Thomas Piske, CEO Private Banking LGT Group

Thomas Piske, CEO Private Banking LGT Group
Thomas Piske, CEO Private Banking LGT Group (Foto: LGT)

Thomas Piske, CEO Private Banking LGT Group. (Foto: LGT)

von Radovan Milanovic

Moneycab: Liechtenstein, der Vorreiter der Weissgeldstrategie – hat im Gegensatz zur Schweiz – Ruhe von europäischen Begehrlichkeiten seitens der EU. Was hat die liechtensteinische Regierung sowie die FMA besser gemacht, als die Schweiz?

Thomas Piske: Wir sehen keine grossen Unterschiede zwischen der Schweiz und Liechtenstein. Die Problemstellungen sind für beide Ländern ähnlich. Für beide Staaten ist es wichtig, dass zügig Lösungen auf zwischenstaatlicher Ebene gefunden werden. Liechtenstein hat meiner Meinung nach auf die regulatorischen Veränderungen der letzten Jahre konsequent reagiert, beispielsweise mit dem Abschluss von Abkommen über den Informationsaustausch in Steuerfragen. Die verschiedenen Finanzplatzteilnehmer unterstützen den Kurs der Regierung und die Bestrebungen, die internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen auszubauen.

Welches sind die bisherigen Reaktionen Ihrer Kunden auf das veränderte Image und Branding des Bankenplatzes Liechtenstein?

Heute wünschen sich die Kunden für ihr Vermögen und ihre Anlagen vor allem langfristige Sicherheit und Stabilität. Diese Bedürfnisse kann der Finanzplatz Liechtenstein optimal erfüllen. Das Land ist politisch und wirtschaftlich stabil und hat keine Schulden. Bankenrettungen waren hier nie notwendig. Nicht zuletzt ist die Kompetenz und das Know-how in der Vermögensverwaltung in Liechtenstein traditionell auf einem hohen Niveau. Unsere Kunden schätzen diese Standortvorteile sehr.

„Die Stabilität eines Instituts misst sich nicht einfach an der Kernkapitalquote. Wichtig ist meines Erachtens das Risikomanagement einer Bank“ 
Thomas Piske, CEO Private Banking LGT Group

Zuletzt kritisierte die Schweizerische Nationalbank SNB sowohl die CS, als auch die UBS wegen der Unterkapitalisierung im Hinblick auf die Basel-III-Richtlinen. LGT weist per 31.12.2011 eine Kernkapitalquote von 17,5 Prozent auf. Erachten Sie diese Quote unter Berücksichtigung grosser Unsicherheiten an den Finanz- und Kapitalmärkten als genügend?

Ja, auf jeden Fall. Allerdings muss man berücksichtigen, dass diese Kennzahlen nur ein  eingeschränktes Bild wiedergeben. Die Stabilität eines Instituts misst sich nicht einfach an der Kernkapitalquote. Wichtig ist meines Erachtens das Risikomanagement einer Bank: Wie ist die Bilanz des Unternehmens strukturiert? Welche Geschäfte werden im Eigenhandel getätigt? Wie werden die Risiken überwacht? Das sind die Fragen, die ausschlaggebend dafür sind, ob ein Institut solide ist oder nicht.

Trotz des ungünstigen Umfeldes verbuchte Ihre Bank 2011 einen Netto-Neugeldzufluss von CHF 8,6 Mrd. oder 10 Prozent. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?

Dieses starke Resultat lässt sich vor allem auf die Sicherheit und Stabilität zurückführen – sowohl unseres Instituts als auch – wie bereits erwähnt – des Finanzplatzes. Als Bank des Fürstenhauses von Liechtenstein haben wir eine stabile Eigentümerstruktur, die es uns erlaubt, unsere Unternehmensstrategie langfristig auszurichten. Wir verfügen über eine gesunde Bilanz, eine hohe Liquidität und eine solide Kapitalisierung. Das schafft Vertrauen bei den Kunden. Auch unsere ausgezeichneten Produkte und der hervorragende Kundenservice unserer Mitarbeitenden spielen sicherlich eine grosse Rolle.

Verschiedene Banken, aber auch Börsen wie die SWX und Deutsche Börsen bauen wegen der Flaute und erheblichen Umsatzrückgängen Personal in den Handelsabteilungen und den betreffenden Verwaltungen Personal ab. Auch die LGT spricht von einer „verhaltenen Kundenaktivität“ im Jahre 2011. Welche Entwicklung prognostizieren für 2012? 

Das gesamte Umfeld wird wohl noch einige Zeit lang ziemlich volatil und vor allem schwer vorhersehbar bleiben. Wir sehen aber nicht nur negative Entwicklungen.

Der Druck aus den USA und der EU auf das Bankgeheimnis dürfte einige Kunden veranlassen, ihre Aktiven in Ihre asiatischen Niederlassungen Hongkong und Singapur zu verschieben. Bauen Sie die asiatischen Stützpunkte diesbezüglich aus?   

Nein, unsere Kunden in Asien kommen vorwiegend aus dem asiatischen Raum. Wir sehen kaum Verschiebungen aus der Schweiz oder aus Liechtenstein in Richtung Fernost. Mittlerweile sind wir bereits seit über 25 Jahren in Asien präsent und haben dort stetig Fortschritte gemacht. Die Marke LGT hat sich in der Region etabliert und wir arbeiten profitabel. Auch in Zukunft möchten wir vor allem organisch – aus der Region heraus – wachsen.

Hat das Private Banking in Europa auch im Hinblick auf den dauernden politischen Druck seinen Kulminationspunkt erreicht? Während der Bankenzentrum Singapur und Hongkong sowie das „Wunschbankenzentrum“ Chinas, Shanghai, nahezu unbeeinflusst und unnahbar für westliche Regierungen, Europa ablösen?    

Asien hat gegenüber den europäischen Finanzplätzen in den vergangenen Jahren sicher enorm aufgeholt. Trotzdem glauben wir nicht, dass ein Finanzplatz wie Shanghai in den nächsten 10 Jahren zu einem der wichtigsten Standorte für das Private Banking werden wird. Dafür gibt es einfach auch zu viele offene Fragen und Unsicherheiten.

«Wir analysieren Trends, Geldflüsse, Positionierungen und „Stimmungen“. Diese Anlagephilosophie trägt meist das Label „Behavioral Finance“.»

Seit den 1980er Jahren investieren die Vermögensverwalter die Vermögen ihrer Kunden nach den Regeln der Modern-Portfoliotheorie (MPT). Mit den Turbulenzen und Unsicherheiten an den Finanz- und Kapitalmärkten lassen sich diese Anlagetheorien nicht mehr anwenden… 

Die beiden Hauptpostulate der Modern-Portfoliotheorie (MPT) – Märkte sind effizient und Investoren sind rational – sehen wir schon seit langem anders. Märkte sind nicht immer effizient und Investoren sind oft nicht rational, sondern emotional. Basierend auf diesen Überzeugungen berücksichtigen wir als aktiver Manager in unserem Anlageprozess schon seit vielen Jahren, nebst den fundamentalen Daten, auch das Verhalten der Marktteilnehmer. Wir analysieren Trends, Geldflüsse, Positionierungen und „Stimmungen“. Diese Anlagephilosophie trägt meist das Label „Behavioral Finance“. Wir kombinieren die fundamentale Analyse mit Behavioral Finance, das macht unsere Stärke aus.

Mit welchem Approach lassen sich nach Ihren Erfahrungen die Kundenvermögen am rentabelsten verwalten?     

Es gibt drei Erfolgsfaktoren. Erstens: eine robuste strategische Vermögensallokation mit möglichst breiter Diversifikation hinsichtlich Anlagekategorien und Investmentstilen. Zweitens: ein aktiver taktischer Anlageprozess, um mittelfristige Opportunitäten auszunutzen. Drittens: der Best-in-class Ansatz hinsichtlich der Auswahl von Anlagemanagern und -produkten.

Unter nachhaltigem Investieren definieren Sie den Ansatz zur Schaffung eines langfristigen Mehrwertes. Könnten Sie unseren Lesern diese Philosophie erklären?

Wir investieren so, dass wir einen positiven Beitrag zu einer gesunden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung leisten. Ökonomisches Wohlergehen geht für uns mit der Übernahme von Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt einher. Das bedeutet konkret, dass wir zur Auswahl von Anlagen sowohl Nachhaltigkeitskriterien als auch fundamentale Unternehmensdaten analysieren. So finden wir Investitionsmöglichkeiten, die zur langfristigen Wertschöpfung beitragen und nachhaltig positives Entwicklungspotenzial aufweisen.

„Zahlreiche Studien belegen, dass nachhaltig agierende Unternehmen langfristig wirtschaftlich stabiler sind und ein deutlich höheres Potenzial für eine positive Unternehmensentwicklung aufweisen.“

Bedeutet diese Art des Investierens nicht auch erheblich tiefere Anlagerenditen, bei zugegeben erwartetem besserem Vermögenserhalt?

Die Performance unserer nachhaltigen Anlagelösungen zeigt auch im Vergleich zu „normalen“ Produkten, dass Nachhaltigkeit eine überdurchschnittlich gute Performance generieren kann. Unternehmen, die in ihrer Strategie und in ihren täglichen Entscheidungen soziale, ökologische und Corporate-Governance-Komponenten stark berücksichtigen, werden mittel- bis langfristig von Kunden und Investoren besser akzeptiert sein. Zahlreiche Studien belegen, dass nachhaltig agierende Unternehmen langfristig wirtschaftlich stabiler sind und ein deutlich höheres Potenzial für eine positive Unternehmensentwicklung aufweisen.

Mit der globalen Schuldenproblematik sind Anlagen in früher als „mündelsicher“ geltende Staatsanleihen zur Risikopapieren geworden. Wie dämpfen Sie Schuldnerrisiken, speziell bei Bonds?

Wir gehen mit den uns anvertrauten Vermögen naturgemäss vorsichtig um. Die Risikoreduktion hat deshalb bei Anlagen in Anleihen immer oberste Priorität. Oder anders gesagt: «Bei Anleihen spielen wir immer Verteidigung, nie Angriff.» Derzeit gibt es immer noch genügend Staaten, denen wir weiterhin zutrauen, dass sie sowohl Zinsen als auch Kapital in Zukunft problemlos bedienen werden. Ich denke da an Länder wie Deutschland, Niederlande, Finnland, Norwegen, Dänemark oder Kanada, um nur einige zu nennen. Wir empfehlen auch ausgewählte, qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen und Emerging Markets Anleihen. So bekommt das Portfolio eine breite Diversifikation und eine hohe Qualität, und beides dämpft die Schuldnerrisiken wohl am besten.

Wie schätzen Sie die Entwicklung der Aktien- und Bondmärkte im mittel- und längerfristigen Horizont ein?

Wenn das Umfeld weiterhin von trüben Wachstumsaussichten geprägt ist und kein Inflationsdruck aufkommt, so spricht das grundsätzlich für die Anleihenmärkte. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Aktienpreise schon sehr viele negative Erwartungen reflektieren. Die Bewertung von Aktien ist deshalb sowohl im historischen Vergleich als auch relativ zu den langen Zinsen derzeit attraktiv.

Alle Welt spricht von Griechenland, Spanien, Portugal und Italien Risiken. Doch auch bei den „neueren EU-Mitgliedern“ in Osteuropa dürften sich schwarze Löcher bilden. Somit verkleinert sich das Anlageuniversum überschaubarer Risiken weiter. Mit dem konjunkturbedingt steigenden Sparvolumen entsteht somit ein immer grösserer Anlagenotstand. Was raten Sie den Anlegern?

Interessante Möglichkeiten mit überschaubarem Risiko bieten Anleihen solider Unternehmen sowie Staatsanleihen einzelner aufstrebender Länder, insbesondere in Asien oder Lateinamerika. Bei diesen Anlagen die Spreu vom Weizen zu trennen erfordert jedoch professionelle Expertise.

Zur Person:
Thomas Piske begann seine Karriere bei der LGT Bank in Liechtenstein AG, Vaduz in 1986. Im Folgejahr, 1987, schloss er seine Studien an der Universität Innsbruck als Mag. Rer. soc. oec. ab. 1995 wurde Piske zum Ressortleiter des neu strukturierten Ressorts Private Banking ernannt. Bereits ein Jahr später, wurde er zusätzlich zum interimistischen Leiter des Ressorts Anlageberatung und in 1997 zum Bereichsleiter Privatkunden befördert. 1998 wurde Piske zum Mitglied der Generaldirektion der LGT Bank in Lichtenstein AG und zum Leiter des Geschäftsfeldes Distribution gewählt. 2001 amtete Piske als Vorsitzender der Generaldirektion und übernahm die Funktion des CEO Private Banking Europe. 2002 und 2008 bis 2012 wurde er zum Vizepräsidenten und 2004-2006 zum Präsidenten des Liechtensteinischen Bankenverbandes gewählt. Seit 2006 steht Piske als CEO dem Private Banking der LGT Group vor. 

Zum Unternehmen
Die LGT Group ist ein international tätiges, in Vaduz (Liechtenstein) domiziliertes Private Banking und Asset Management Haus. Das Unternehmen ist seit über achtzig Jahren im Besitz des Fürstenhauses von Liechtenstein. Mit rund 1700 Mitarbeitenden ist die LGT Group an mehr als 20 Standorten in Europa, Asien und dem Mittleren Osten vor Ort präsent. Die Konzentration auf das Private Banking und das Asset Management, die internationale, langfristig angelegte Strategie, die einfache, über Jahrzehnte unveränderte Eigentümerstruktur und die darauf basierende starke Unternehmenskultur prägen die LGT Group unverwechselbar. Per 31.12.2011 verwaltete die LGT Group Vermögenswerte von CHF 86.9 Milliarden.

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