Frankreich: Macron baut Vorsprung auf Le Pen aus

Frankreich: Macron baut Vorsprung auf Le Pen aus
Präsidentschaftskandidaten Marine Le Pen und Emmanuel Macron.

Paris – Zwei Tage vor Frankreichs Präsidentenwahl hat der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron laut einer Umfrage seinen Vorsprung auf die Rechtspopulistin Marine Le Pen ausgeweitet. Die am Freitag veröffentlichte Umfrage wurde nach dem letzten TV-Duell am Mittwoch erhoben.

Sie legt nahe, dass Macron den heftigen Schlagabtausch mit der Front-National-Chefin klar für sich entschieden hat. Nach der jüngsten Elabe-Erhebung für den Fernsehsender BMF und das Magazin «L’Express» kommt Macron am Freitag – dem letzten Tag eines turbulenten Wahlkampfes – auf 62 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 38 Prozent. Der frühere Wirtschaftsminister hat demnach drei Punkte gegenüber der vorherigen Elabe-Umfrage gewonnen. Es ist der beste Wert, den eines der grossen Institute für ihn seit der ersten Wahlrunde am 23. April ermittelt hat.

Was tun Mélenchons Anhänger?
Unsicherheiten birgt allerdings die Wahlbeteiligung. Meinungsforschern zufolge könnte diesmal ein Viertel der Wähler den Urnen fernbleiben – das wäre der zweithöchste Wert seit 1965. An der ersten Runde beteiligten sich laut Innenministerium knapp 78 Prozent.

Meinungsforscher schätzen, dass mindestens 15 Prozent der rund 47 Millionen Wahlberechtigten noch unentschieden sind, wem sie ihre Stimme geben. Vor allem viele Linke, die vom Abschneiden ihrer Kandidaten enttäuscht sind, wollen nun weder Macron noch Le Pen ihre Stimme geben und gehen gar nicht erst zur Wahl.

Schicksalswahl
Die Abstimmung am Sonntag ist eine der wichtigsten in Frankreich seit Jahrzehnten. Die Franzosen müssen sich entscheiden zwischen einem pro-europäischen früheren Investmentbanker, der staatliche Regulierung für Unternehmen beschneiden und zugleich Arbeitnehmerrechte schützen will, und einer EU-skeptischen Rechtsextremen, die raus aus der Euro-Zone und strikte Begrenzungen für Einwanderer will.

Wer immer am Sonntag in Frankreich gewinnt, muss ein polarisiertes Land einen und Misstrauen überwinden. Die etablierten Volksparteien haben dies bereits zu spüren bekommen. Der scheidende sozialistische Präsident François Hollande ist so unbeliebt wie keiner seiner Vorgänger und trat gar nicht erst zur Wiederwahl an.

Erstmals seit 1958 findet eine Stichwahl für das Präsidentenamt statt, bei der weder ein Konservativer noch ein Sozialist dabei ist. Mit Macrons «En marche» (Vorwärts) ist ein neuer Akteur im Spiel. Auch wenn der erst vor einem Jahr ins Leben gerufenen Bewegung der Unterbau einer etablierten Partei fehlt, geben ihr manche Meinungsforscher gute Chancen, bei der Parlamentswahl im Juni die meisten Stimmen zu holen.

Abschluss des Wahlkampfs
Beide Kandidaten warben am Donnerstag bei Freiluftkundgebungen um Wähler. Der 39 Jahre alte Ex-Wirtschaftsminister Macron appellierte im südfranzösischen Albi an die Anhänger des Linkspolitikers Jean-Luc Mélenchon, der im ersten Wahlgang vor knapp zwei Wochen ausgeschieden war. Er lobte die «demokratische Vitalität» von Mélenchons Bewegung «Das aufsässige Frankreich». Der Linkskandidat hatte im ersten Wahlgang 19,6 Prozent der Stimmen bekommen. Er ist zwar gegen Le Pen, gab aber keine klare Wahlempfehlung für Macron ab.

«Die Wut der stillen Mehrheit ausgedrückt»
Le Pen wies Kritik an ihrem aggressiven Auftreten im einzigen TV-Duell mit Macron am Mittwochabend zurück. Sie habe «die Wut dieser stillen Mehrheit ausgedrückt», «was das System weder sehen noch hören will». «Meine Worte waren nur das Echo der sozialen Gewalt, die in diesem Land explodieren wird», sagte sie. Macron warf ihr in einem Interview der Zeitung «Le Parisien» einen «Kult der Lüge» vor. «Die Lösung für jedes Problem ist die Zerstörung des Fremden, die Spannung mit den Nachbarländern, die Demagogie gegenüber unseren Mitbürgern und die persönliche Beschimpfung», sagte er.

Breite Unterstützung für Macron
Die gemässigten Kräfte der französischen Politik haben sich hinter Macron gestellt. In Deutschland haben sich sowohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz klar für Macron ausgesprochen. Am Donnerstag unterstützte auch der frühere US-Präsident Barack Obama den früheren Wirtschaftsminister: «Er hat sich für liberale Werte eingesetzt», sagte er in einem Video. «Er spricht die Hoffnungen der Menschen an, nicht ihre Ängste.» (awp/mc/pg)

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping warnte am Donnerstagabend in der ZDF-Talkshow «Maybrit Illner» davor, den unabhängigen Kandidaten Macron «zur Lichtgestalt» zu erheben. «Das Beste, was ich über ihn sagen kann ist, dass er nicht Marine Le Pen ist und dass er uns hoffentlich hilft, sie zu verhindern.» Macron stehe für eine Politik, die den Unmut in Frankreich steigern werde. (awp/mc/pg)

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