Air-Berlin-Chef Hunold wirft das Handtuch

Air-Berlin-Chef Hunold wirft das Handtuch

Joachim Hunold, abtretender Vorstandsvorsitzender Air Berlin.

Berlin – Inmitten heftiger Turbulenzen bei Air Berlin tritt Unternehmenschef Joachim Hunold ab und will sein Lebenswerk Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn überlassen. Zumindest vorübergehend soll der Sanierungsexperte Mehdorn damit an die Spitze von Deutschlands zweitgrösster Fluggesellschaft rücken. Der 61-jährige Hunold verkündete seine überraschenden Pläne zusammen mit der Quartalsbilanz am Donnerstag in Berlin. Air Berlin schreibt rote Zahlen. Deshalb sollen Strecken gestrichen und einige Flugzeuge aus dem Betrieb genommen werden.

Schon zum 1. September will Hunold das Steuer an den früheren Bahnchef Mehdorn (69) für eine Übergangszeit weiterreichen. Mehdorn sei dazu bereit. Wie lange der Übergang dauern soll, müsse der Verwaltungsrat (Board of Directors) von Air Berlin entscheiden, sagte Hunold. Das Gremium werde bis Freitag über die Personalien entscheiden.

Nachfolger soll Sparkurs fortsetzen

Zu seinen Beweggründen für den Rücktritt sagte Hunold: «Es muss auch eine Zeit nach mir geben.» Er halte es für richtig, den Wechsel an der Spitze jetzt zu vollziehen. Sein Nachfolger solle «unbelastet» den bereits begonnenen Sparkurs fortsetzen. Hunold will Air Berlin als Mitglied des Verwaltungsrats ohne Managementaufgaben verbunden bleiben. «Mir liegt das Unternehmen am Herzen.» Hunold verteidigte den Kurs des Unternehmens gegen Kritik. Das Mischmodell, bei dem Kunden sowohl bei Urlaubern als auch bei Geschäftsreisenden gewonnen werden sollen, sei richtig. Wären nicht Mehrkosten bei Kerosin und durch die Luftverkehrssteuer hinzugekommen, hätte Air Berlin das Betriebsergebnis (Ebit) im zweiten Quartal verglichen mit der Vorjahresperiode um 111 Millionen Euro verbessert, rechnete Hunold vor.

Verlust wegen Treibstoffkosten

Im zweiten Quartal lag das Ebit bei minus 32,2 Millionen Euro, das waren 4,0 Millionen Euro weniger als vor einem Jahr. Das Defizit kam trotz eines deutlich gestiegenen Umsatzes zustande. Dieser lag bei 1,12 Milliarden Euro, ein Plus von 27 Prozent verglichen mit dem zweiten Quartal 2010. Air Berlin machen vor allem steigende Treibstoffpreise, die Luftverkehrssteuer und das nach wie vor schwache Geschäft mit Flügen nach Nordafrika zu schaffen. Das Unternehmen will noch in diesem Jahr die Zahl seiner Flugzeuge von 171 auf 163 reduzieren. Im kommenden Jahr sollen es 164 statt wie zuletzt geplant 177 sein.

Weniger regional
Die Airline will sich teilweise von Regionalflughäfen wie Köln-Bonn zurückziehen und sich auf die Drehkreuze Berlin, Düsseldorf, Palma de Mallorca und Wien konzentrieren. Die Kapazität solle allein im zweiten Halbjahr um mehr als 7.500 Flüge verringert werden. Das entspricht etwa einer Million Sitzplätze. Der wahrscheinliche Hunold-Nachfolger Mehdorn war im Mai 2009 unter öffentlichem Druck wegen der Datenaffäre bei der Bahn zurückgetreten. Bereits seit Juli 2009 ist er Mitglied des Air-Berlin-Verwaltungsrats. Air Berlin ist eine Aktiengesellschaft britischen Rechts (plc) und hat deshalb ein Board, das die Funktionen von Vorstand und Aufsichtsrat vereinigt. (awp/mc/ps)

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