TGV-Hersteller Alstom übernimmt Bombardier-Zugsparte

TGV-Hersteller Alstom übernimmt Bombardier-Zugsparte
Alstom-CEO Henri Poupart-Lafarge. (Foto: Alstom)

Paris / Montreal – In der globalen Zug-Industrie bahnt sich der nächste grosse Zusammenschluss an. Der französische TGV-Hersteller Alstom übernimmt die Zugsparte des angeschlagenen kanadischen Rivalen Bombardier.

Eine entsprechende Absichtserklärung («Memorandum of Understanding») sei unterzeichnet worden, teilten die beiden Unternehmen am Montagabend mit. Der Vereinbarung zufolge liegt der Kaufpreis zwischen 5,8 und 6,2 Milliarden Euro in bar und in Aktien. Der genaue Preis werde beim Abschluss der Transaktion festgelegt, die im ersten Halbjahr 2021 erwartet werde.

Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge sprach von einer «einzigartigen Gelegenheit, unsere globale Position auf dem boomenden Mobilitätsmarkt zu stärken». Bombardier Transportation werde Alstom eine zusätzliche geografische und industrielle Präsenz in wachsenden Märkten sowie weitere technologische Plattformen bieten. Die kartellrechtlichen Hürden gelten jedoch als hoch.

Bisher konkurrieren Alstom und Bombardier in vielen Bereichen. So baut Alstom unter anderem die bekannten französischen TGV-Hochgeschwindigkeitszüge, Regionalzüge, Metros und Strassenbahnen, bietet aber auch technische Lösungen für Schienen- und Signaltechnik an. Bombardier ist mit seinen Zefiro-Hochgeschwindigkeitszügen in China und Italien im Geschäft. Auch Schienen- und Signaltechnik, Regionalzüge sowie U- und Strassenbahnen kommen vom kanadischen Hersteller. An die SBB lieferte Bombardier den Dosto, der zunächst vor allem mit Pannen Schlagzeilen machte.

Schwer angeschlagen
Die Zug-Sparte gilt dennoch als wertvollster Teil von Bombardier – auch wenn sie mit operativen Schwierigkeiten kämpft, die das Unternehmen vor kurzem zu einer Gewinnwarnung gezwungen hatten. Doch mit der Übernahme könne Alstom seinen Auftragsbestand auf 75 Milliarden Euro erhöhen und seine Präsenz auf dem Weltmarkt ausbauen, begründeten die Franzosen die Übernahme.

Der Bombardier-Konzern, der insgesamt 68’000 Mitarbeiter beschäftigt, ist finanziell schwer angeschlagen. Um zu Geld zu kommen, stieg der Konzern vergangene Woche bereits bei dem gemeinsam mit Airbus gebauten Kurz- und Mittelstreckenjet Airbus A220 aus. Die Kanadier hatten den Flieger unter dem Namen Bombardier C-Serie für mehr als sechs Milliarden US-Dollar selbst entwickelt, sich dabei aber finanziell übernommen. Die Bombardier-Führung suchte nach weiteren Möglichkeiten, den Schuldenberg des Konzerns abzutragen. Mit dem Verkauf der Zug-Sparte bleibt Bombardier dann nur noch die Produktion von «Learjet»-Geschäftsflugzeugen.

Angst vor den Chinesen
Die drei grossen westlichen Bahntechnik-Hersteller Alstom, Siemens und Bombardier ringen seit Jahren um Zusammenschlüsse, weil sie fürchten, dass sie der chinesische Eisenbahngigant CRRC bald auch auf ihren heimischen Märkten überrollt. CRRC drängt auch nach Europa, hat dort aber bisher kaum Fuss gefasst.

Die EU-Wettbewerbsbehörde hatte einer Fusion von Alstom mit Siemens Mobility deshalb vor einem Jahr eine Absage erteilt. Ein Gegenangebot aus München für einen der beiden Fusionspartner sei deshalb nicht zu erwarten, sagte eine mit den Überlegungen vertraute Person. Vor Alstom hatte Siemens Insidern zufolge 2017 auch mit Bombardier intensiv verhandelt.

Hoher Marktanteil bei Regionalzügen
Gewerkschaftskreise gehen davon aus, dass Alstom und Bombardier in Brüssel auf die gleichen Hürden stossen werden wie Siemens und Alstom. Die Fusion sei kartellrechtlich nicht anders zu bewerten. Bei Signaltechnik und bei Hochgeschwindigkeitszügen wie ICE und TGV, wo sich die EU an der Stellung von Siemens und Alstom gestossen hatte, wären Alstom und Bombardier zwar weniger dominierend, sie kämen aber bei Regionalzügen auf deutlich mehr Marktanteile.

Die Kunden würden von der weitreichenden Expertise und dem breiten Produktangebot des fusionierten Konzerns profitieren, warb Alstom derweil für den Zusammenschluss. Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire begrüsste die Fusion. Die französische Regierung werde sicherstellen, dass die Transaktion Werte schaffe für die französische und europäische Branche, für die Mitarbeiter der beiden Unternehmen und ihre Zulieferer. (awp/mc/ps)

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