VP Bank Finanzmarktkommentar: Grüner Schiffsdiesel belastet Wirtschaft

VP Bank Finanzmarktkommentar: Grüner Schiffsdiesel belastet Wirtschaft
von Jérôme Mäser, Junior Equity Analyst (l.) und Thomas Gitzel, Chefökonom. (Bild: VP Bank/mc)

Schiffsantriebe sind dreckig, aber nicht mehr lange. Denn ab Januar gilt auf den Weltmeeren ein neues Schwefellimit für Treibstoffe. Das neue Regime wird Folgen für Finanzmärkte und die Wirtschaft haben.

15 Schiffe der grössten Kategorie stossen jährlich so viel Schwefeldioxid (SO2) aus wie alle Autos auf der ganzen Welt zusammen. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Internationale Schifffahrtsorganisation der Vereinten Nationen (IMO) strengere Vorgaben machen würde. Konkret darf der Schwefelgehalt auf offener See künftig statt 3.5 % maximal 0.5 % betragen. Neben den positiven Auswirkungen auf die Natur zeitigt die Umstellung konkret Folgen für Reedereien, den Rohölmarkt, die Konjunktur und die Transportkosten der Unternehmen. Weil vier Fünftel des Welthandels über den Seeweg abgewickelt werden, sind die Konsequenzen weitherum spürbar.

Kosten für Reedereien
Die Reedereien haben drei Möglichkeiten, die neuen Auflagen zu erfüllen: Sie können auf teurere, schwefelarme Treibstoffe umsteigen. Sie können aber auch ein Reinigungssystem (sogenannte Scrubber) installieren, das die schwefelreichen Abgase filtert. Solche Geräte kosten aber rund USD 7-10 Mio. pro Schiff. Und nicht gelöst ist damit die Wasserverschmutzung, denn es resultiert ein Sulfat, welches ins Meer abgeleitet wird. Die dritte und teuerste Lösung ist das Umrüsten der Schiffe auf nicht-erdölbasierte Brennstoffe wie Flüssigerdgas.

Konkrete Auswirkungen sind am Rohölmarkt zu erwarten. Bei schwefelarmen Treibstoffen konkurriert die Schifffahrt nun mit dem Land- sowie Luftverkehr. Das bisherige Schweröl fand kaum anderweitig Verwendung. Das verändert die Angebots- und Nachfragesituation. So dürften von Natur aus weniger schwefelhaltige Ölsorten wie das europäische «Brent» gegenüber saureren Sorten wie «Dubai Fathe» oder «Urals» Preisprämien aufbauen. Mit Preisverzerrungen muss auch unter den raffinierten Ölprodukten gerechnet werden. Denn kurzfristig werden Raffinerien aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht in der Lage sein, die Verlagerung der Nachfrage auszugleichen.

Konjunktureller Gegenwind
Für die Konjunktur wird der neue Emissionsstandard von einigen bereits als Bedrohung identifiziert. Tatsächlich könnten die Frachtkosten der Handelsschifffahrt laut Angaben der Reedereien um bis zu 30 % steigen. Dies würde den Welthandel, der wegen Handelskonflikten ohnehin angeschlagen ist, zusätzlich belasten. Darunter könnten der industrielle Verbrauch und der private Konsum leiden. Eine konkrete Folgenabschätzung ist aber schwierig.

Für Unternehmen sind die Auswirkungen vielfältig. Für jene, die Massengüter versenden und einem intensiven Preiswettbewerb ausgesetzt sind, machen höhere Transportkosten einen Strich durch die Rechnung. Über die Zeit droht eine Neuausrichtung ganzer Lieferketten, was zu Anpassungen innerhalb des global produzierenden Gewerbes führen würde. Insgesamt rechnen wir mit Gegenwind für das Gewinnwachstum von Unternehmen in den kommenden zwei Jahren. (VP Bank/mc)

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