Mindestens 34 Tote durch Explosionen in Brüssel

Mindestens 34 Tote durch Explosionen in Brüssel

Einsatzkräfte am Brüsseler Flughafen Zaventem.

Brüssel – Islamistische Terroristen haben in Brüssel mit Bombenanschlägen mindestens 34 Menschen getötet und damit Europa ins Mark getroffen. Etwa 230 Menschen wurden am Dienstag bei den Attentaten am Flughafen und in einer U-Bahnstation mitten im EU-Viertel verletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) übernahm die Verantwortung für die Angriffe. Weltweit sorgten die Attentate für Entsetzen, in Europa verbreitete sich Terrorangst.

Nach belgischen Medienberichten starben 14 Menschen am Flughafen und 20 an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel. Dem nationalen Krisenzentrum zufolge wurden etwa 100 Menschen am Airport verletzt, weitere 130 bei der Explosion in dem U-Bahnhof. Der belgische Premier Charles Michel sprach von «blinden, gewalttätigen und feigen Anschlägen».

Grosse Islamistenszene
In Brüssel gibt es eine grosse Islamistenszene, die Gemeinde Molenbeek gilt als Hochburg der Extremisten. Erst am Freitag war dort der Hauptverdächtige der Pariser Anschläge vom November 2015, Salah Abdeslam, festgenommen worden. Der mutmassliche Topterrorist wurde bei einem Polizei-Grosseinsatz gefasst. Bei den Anschlägen am 13. November 2015 in Paris gab es 130 Todesopfer.

Wie die dem IS nahestehende Nachrichtenagentur Amaq im Internet erklärte, hätten Kämpfer des Islamischen Staates eine Serie von Bombenangriffen mit Sprenggürteln und -sätzen verübt. Mehrere IS-Kämpfer hätten sich in die Luft gesprengt. Belgien wird in der Nachricht als Land beschrieben, dass an der Koalition gegen den IS beteiligt sei.

Foto von drei Männern
Die Echtheit des Bekenntnisses konnte zunächst nicht überprüft werden. Die Nachrichtenagentur Amaq hat in der Vergangenheit immer wieder Stellungnahmen des IS verbreitet. Sie gilt als eng mit der Terrormiliz verbunden.

Der belgische Sender VRT veröffentliche am Nachmittag ein Foto von drei Männern, die den Anschlag auf den Flughafen verübt haben sollen. Der Sender teilte auf seiner Internetseite mit, die Polizei habe dies bestätigt.

Terrorangst in vielen europäischen Städten
Michel sagte, die Sicherheitskräfte wappneten sich gegen weitere Bluttaten. Auch in vielen anderen europäischen Städten ging die Terrorangst um: Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte patroullierten an Flughäfen und an anderen Verkehrsknotenpunkten. Die Terrorwarnung in Belgien wurde auf die höchste Stufe angehoben. Das Auswärtige Amt in Berlin richtete einen Krisenstab ein.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte Belgien volle Solidarität und Unterstützung bei der Suche nach den islamistischen Attentätern von Brüssel zu. Deutschland werde in jeder Weise mit der belgischen Regierung und den dortigen Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten, «um die Schuldigen für die heutigen Verbrechen zu finden, festzusetzen und zu bestrafen», sagte Merkel. US-Präsident Barack Obama sicherte den Europäern Unterstützung zu.

Mutmassliche Komplizen gesucht
Seit Abdeslams Festnahme suchte Belgien noch mutmassliche Komplizen. In belgischen Medien wird nun über die möglichen Täter und Drahtzieher der Anschläge vom Dienstag spekuliert. Immer wieder taucht vor allem der Name Najim Laachraoui auf. Er war erst vor kurzem identifiziert und zur Fahndung ausgeschrieben worden. Am Dienstag gab es in Brüssel erneut mehrere Razzien. Ermittler seien auf der Suche nach Verdächtigen, die mit den Attentaten zu tun haben könnten, berichtete der Sender RTBF mit Hinweis auf Justizquellen.

Nach Angaben von Augenzeugen ereigneten sich am Dienstagmorgen gegen 8.00 Uhr zunächst am Flughafen kurz nacheinander zwei Explosionen. Zeugen wollen zuvor Schüsse gehört haben. Der Nachrichtenagentur Belga zufolge wurden am Flughafen Waffen gefunden. Belga verwies auf eine gut informierte Quelle, eine Bestätigung gebe es aber nicht. Am Nachmittag sei im Gebäude des Airports eine dritte Bombe gefunden und entschärft worden, hieß es beim Sender RTBF.

Riesige Glasfront zerstört
Auf Bildern vom Brüsseler Flughafen waren blutverschmierte Menschen mit zerrissener Kleidung zu sehen. In einer der Flughafenhallen stürzte offensichtlich durch die Wucht der Explosionen die Deckenverkleidung herab. Eine riesige Glasfront wurde zerstört.

Gegen 9.00 Uhr kam es an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel von Brüssel zu einer Detonation – von hier aus sind es nur wenige Minuten zu Fuss zu wichtigen EU-Gebäuden, etwa zum Sitz der Europäischen Kommission. Die Explosion wurde in einer gerade eingefahrenen U-Bahn ausgelöst. Bilder vom Tatort zeigten einen völlig zerstörten Metro-Wagen.

Kontrollierte Sprengung
Später kam es laut Belga zu einer weiteren Explosion in der Nähe der U-Bahnstation Maelbeek. Dabei handelte es sich aber um eine kontrollierte Sprengung durch Experten, wie der Rundfunk RTBF unter Berufung auf Polizeikreise berichtete.

Der Airport Brüssel-Zaventem wurde geschlossen. Flüge wurden umgeleitet, etwa nach Frankfurt und Düsseldorf. Zudem wurden alle Metro-Stationen und sämtliche Bahnhöfe in Brüssel gesperrt. Die Bahngesellschaft SNCB rief Reisende auf, die belgische Hauptstadt bis auf weiteres nicht anzufahren. Die Deutsche Bahn stellte den Zugverkehr zwischen Aachen und Brüssel ein. Auch der Schutz der belgischen Atomkraftwerke wurde verstärkt. Polizei sei vor Ort, ebenso Militär, hiess es vom Betreiber Engie.

Polizeipräsenz auch in Frankfurt erhöht
Die Behörden im Nachbarland Frankreich erhöhten die Polizeipräsenz an den Grenzen sowie in Bahnhöfen und Flughäfen. Innenminister Bernard Cazeneuve schickte dafür am Dienstag 1600 zusätzliche Polizisten und Gendarmen in den Einsatz, wie er nach einem Krisentreffen bei Präsident François Hollande in Paris ankündigte. Hollande versprach Belgien seine Solidarität: «Frankreich und Belgien sind durch das Grauen verbunden, das wir ein weiteres Mal teilen.»

In Deutschland verstärkte die Bundespolizei ihre Kontrollen, etwa am Flughafen Frankfurt. Bundespräsident Joachim Gauck verurteilte die Anschläge als «schreckliches Verbrechen». Obama sagte auf Kuba: «Wir werden alles tun, was notwendig ist, um unseren Freund und Verbündeten Belgien dabei zu unterstützen, diejenigen vor Gericht zu bringen, die dafür verantwortlich sind.»

Letzter Anschlag vor knapp zwei Jahren
Vor knapp zwei Jahren hat es in Brüssel den bis dahin letzten Anschlag gegeben: Der Islamist Mehdi Nemmouche erschoss im Mai 2014 bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum vier Menschen. Der Täter ist Franzose und wurde später in Frankreich verhaftet und nach Belgien ausgeliefert. (awp/mc/upd/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert