Zurich: Wauthier mit Abschiedsbrief – Zweifel an Zahlen unbegründet

Zurich: Wauthier mit Abschiedsbrief – Zweifel an Zahlen unbegründet

Martin Senn, CEO Zurich Insurance Group. (Bild: Zurich)

Zürich – Der frühere Zurich-Finanzchef Pierre Wauthier – er wählte letzten Montag den Weg des Freitods – hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. In diesem beschreibe der Manager auch das Verhältnis zu Joseph Ackermann, erklärte Acting Chairman Tom de Swaan am Freitag an einer kurzfristig einberufenen Telefonkonferenz für Analysten. Details wollte er aus Rücksicht auf die Trauerfamilie nicht nennen.

Medien hatten berichtet, dass sich Wauthier vom ehemaligen Verwaltungsratspräsidenten Ackermann unter Druck gesetzt gefühlt hat. «Uns ist nicht bewusst, dass Druck auf das Management ausgeübt worden ist», sagte de Swaan. Die Umstände sollen dennoch untersucht werden. Der Verwaltungsrat prüfe derzeit, ob «ungebührender Druck» auf den Finanzchef ausgeübt worden sei. «Wir nehmen ‹Corporate Behaviour› sehr ernst», betonte der interimistische VR-Präsident.

Er betonte zudem, dass Joe Ackermann aus freien Stücken zurückgetreten sei. «Es war seine persönliche Entscheidung», so de Swaan.

Zweifel an Zahlen unbegründet
De Swaan zeigte sich über den Hinschied seines «Mitarbeiters und Freundes» Pierre Wauthier «tieftraurig und schockiert». Er betonte, dass Wauthier exzellent qualifiziert gewesen sei. An dieser Stelle knüpfte Konzernchef Martin Senn an: «Es gibt keinen Zusammenhang zwischen diesen Neuigkeiten und den Resultaten der Zurich.» Zweifel an den vorgelegten Zahlen seien unbegründet. «Die Entwicklungen haben nichts zu tun mit der Berichtsqualität», sagte Senn. «Die Zahlen sind wie sie sind, sie basieren auf einer vorsichtigen Bilanzierung.» Die Strategie des Versicherers bleibe daher unverändert.

Sollte es Spekulationen geben, dass die ausgewiesenen Zahlen nicht korrekt gewesen sein sollten, sei das völlig aus der Luft gegriffen, sagte der Zurich-Chef weiter. Senn nahm dabei Stellung auf Berichte in den Medien vom Freitag. So hatte der «Tages-Anzeiger» spekuliert, dass Joe Ackermann offenbar fand, dass «der Zustand der Zurich gegen innen und aussen zu positiv dargestellt» werde.

Erwartungen verfehlt
Das Unternehmen hatte zuletzt die Erwartungen verfehlt. Im ersten Halbjahr 2013 sank der Gewinn 17% auf 1,9 Mrd USD, was aber vor allem an Kosten für die Überschwemmung in Mittel- und Osteuropa lag. Zuletzt hatten immer wieder Sonderfaktoren die Ergebnisse von Zurich belastet. Daher gibt es unter Analysten die Sorge, dass es tiefer liegende Probleme geben könnte.

Bereits vor einem Jahr hatte der Konzern für Misstrauen gesorgt. Damals musste der Versicherer einräumen, dass in Deutschland die Reserven um 550 Mio USD zu gering bemessen waren. Zurich hatte beim Verkauf von Berufshaftpflichtversicherungen die Schadenserwartungen zu niedrig kalkuliert.

Positionen «so schnell wie möglich» besetzen
Die Posten des Finanzchefs und des Verwaltungsratspräsidenten werde man so schnell wie möglich neu besetzen. Natürlich müsse aber die Qualität stimmen, sagte der Interims-Präsident. «Wir haben die klare Absicht, noch vor der nächsten ordentlichen Generalversammlung einen Kandidaten für das VR-Präsidium zu präsentieren», sagte de Swaan.

Wauthier war am Montag tot in seiner Wohnung im Kanton Zug aufgefunden worden. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder. Der Franzose, der auch einen britischen Pass besass, wurde 53 Jahre alt.

Die Polizei hat keine Zweifel mehr, dass Wauthier sich selbst getötet hat. Dies sei den Ermittlern von der zuständigen Gerichtsmedizin bestätigt worden, sagte ein Sprecher der Kantonspolizei Zug auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. «Für uns ist die Sache im Prinzip abgeschlossen.»

Zurich-Titel steigen
Die Aktie reagiert positiv auf die News; sie steht um 11.40 Uhr 1,5% höher bei 232,20 CHF, nachdem sie am Vortag 2,5% eingebüsst hatte. Der am SMI gemessene Gesamtmarkt notiert derweil 0,01% fester. (awp/mc/ps)

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