Siemens: Schuldenkrise und hausgemachte Probleme belasten

Siemens: Schuldenkrise und hausgemachte Probleme belasten

Siemens-Vorstandschef Peter Löscher.

München – Der Elektrokonzern Siemens ist im ersten Geschäftsquartal von den Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise und den Turbulenzen der Weltkonjunktur erwischt worden. Die Kunden bestellten weniger. Zudem drückten kostspielige Projektverzögerungen überraschend deutlich auf den Gewinn, während der Umsatz dank des dicken Auftragspolsters aus dem Vorjahr noch leicht zulegte.

«Die Unsicherheiten der anhaltenden Schuldenkrise haben auch in der Realwirtschaft Spuren hinterlassen», sagte Vorstandschef Peter Löscher am Dienstag in München zur Hauptversammlung. Öffentliche Budgets seien angespannt und die Sorgen vor Kreditengpässen bremsten die Investitionsbereitschaft. Löscher rechnet damit, «dass Europa in eine milde Rezession gleiten wird». Auf dem Aktienparkett schlug sich die Unsicherheit in kräftigen Abschlägen für die im Dax notierte Aktie nieder. Die Titel verloren am Mittag 3,85 Prozent auf 75,38 Euro, während der Leitindex um knapp ein Prozent nachgab. Börsianer verwiesen auf die enttäuschenden Umsatz- und Gewinnzahlen. Nur das Gesundheitsgeschäft habe die Erwartungen erfüllt. Zudem hätten die vorsichtigen Aussagen zum Ausblick belastet.

«Müssen hart arbeiten»

«Auch wenn in der zweiten Jahreshälfte eine Erholung erwartet wird, müssen wir hart arbeiten um unsere Ziele zu erreichen», sagte Löscher. Der Manager bekräftigte aber den Ausblick. Für das Geschäftsjahr hat sich Siemens ein Umsatzplus zwischen drei und fünf Prozent und einen Auftragseingang über den Erlösen vorgenommen. Der Gewinn aus fortgeführtem Geschäft soll weiterhin sechs Milliarden Euro erreichen.

Auftragseingang rückläufig

Der Auftragseingang sank – auch wegen einiger Grossaufträge im Vorjahr – um eine Milliarde Euro auf 19,8 Milliarden Euro. Besonders deutlich war der Rückgang in China mit minus 17 Prozent. Der Auftragsbestand insgesamt wuchs indes weiter an und liegt mittlerweile bei 102 Milliarden Euro. Der Umsatz legte wegen des dicken Auftragspolsters auf 17,9 Milliarden Euro leicht zu. Das Ergebnis der mittlerweile vier Kerngeschäftsfelder Industrie, Energie, Gesundheit sowie Infrastruktur und Städte, das Siemens als Sektorenergebnis ausweist, brach von 2,08 Milliarden Euro auf 1,6 Milliarden Euro ein. Unter dem Strich standen noch 1,46 Milliarden Euro, knapp 300 Millionen Euro weniger als vor einem Jahr.

Energiegeschäft: Profit bricht um mehr als ein Drittel ein

Operativ lief es holprig. Beim wichtigen Gewinnbringer, dem Energiegeschäft, brach der Profit um mehr als ein Drittel ein. Schuld hatte unter anderem der Preisdruck bei erneuerbaren Energien und Verzögerungen bei Windkraftprojekten, die allein 202 Millionen Euro Gewinn kosteten. Besser schlugen sich die Gasturbinen. Bei der Gesundheitstechnik lastete ein laufender Umbau auf den Gewinnen des ansonsten stabilen Geschäfts. Im Industriegeschäft stieg der Umsatz um fünf Prozent, während die Bestellungen und Gewinn sanken. Höhere Ausgaben für den Vertrieb und ein schlechterer Umsatzmix drückten den Profit. Auch dem neuen Sektor Infrastruktur & Städte machten Verzögerungen bei der Auslieferung des Schnellzugs Velaro D an die Deutsche Bahn zu schaffen, was den Gewinn drückte.

Osram-IPO-Pläne haben Bestand
Die Börsenpläne für die Lichttochter Osram haben unterdessen Bestand. Ein IPO sei für 2012 weiterhin vorgesehen, sagte Finanzchef Joe Kaeser. Den eigentlich für vergangenen Herbst anvisierten Börsengang hatten die turbulenten Aktienmärkte und eine Abschwächung des Lichtmarkts torpediert. Vom Sorgenkind, dem unter harten Wettbewerb leidenden Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks, droht neues Ungemach: Im zweiten Quartal sei mit Belastungen aus dem Stellenabbau zu rechnen, sagte Kaeser. Zur Höhe wollte er keine genaue Aussagen treffen, deutete aber Kosten in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags an.

Auch General Electric spoürt Unsicherheit

General Electric (GE) als wichtigster Konkurrent und Erzrivale des deutschen Elektrokonzerns verbuchte im vergangenen Quartal – bereinigt um Einmaleffekte aus einem Verkauf – ein Umsatz- und Gewinnplus. Jedoch merkt auch GE die europäischen Konjunkturturbulenzen und erlitt etwa bei seinen medizinischen Apparaten einen Umsatzrückgang. Vorstandschef Jeff Immelt will nun gegensteuern und das Europa-Geschäft insgesamt umbauen – wie er das schaffen will, liess er offen. Siemens konkurriert in einer ganzen Reihe seiner Geschäftsfeldern mit GE. Etwa bei der Windkraft, Kraftwerken, Zügen oder der Medizintechnik. Die europäischen Rivalen, ABB und Philips , legen ihre Bilanzen für die drei letzten Monate des vergangenen Jahres erst später vor. (awp/mc/upd/ps)

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