Merkel bleibt hart und setzt EU-Partner unter Druck

Merkel bleibt hart und setzt EU-Partner unter Druck

Brüssel – Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt die EU-Partner unter Druck, sich nach deutschem Vorbild besser auf den Weltmärkten zu behaupten. Die gigantischen Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Stabilisierung der Banken bedeuteten eine Atempause, sagte Merkel am Donnerstag zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel. Die CDU-Chefin wies gleichzeitig Forderungen nach einer raschen Aufstockung der Rettungsschirme zurück.

Die EZB hatte am Vortag zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate zinsgünstige Kredite von über einer halben Billion Euro an die Banken vergeben, um eine gefährliche Kreditklemme zu verhindern. Wackelkandidaten wie Italien und Spanien können sich zu vergleichsweise günstigen Zinsen neues Geld beschaffen.

EZB sorgt für mehr Zeit

Merkel sagte, das Einschreiten der EZB bedeute für die Politik, dass sie die Zeit habe, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und den Arbeitsmarkt zu verbessern. «Wir müssen unbedingt diese Zeit nutzen. Ansonsten werden wir erleben, dass die Welt uns nicht vertraut.» Deutschland ist besonders stark bei seinen Ausfuhren – und wird dafür aus dem Kreis der Partner gelegentlich kritisiert.

In der Schuldenkrise gibt es vorsichtigen Optimismus. Die Euro-Finanzminister einigten sich unmittelbar vor Beginn des Spitzentreffens darauf, dass Schuldensünder Griechenland schon in der kommenden Woche mit der Freigabe des zweiten Hilfspakets in Höhe von 130 Milliarden Euro rechnen könne.

Die Kassenhüter planten, das Programm am 9. März freizugeben, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Voraussetzung dafür sei, dass sich viele private Gläubiger an dem freiwilligen Schuldenschnitt beteiligten.

Druck auf Berlin steigt
Mit einer endgültigen Griechenland-Einigung dürfte laut Diplomaten der Druck auf Berlin steigen, der Aufstockung der Rettungsfonds ESM und EFSF dann doch noch zuzustimmen. Deutschland ist in dieser Frage in der EU weitgehend isoliert. «Ich glaube, wenn man eine Schutzmauer baut, muss man wissen, dass stärkere Wände besser sind als schwächere», sagte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann.

Beschlüsse zu den Rettungsschirmen sollen noch im März fallen. Merkel äusserte sich beim Gipfel zunächst nicht explizit zur Frage der Rettungsfonds. Beschlüsse dazu standen beim Gipfel wegen der Berliner Blockade nicht an. Bisher soll der ständige Rettungsfonds ESM einen Umfang von 500 Milliarden Euro haben; in der Debatte ist eine Erhöhung auf 1 Billion Euro oder mehr. Mit einer besseren Ausstattung sollen die Ansteckungsgefahren im Eurogebiet sinken.

Signal für mehr Wirtschaftswachstum
Der Gipfel wollte ein Signal für mehr Wirtschaftswachstum senden. Mehrere Staatenlenker pochten darauf, dass die EU mehr für neue Jobs macht. So sollen auch soziale Unruhen verhindert werden. «Wir sind fest entschlossen, dass die akute Finanzkrise nicht zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise wird», sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Die schwere Schuldenkrise ist laut EU noch lange nicht überwunden. «Wir sind nicht selbstgefällig, bleiben wachsam und sind bereit zum Handeln», sagte Gipfelchef Herman Van Rompuy.

Erster Schritt für Stabilitätsunion

Merkel bezeichnete es als einen «riesigen Schritt», dass an diesem Freitag der Fiskalpakt unterschrieben werde. Die Vereinbarung zu einer besseren Haushaltsdisziplin sei in sehr kurzer Zeit geschafft worden. «Damit ist der erste Schritt zu einer Stabilitätsunion gegangen. Ein Schritt für eine politische Union.»

Unmittelbar vor Beginn des Gipfels gab Rumänien nach langem Tauziehen seinen Widerstand gegen die Annäherung Serbiens an die EU auf. Zuvor hatte Belgrad im Streit um die rumänischsprachige Minderheit der Walachen (Vlachen) eingelenkt. Mit der Einigung war das letzte Hindernis für Serbien ausgeräumt – damit ein Land Beitrittskandidat werden kann, müssen alle EU-Staaten zustimmen. Die Entscheidung für den Anwärterstatus sollte am Abend fallen.

Vor dem Gipfeltreffen hatten zwölf EU-Staatenlenker auf konkrete Wachstumsmassnahmen gedrungen. Merkel gehört nicht dazu. Im Mittelpunkt der EU-Initiativen stehen beispielsweise der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit und die bessere Finanzierung von Verkehrs- und Energieprojekten. (awp/mc/ps)


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