Schlag gegen Syrien: Nimmt Obama Alleingang in Kauf?

Schlag gegen Syrien: Nimmt Obama Alleingang in Kauf?

Gespanntes Warten auf einen möglichen Einsatzbefehl von US-Präsident Obama. (Official White House Photo by Pete Souza)

Washington – Nach dem britischen Nein zur Beteiligung an einem Militärschlag gegen Syrien richten sich die Augen auf US-Präsident Barack Obama. Mit Spannung wird erwartet, ob er notfalls einen Alleingang in Kauf nimmt, um den syrischen Machthaber Baschar al-Assad wegen des vermuteten Einsatzes von Giftgas in die Schranken zu weisen. Die Chemiewaffen-Experten der Vereinten Nationen schlossen am Freitag ihre Untersuchungen in Syrien ab. Es ist geplant, dass sie an diesem Samstag das Land verlassen und danach Bericht erstatten.

Die US-Regierung will laut CBS News womöglich schon vorher Geheimdiensterkenntnisse zum mutmasslichen Giftgaseinsatz veröffentlichen, bei dem in der vergangenen Woche Hunderte syrische Zivilisten getötet wurden.

US-Präsident Obama, der einen Einsatz chemischer Waffen durch das syrische Regime zur «roten Linie» erklärt hat, will seine Entscheidung von den «Interessen» der Vereinigten Staaten abhängig machen, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin des Weissen Hauses, Caitlin Hayden. «Er ist überzeugt, dass es für die USA um Kerninteressen geht und dass Länder, die internationale Normen verletzen, zur Verantwortung gezogen werden müssen.» US-Verteidigungsminister Chuck Hagel, der derzeit auf Südostasien-Reise ist, bekräftigte, die USA wollten auch nach dem britischen Nein eine internationale Koalition gegen das Regime in Damaskus schmieden.

Frankreich auch ohne UN-Mandat für Militärschlag
Zählen kann Washington wohl weiterhin auf eine Unterstützung Frankreichs. Präsident François Hollande will eine internationale Reaktion gegen Syrien notfalls auch ohne UN-Mandat. «Wenn der Sicherheitsrat nicht in der Lage ist zu handeln, wird sich eine Koalition formieren», sagte Hollande der Tageszeitung «Le Monde». Ein solches Bündnis solle so breit wie möglich sein. Frankreich sei im Rahmen seiner Möglichkeiten bereit.

Cameron gedemütigt
Der britische Premierminister David Cameron zeigte sich nach der Abstimmungsschlappe im Unterhaus enttäuscht. Er werde sich dem Votum des Parlaments beugen, jedoch international weiter für eine «robuste Antwort» auf die – für ihn erwiesene – Anwendung von Chemiewaffen durch das Assad-Regime werben. Die Niederlage Camerons nach mehr als siebenstündiger Debatte wurde in Grossbritannien als Demütigung für den Regierungschef aufgefasst. Viele Abgeordnete hatten die Situation mit der vor dem Irak-Krieg 2003 verglichen. Damals hatte Labour-Premier Tony Blair aufgrund nicht gesicherter US-Geheimdienstinformationen Truppen geschickt.

Kritik auch in den USA
Auch in Washington gibt es Widerstand: Viele Abgeordnete und Senatoren äusserten sich zurückhaltend zu einem Militäreinsatz. Bei einer Telefonkonferenz zwischen Regierungs- und Kongressmitgliedern, an der auch Aussenminister John Kerry und Verteidigungsminister Chuck Hagel teilnahmen, wurde Kritik an den hohen Kosten eines Einsatzes laut. Zudem hätten mehrere Parlamentarier einen sinnvollen Schlachtplan mit klaren Zielen vermisst oder handfeste Beweise für die Verantwortung des syrischen Regimes an dem Giftgasangriff, berichteten US-Medien.

Russland will von Vetorecht Gebrauch machen
Moskau will mit seinem Vetorecht im UN-Sicherheitsrat jede UN-Resolution für einen Militäreinsatz verhindern. «Russland lehnt jeden Beschluss des Weltsicherheitsrates ab, der die Möglichkeit einer Gewaltanwendung vorsieht», sagte Vizeaussenminister Gennadi Gatilow der Agentur Itar-Tass. Als enger Partner des syrischen Regimes warnt Moskau vor einem Flächenbrand im Nahen Osten.

Die Europäische Union will die Syrienkrise beim G20-Gipfel in der kommenden Woche in St. Petersburg nicht auf die Tagesordnung setzen. Die G20 seien kein Forum für die Aussenpolitik, sagte ein EU-Diplomat am Freitag in Brüssel. «Syrien ist nicht auf der Tagesordnung.» Russlands Präsident Wladmir Putin hatte schon vorher erklärt, dass Syrien kein Thema der G20 sein solle. (awp/mc/pg)

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