Phase des extrem billigen Geldes zu Ende: Fed erhöht Leitzinsen

Phase des extrem billigen Geldes zu Ende: Fed erhöht Leitzinsen
Janet Yellen, scheidende Fed-Chefin. (Foto: © United States Government Work)

Janet Yellen, Chefin US-Notenbank Federal Reserve. (© US Government Work)

Washington – Die US-Notenbank (Fed) hat die lang erwartete Zinswende eingeleitet. Erstmals seit der Finanzkrise werde der Leitzins um 0,25 Prozent von der Nulllinie angehoben und liege künftig innerhalb einer Spanne zwischen 0,25 und 0,50 Prozent, teilte die Fed am Mittwoch in Washington mit. Der Beschluss fiel einstimmig. Volkswirte und die Finanzmärkte hatten ihn erwartet. Nun rätseln die Anleger, wie es weitergeht. Fed-Präsidentin Janet Yellen kündigte an, dass weitere Zinserhöhungen «voraussichtlich graduell» erfolgen werden.

«Wir fangen frühzeitig mit Erhöhungen an und handeln schrittweise», sagte Yellen auf einer Pressekonferenz in Washington im Anschluss an den Zinsentscheid. Von einer «mechanischen Anhebung» könne keine Rede sein. Ein einfaches Kriterium, an dem weitere Schritte festgemacht werden könnten, gebe es nicht. Ohne eine Verminderung der geldpolitischen Stütze gäbe es jedenfalls die Gefahr, dass die Wirtschaft überschiesse.

Yellen: «Werden vorsichtig vorgehen»
Der erste, nun gemachte Schritt sollte nicht überbewertet werden, sagte Yellen. Es handele sich um eine kleine Zinserhöhung. Die Fed werde die Märkte genau beobachten und auch künftig vorsichtig vorgehen. Entsprechend Yellens Worten rechnen die meisten Experten mit einer langsamen Anhebung der Zinsen. Yellen werde im kommenden Jahr sehr behutsam mit weiteren Zinserhöhungen umgehen, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe. «In Anbetracht der fragilen Lage im Verarbeitenden US-Gewerbe bleiben weitere Zinsschritte eine Gratwanderung.»

Christopher Probyn, Chefökonom beim Vermögensverwalter State Street Gobal Advisors, geht davon aus, dass vor künftigen Zinsentscheidungen wieder viel Unklarheit herrschen dürfte. «Die Zinserhöhung wird eine volatile Phase einleiten», so Probyn. «Der Markt wird von nun an vor jedem Treffen der Federal Reserve darüber spekulieren, ob die Notenbank eine Anhebung der Zinsen verkündet oder doch lieber abwartet.»

«Beträchtliche wirtschaftliche Fortschritte»
Wie genau es künftig weiter geht, dürfte von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Das weitere Tempo der Zinsanhebung hänge vom wirtschaftlichen Ausblick und den Konjunkturdaten ab, hiess es von der Fed. Die Notenbank senkte ihre Inflationsprognose für das kommende Jahr auf 1,6 Prozent. Bislang war sie von 1,7 Prozent ausgegangen. Gleichzeitig hob sie die Wachstumsprognose für 2016 von bisher 2,3 Prozent auf 2,4 Prozent an.

Mit der Entscheidung, die Zinsen anzuheben, habe die Notenbank auf «beträchtliche wirtschaftliche Fortschritte» reagiert, sagte Yellen. Am Arbeitsmarkt und insbesondere bei der Lohnentwicklung habe es bedeutende Verbesserungen gegeben. Es gebe zudem Anzeichen, dass das Lohnwachstum anziehe.

Die langfristigen Inflationserwartungen seien überwiegend stabil, wenn auch der starke Dollar und die niedrigen Ölpreise auf die Teuerungsrate drückten. Dies seien jedoch vorübergehende Effekte. Von dem jüngsten Abwärtstrend bei den Ölpreisen zeigte sich Yellen zwar überrascht. Die Fed gehe jetzt von einer Stabilisierung der Ölpreise aus. Die US-Exporte würden durch den starken Dollar und das schwache Wachstum der Weltwirtschaft zwar belastet. Allerdings seien die vom Ausland ausgehenden wirtschaftlichen Risiken seit dem Sommer gesunken.

Experten begrüssen Entscheidung
Analysten und Bankenvertreter sind sich einig, dass die Einleitung der Zinswende ein richtiger Schritt war. «Die Zinserhöhung ist eine gute Nachricht», sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Bankenverbandes. «Sie zeigt, dass die Fed dem konjunkturellen Aufschwung in den USA vertraut und die Folgen der Finanzkrise zum grössten Teil als überwunden ansieht.»

Frank Hübner, Ökonom beim Bankhaus Sal. Oppenheim, sieht in der Fed-Entscheidung einen «Adelsschlag» für die erholte US-Wirtschaft. Für 2016 rechnet Hübner mit weiteren Zinsanhebungen von insgesamt rund einem Prozentpunkt.  (awp/mc/upd/pg)

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