«Deutsche Wirtschaft steht unter Schock»

«Deutsche Wirtschaft steht unter Schock»
Ifo-Präsident Clemens Fuest. (Foto: Ifo / Flickr)

München – Das Ifo-Geschäftsklima ist wegen der Corona-Krise in einem bisher beispiellosen Mass eingebrochen. Im März sei der Indexwert auf 86,1 Punkte gefallen, nach 96,0 Punkten im Monat zuvor, teilte das Ifo-Institut am Mittwoch nach einer zweiten Veröffentlichung der Umfrageergebnisse in München mit. Dies sei der stärkste Rückgang des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers seit der deutschen Wiedervereinigung und der niedrigste Wert seit Juli 2009, hiess es weiter. «Die deutsche Wirtschaft steht unter Schock», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Das Ifo-Geschäftsklima basiert auf einer Umfrage unter rund 9000 Unternehmen. Bereits in der vergangenen Woche hatte das Ifo-Institut ein vorläufiges Ergebnis zum Geschäftsklima im März veröffentlicht. In der ersten Erhebung hatte die Ifo-Forscher noch einen Rückgang des Index für das Geschäftsklima auf 87,7 Punkte gemeldet.

Historisch einmaliger Vorgang
Insbesondere die Konjunkturwartungen der Unternehmen haben sich im März «wie nie zuvor verdüstert». «Der Rückgang der Erwartungen im verarbeitenden Gewerbe ist mit Blick auf 70 Jahre Umfragen in der Industrie historisch einmalig», hiess es weiter in der Mitteilung. Auch die Einschätzungen zur aktuellen Lage haben die Unternehmen deutlich schlechter eingeschätzt. Im Handel ist das Geschäftsklima laut Ifo-Institut ebenfalls eingebrochen. Hier stürzten die Erwartungen für die künftigen Geschäfte auf den niedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung. Dabei seien Gross- und Einzelhandel gleichermassen stark getroffen.

«Positive Ausnahmen»
In dem extrem negativen Umfeld gab es aber auch Ausnahmen. Das Ifo-Institut verwies als «positive Ausnahmen» auf die Lebensmittel- und Drogeriemärkte. Ausserdem sei die Stimmung im Bauhauptgewerbe nur vergleichsweise moderat gesunken. Demnach seien Bauunternehmen gegenwärtig mit ihrer aktuellen Lage noch sehr zufrieden. Der Ausblick hat sich jedoch deutlich verschlechtert.

Auch Einkaufsmanagerindex der Eurozone auf Rekordtief
Auch die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone war am Dienstag als Folge der Corona-Krise dramatisch eingebrochen. Wie das Marktforschungsinstitut IHS Markit mitteilte, sackte der von ihm erhobene Einkaufsmanagerindex im März um 20,2 Punkte auf 31,4 Zähler ab. Das ist ein Rekordtief. Selbst das bisherige historische Tief aus Zeiten der Finanzkrise wurde klar unterboten. Besonders stark trübte sich die Stimmung unter den Dienstleistern ein.

Ökonomen zeigten sich am Mittwoch von den Ifo-Zahlen wenig überrascht. Der dramatische Einbruch sollte niemanden wundern, hiess es in einer ersten Einschätzung von Carsten Brzeski, Chefökonom der ING. Die Wirtschaftsdaten für März und die folgenden Monate dürften schrecklich ausfallen: «Rezession ist vermutlich nicht mehr die korrekte Beschreibung für einen fast kompletten Stillstand».

Auch die Landesbank Baden-Württemberg sah ihre Erwartungen bestätigt: «Der März war eine Katastrophe, der April ist bisher vor allem eine Drohung, frühestens der Mai könnte wieder ein Versprechen werden», kommentierte Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank die Lage.

Eigene Berechnungen der Commerzbank gehen sogar von einer noch gravierenderen Situation beim Geschäftsklima in Deutschland aus. Laut Chefökonom Jörg Krämer sei der Stimmungsabschwung bei den Firmen, die seit Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen auf die Anfragen des Ifo Instituts geantwortet hätten, viel stärker. Ein scharfer Einbruch der Wirtschaft im zweiten Quartal ist aus Sicht von Krämer daher unausweichlich. (awp/mc/pg)

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