Athen will rasch zweites Hilfspaket

Athen will rasch zweites Hilfspaket

Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou.

Athen – Athen appelliert an die Euro-Länder rasch über ein zweites Hilfspaket für das pleitebedrohte Land zu entscheiden. «Diese Unsicherheit verschreckt Investoren. Wenn wir nicht bald die Entscheidung haben, dass das zweite Programm Griechenland schützt und das Land seine tiefgreifenden Reformen unternehmen kann, wird das Programm selbst unterlaufen», warnte Papandreou in einem Interview der «Financial Times Deutschland».

«Die aktuelle Stimmung hilft uns nicht, aus der Krise herauszukommen», sagte er. Keine Einigkeit herrscht in der EU über einen EU-Sondergipfel. Erst müsse das Griechenland-Programm entscheidungsreif sein, forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem Besuch in Nigeria. Auch nach wochenlangen Debatten sind die Kernfragen weiterer Griechenland-Hilfen unter den Euro-Ländern umstritten. Seit 2010 hängt das pleitebedrohte Land am Finanztropf der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Aus dem ersten 110-Milliarden-Programm sind inzwischen 65 Milliarden Euro freigegeben, über ein zweites Hilfsprogramm im Volumen von bis 120 Milliarden Euro wird diskutiert.

Gläubiger-Beteiligung: Details umstritten
Zu den Hauptstreitpunkten gehören die Details einer Beteiligung privater Gläubiger. Auch ein teilweiser Zahlungsausfall Athens ist nicht mehr tabu. Im Kampf gegen eine weitere Ausbreitung der griechischen Schuldenkrise auf Italien oder Spanien soll auch der Rettungsfonds für klamme Euro-Staaten (EFSF) neue Aufgaben bekommen, was die Aufgabe noch schwieriger macht. Frankreich und Deutschland als grösste Wirtschaftsmächte Europas sind noch nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen, was Ökonomen kritisieren. Solange keine Lösungen auf dem Tisch liegen, bleibt Berlin dem Vernehmen nach auch skeptisch, was den in Brüssel geplanten Sondergipfel der 17 Euro-Staats- und Regierungschefs zur Schuldenkrise angeht.

Merkel: «Lösung muss in sich vernünftig sein»

Kanzlerin Merkel lässt einen Termin für einen EU-Sondergipfel zur Schuldenkrise in Europa weiter offen. Für ein Treffen der Staats- und Regierungschefs müsse die Voraussetzung gegeben sein, dass über ein fertiges Programm für Griechenland entschieden werden könne – «das kann man jetzt nicht sagen», erklärte Merkel am Donnerstag bei ihrem Besuch in Nigeria. Die Finanzminister hätten deutlich gemacht, dass es schnellstmöglich eine Lösung geben müsse. Diese müsse aber auch «in sich vernünftig» sein. In Athen herrschte am Donnerstag Verunsicherung, nachdem Medien berichteten, Griechenland könnte von den grossen Ratingagenturen bald für «selektiv zahlungsunfähig» erklärt werden. Papandreou erklärte bei einer Sitzung des Ministerrats: «Die nächsten Tage werden kritisch sein, das wissen Sie.» Seine Regierung tue «was sie kann», um das Land unter «normalen Bedingungen» aus dem grossen Problem zu führen, hiess es.

«Die EU in Alarmbereitschaft»

Das Blatt «Ethnos» berichtete über fieberhafte Verhandlungen auf höchster EU-Ebene und schrieb: «Die EU in Alarmbereitschaft». Auch die Banken würden intensiv beraten. Internationale Bankenvertreter seien am Donnerstag in Rom erneut zusammengekommen, um über die griechische Schuldenkrise zu beraten, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf Kreise im Wirtschaftsministerium. Unter dem Druck von EU und IWF hatte Papandreou Ende Juni ein umfassendes Reform- und Sparpaket durchs Parlament gebracht, das den Griechen weitere Steuererhöhungen und Leistungskürzungen abverlangt. Bis 2015 will Athen zudem Staatsbesitz im Wert von 50 Milliarden Euro privatisieren. EU und IWF hatten die Verabschiedung des Sparpakets als Voraussetzung für weitere Kreditzahlungen verlangt. Die Europäische Zentralbank (EZB) geht in ihrem jüngsten Monatsbericht davon aus, dass Athen seinen Schuldenstand deutlich verringern kann, allerdings nur dann, wenn die Reform- und Sparpolitik konsequent umgesetzt wird.

Druck an Märkten weiter erhöht
Die Verzögerung der ursprünglich für Anfang Juli geplanten Hilfsbeschlüsse erhöht den Druck an den Märkten. Die Ratingagentur Fitch hatte die Kreditwürdigkeit Griechenlands am Mittwoch auf «CCC» herabgestuft und damit nur knapp vor einem Zahlungsausfall. EU und Währungsfonds hätten noch kein umfassend finanziertes und glaubwürdiges zweites Hilfsprogramm aufgelegt. Zudem sorge die mögliche Beteiligung des privaten Sektors an einem zweiten Hilfspaket für zunehmende Verunsicherung, lautete die Begründung. Bei einem Treffen der Euro-Finanzminister Anfang der Woche wurde deutlich, dass Kernfragen des neuen Griechenland-Notplans weiter umstritten sind. Besonders bei der Einbeziehung von Banken und Versicherungen drehen sich die Europäer im Kreis. Vor allem Deutschland, die Niederlande und Finnland pochen darauf, dass die Privatgläubiger einen «substanziellen Anteil» an dem Paket stemmen.

Papandreou: «Wir stehen allen Ideen offen gegenüber»
Papandreou begrüsste Überlegungen der Euro-Partner, wonach Athen mit Geld aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF eigene Anleihen zur Hälfte des Nennwerts zurückkaufen könnte. «Wir stehen all diesen Ideen offen gegenüber. Diese Idee könnte Griechenland die Schuldenlast erleichtern, aber auch den Schuldendienst», sagte er der «FTD». Die spanische Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado mahnte in der «Süddeutschen Zeitung» vom Donnerstag, die Probleme Griechenlands als Grundübel der Schuldenkrise Europas müssten gelöst werden. «Ich denke, dass wir einer Lösung sehr nahe sind, sobald das zweite Hilfspaket für Griechenland beschlossen ist.» (awp/mc/upd/ps)

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