsdefizite ein (Schätzungen für 2015: 19%). Die saudische Staatskasse ist stark auf Öleinnahmen angewiesen. Zwar können die Defizite einige Zeit durchgezogen wer-den, weist doch das Land eine Staatsverschuldung von lediglich 7% des BIP auf. Und dank Sparmassnahmen soll der Fehlbetrag in den nächsten Jahren reduziert werden. Die Tatsache, dass die Ratingagentur Standard & Poor’s die Schuldnerbonität von Saudi-Arabien am 17. Februar gleich um zwei Stufen gesenkt hat, illustriert aber gut, dass beim derzeitigen Preis auch der reiche Wüstenstaat Probleme bekommt. Deshalb dürfte bei den Saudis die Versuchung grösser werden, die Produktionsmenge zu reduzieren, um einen höheren Preis zu erzielen und so die Löcher im Staatshaushalt zu stopfen.

Wegen der reduzierten Investitionen in die Ölförderung und des Geldbedarfs des saudischen Staates ist die Wahrscheinlichkeit also recht gross, dass der Preis in etwa vier Jahren über die bisherige Obergrenze von USD 50 an-steigt. Aufgrund der Struktur der Produktionskosten ist ab 2020 ein Preis zwischen USD 50 und 70 realistisch.

Langfristige Markterwartungen recht tief
Am Terminmarkt für Öl wird ein deutlich geringerer Anstieg eingepreist: Der durchschnittliche Preis beträgt für 2020 USD 50 und für 2021 USD 51 (vgl. Abb). So, wie vor einigen Jahren ewig hohe Ölpreise erwartet wurden, geht der Konsens derzeit von einem dauerhaft tiefen Preis aus – trotz absehbarer Angebotsreduktion wegen erschöpfter Felder, trotz reduzierter Investitionen, trotz des Finanzbedarfs entscheidender Produzentenländer und trotz steigender Nachfrage dank der wachsenden Weltwirtschaft.

Ölaktien für geduldige Investoren attraktiv
Für die Ölaktien bedeutet dies, dass die längerfristigen Gewinnerwartungen wohl zu tief sind. In drei bis vier Jahren dürften die Titel deshalb Rückenwind erhalten von Aufwärtsrevisionen der Gewinnerwartungen.

Zuvor ist Geduld gefragt. Das Verlustrisiko sollte aber beschränkt sein. Denn mit USD 34 pro Fass Brent notiert der Ölpreis derzeit am unteren Rand der erwarteten Bandbreite. Ein grösserer, länger andauernder Preisrückgang erscheint wenig wahrscheinlich. Zudem ist das Sentiment gegenüber Ölaktien schon längere Zeit einseitig negativ. Der potentielle weitere Verkaufsdruck erscheint deshalb beschränkt.

Das Warten auf einen höheren Ölpreis wird versüsst durch hohe Dividendenrenditen. Für den Stoxx Europe 600 Oil & Gas Index werden auf Sicht von 12 Monaten 6.3% erwartet. Zwar würde es nicht erstaunen, wenn die Dividenden etwas gesenkt werden müssten. Derzeit können die Ausschüttungen nämlich nicht aus dem erwirtschafteten freien Cash Flow gezahlt werden. Schätzungen zufolge wäre eine Dividendenrendite von ca. 4.6% nachhaltig. Das liegt immer noch über der Dividendenrendite des Gesamtmarkts von ca. 4% und spricht für die Öltitel. (SZKB/mc/ps)

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