Japan: Krise birgt grosse Risiken für die Weltwirtschaft

Japan: Krise birgt grosse Risiken für die Weltwirtschaft

Strahlentest an Anwohnerin in der Umgebung des AKW Fukushima.

Berlin – Die Schockwellen nach dem Beben in Japan werden noch lange an den Finanzmärkten nachwirken. Drückt die Katastrophe bislang vor allem die Aktienkurse und schüttelt die Devisenmärkte durch, könnten die wirtschaftlichen Folgen bald auf andere Bereiche übergreifen.

Der Grund: Japan hat einen Grossteil seiner gigantischen Devisenreserven in den USA und in Europa angelegt. Zieht es einen Teil des Geldes wieder ab, um die dringend benötigten Milliarden für den Wiederaufbau zu besorgen, drohen Turbulenzen – auch für die Realwirtschaft.

«Risiken sind erhelblich»
«Die Risiken sind erheblich», warnt der Deutschland-Chefökonom der Bank UniCredit, Andreas Rees. Vermögenswerte von umgerechnet rund fünf Billionen Euro hält Japan im Ausland. Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sind es mehr als 500 Mrd EUR in Europa – allein an Bargeld und Anleihen. Weil Japans Schuldenberg die jährliche Wirtschaftsleistung um mehr als das Doppelte übertrifft, rechnen Experten wie der deutsche Ökonom Wolfgang Franz nicht damit, dass die auf über 140 Mrd EUR geschätzten Kosten für den Wiederaufbau durch neue Schulden finanziert werden. Die Alternative: Japan könnte sich von einem Teil seines Auslandsvermögens trennen und sich international weniger engagieren.

Mit Japan könnte wichtiger Helfer abhanden kommen
Den mit einer Schuldenkrise kämpfenden Euro-Ländern würde damit ein wichtiger Helfer abhanden kommen. Erst im Januar ist Japan der Währungsunion beigesprungen. Es zapfte aus den staatlichen Devisenreserven 1,03 Mrd EUR ab und kaufte ein Fünftel der Staatsanleihen, die vom Euro-Rettungsschirm EFSF ausgegeben wurden. Der sammelt damit Geld für den 440 Mrd EUR grossen EU-Rettungsschirm ein, unter den das verschuldete Irland geschlüpft ist und den womöglich noch andere Krisenländer wie Portugal brauchen. Auch die US-Regierung finanziert einen Grossteil ihrer Schulden mit Hilfe Japans, das US-Bonds im Wert von 890 Mrd USD hält. Nach China ist die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt damit wichtigster Gläubiger der Vereinigten Staaten. Weil Anleger erwarten, dass sich Japan nun von einem Teil seiner Dollar-Anlagen trennt und das Geld nach Hause holt, stieg der Yen auf ein Rekordhoch zum Dollar.

Real und australischer Dollar geben gegenüber Yen nach
Um den Kurs nicht noch stärker nach oben zu treiben und damit die Exporteure noch mehr zu belasten, dürfte die Regierung ihre Reserven im Ausland eher zögerlich liquidieren, erwartet die Commerzbank. «Dagegen könnten japanische Privathaushalte und Unternehmen, deren Vermögenswerte in Japan durch das Beben zerstört wurden, einen Teil ihrer Auslandsanlagen auflösen», sagte einer der Commerzbank-Experten. Dann dürften auch Währungen in schnell wachsenden Schwellenländern unter Druck geraten. «Sollte Japan sein Geld nach Hause holen, dürfte das für den australischen Dollar und den brasilianischen Real die grössten Folgen haben», sind sich die Experten von HSBC sicher. Beide Währungen werteten bereits deutlich gegenüber dem Yen ab.

M&A-Geschäft mittelfristig auch betroffen
Japans Einfluss auf die Weltwirtschaft ist nicht nur auf Aktien, Anleihen und Devisen begrenzt. Mittelfristig dürften das weltweite Geschäft von Fusionen und Übernahmen (M&A) beeinflusst werden. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gehörte Japan in den vergangenen fünf Jahren zu den zehn grössten Spielern im internationalen Geschäft mit Firmenübernahmen. 28 Mrd USD gaben japanische Unternehmen 2010 im Ausland dafür aus, 2009 waren es sogar 32 Mrd USD. Bei ausländischen Direktinvestitionen wie dem Bau neuer Fabriken mischt Japan ebenfalls ganz weit vorn mit. Nach einer Erhebung der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) summierte sich das Engagement japanischer Firmen 2009 auf knapp 75 Mrd USD. (awp/mc/ps)

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