Zähneklappern vor S&P-Entscheid zu Euroländern

Zähneklappern vor S&P-Entscheid zu Euroländern

Frankfurt am Main – Zahlreiche Euroländer müssen die Abstufung ihrer Kreditwürdigkeit fürchten. An diesem Freitag könnte die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) ihre Entscheidung verkünden, welche der 15 gefährdeten Staaten sie abwertet. Auf der Beobachtungsliste, die S&P im Dezember aufgestellt hatte, stehen auch Deutschland und Frankreich. Vor allem die französische Topbonität von «AAA» scheint zu wackeln.

Börsengerüchte über eine bevorstehenden Abstrafung durch S&P wurden am Freitag in Finanzkreisen bestätigt. Deutschland sei aber nicht darunter, hiess es. Die Wirtschaft in der Bundesrepublik gilt als Zugpferd von ganz Europa. Nähere Angaben über die betroffenen Länder wurden nicht gemacht.

Kursrutsch
Die Spekulationen lösten am Freitagnachmittag an den europäischen Börsen einen Kursrutsch aus. Der deutsche Leitindex Dax fiel um 1,2 Prozent auf 6102 Punkte. Der französische Aktienindex CAC 40 verlor knapp 0,5 Prozent, nachdem er zuvor im Plus gelegen hatte. Auch die Kurse in New York gaben nach – der US-Leitindex Dow Jones büsste 0,8 Prozent auf 12 369 Punkte ein.

Die Herabstufung Frankreichs, der zweitgrössten Volkswirtschaft der Eurozone, hätte gravierende Auswirkungen auf die Rettungsbemühungen in der Schuldenkrise. Auch Spanien, Italien, Belgien und Portugal sollen abgestraft werden, hiess es am Markt. Ein schlechtere Kreditwürdigkeit bedeutet, dass die Staaten schwerer an frisches Geld herankommen oder höhere Zinsen zahlen müssen.

Kein Kommentar aus Frankreich
Standard & Poor’s und das französische Wirtschaftsministerium verweigerten jeglichen Kommentar zu den Gerüchten. Der Nachbarstaat steht wegen seines hohen Staatsdefizits seit Monaten unter erheblichem Druck der Märkte. Angesichts der sich eintrübenden Wirtschaftslage musste die Regierung innerhalb weniger Monate zwei Sparprogramme ankündigen, um die Ziele beim Schuldenabbau einhalten zu können.

Auch das «Wall Street Journal» berichtete am Freitag von der möglichen Abstufung durch S&P. Die Zeitung zitierte einen Regierungsmitarbeiter, dass eine entsprechende Ankündigung unter Europas Regierungen kursiere. Die Ratingagenturen sind verpflichtet, Änderungen bei der Kreditwürdigkeit den Staatsspitzen zuvor mitzuteilen.

Entscheidung am frühen Abend erwartet
Die offizielle Bekanntgabe könnte am Abend erfolgen. Wahrscheinlich ist, dass S&P den US-Börsenschluss abwartet, um den Märkten über das Wochenende Zeit zu geben, sich wieder zu beruhigen.

S&P hatte bereits vor einem Monat vor einer möglichen Abstufung zahlreicher Eurostaaten gewarnt und in der Schuldenkrise ein entschlossenes Durchgreifen der Staats- und Regierungschefs gefordert. Nun stelle sich die Frage, in welchem Ausmass welche Länder betroffen seien und ob eventuell auch der Rettungsfonds EFSF seine Top-Bonität verliere, erklärten Börsenhändler.

Auch Moody’s warnt vor Abstufung Frankreichs
Frankreich hat zugesagt, das Defizit bis 2013 auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu drücken. 2010 lag es bei 7 Prozent. Für das vergangenen Jahr liegt es nach jüngsten Regierungsangaben bei knapp unter 5,7 Prozent. Auch die Ratingagentur Moody’s warnte bereits mehrmals vor einer Herabstufung Frankreichs. Sie rechnete zuletzt vor, dass die steigenden Refinanzierungskosten des Staates den dringend notwendigen Defizitabbau weiter erschweren könnten. (awp/mc/ps)

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