VW geht Machtübernahme bei MAN behutsamer an

VW geht Machtübernahme bei MAN behutsamer an

Volkswagen-Patriarch Ferdinand Piëch.

München – MAN-Grossaktionär Volkswagen schaltet bei der Machtübernahme beim Münchner Nutzfahrzeugkonzern MAN einen Gang zurück. Die Kandidatur von drei führenden VW-Managern für den MAN-Aufsichtsrat, darunter VW-Chef Martin Winterkorn, zog VW-Patriarch Ferdinand Piëch keine halbe Stunde nach Beginn der MAN-Hauptversammlung am Montag zurück.

Mit diesem Schritt nahm der MAN-Chefaufseher, der den gleichen Posten auch bei Volkswagen inne hat, der Kritik der Anteilseigner viel Wind aus den Segeln. Sie hatten moniert, dass die drei Manager die gleiche Rolle bei der VW-Tochter Scania einnehmen. VW arbeitet an der Allianz der beiden Lastwagenhersteller unter dem VW-Dach. Die EU-Kommission habe empfohlen, die drei Kandidaten, neben dem VW-Chef den VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch und VW-Nutzfahrzeugvorstand Jochem Heizmann, sollten ihre Posten im MAN-Kontrollgremium erst nach der kartellrechtlichen Genehmigung der Übernahme einnehmen, erläuterte Piëch. Daraufhin sei ihre Kandidatur hinfällig geworden, und sie stünden bis zur Freigabe des Fusionsvorhabens durch EU-Kommission nicht zur Verfügung.

Neue Kandidaten
Von den neuen Kandidaten kommt nur einer aus dem VW-Konzern: Audi-Einkaufsvorstand Ulf Berkenhagen soll erneut in das Kontrollgremium einziehen. Damit bliebe auch das bisherige Machtverhältnis mit drei VW-Managern unter den acht Vertretern der Anteilseigner bestehen. An der Börse notierten die MAN-Aktien im Nachmittagshandel mit einem halben Prozent im Plus bei 94,15 Euro. Die im Dax notierten VW-Vorzugsaktien legten im Tagesverlauf stärker um mehr als ein Prozent zu.

Kartellrechtliche Prüfung
Dass Volkswagen in der Frage der Aufsichtsratsbesetzung dem Hinweis der EU-Kommission folgt, zeigt, dass die kartellrechtliche Genehmigung in keiner Weise gefährdet werden soll. Nach Meinung von Branchenbeobachtern war die Prüfung einer möglichen späteren Fusion der beiden Unternehmen MAN und Scania das Hauptmotiv für das im Mai ausgelöste Pflichtangebot. Anschliessend könnte Volkswagen nach und nach am Markt weitere Aktien zukaufen. Branchenexperten rechnen damit, dass am Ende eine vollständige Kontrolle von MAN durch VW stehen wird.

«MAN, VW und Scania von industrieller Logik überzeugt»
Grundsätzlich begrüsst MAN ein engeres Zusammenrücken mit dem Konkurrenten Scania, einen Plan, den die Münchner schon vor fast fünf Jahren selbst aktiv vorantrieben. «Von dieser industriellen Logik sind MAN, VW und Scania überzeugt und dafür sind wir auch die richtigen Partner», sagte MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen vor den Aktionären. Eine enge Zusammenarbeit der drei Konzerne biete für alle Beteiligten grosse Vorteile und werde die Wettbewerbsfähigkeit der Partner stärken.

Absage an Alleingang
«Um die Potenziale der Globalisierung und des technologischen Wandels zu nutzen, sollten wir uns nicht für einen Alleingang entscheiden», sagte der MAN-Chef. Formell lehnt MAN das vorliegende Übernahmeangebot von 95 Euro je Aktie jedoch als zu niedrig ab. Volkswagen strebt zunächst eine Aufstockung der Beteiligung auf 35 bis 40 Prozent an, um sich angesichts der üblichen Präsenz bei Aktionärstreffen die Mehrheit auf Hauptversammlungen zu sichern. Bislang wurden aber nur gut ein Prozent der Stammaktien angedient. «Der bisherige Verlauf des Pflichtangebots entspricht unseren Erwartungen», hiess es in einer VW-Mitteilung. Die Angebotsfrist läuft noch bis Mittwoch.

Aktionäre kritisieren Piëchs Doppelrolle
Nachdem der Hauptkritikpunkt aus dem Weg geräumt war, rieben sich Aktionärsvertreter vor allem an der Doppelrolle von Ferdinand Piëch. «Vertreten Sie heute die Rechte der MAN-Aktionäre, die einen hohen Preis für ihre Aktie erhalten möchten, oder vertreten Sie die VW-Aktionäre, die natürlich entgegengesetzte Interessen verfolgen und MAN zu günstigen Konditionen kaufen möchten?», fragte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment. Speich empfahl, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten und forderte sogar die Neubesetzung der Aufsichtsratsspitze. Lob gab es dagegen von allen Seiten für den MAN-Vorstand.

Geschäft brummt
Schliesslich läuft das Geschäft mit den Lastwagen, Bussen, Dieselmotoren und Turbomaschinen nach der tiefen Krise wieder rund. Für das zweite Quartal will der MAN-Chef bei der Zwischenbilanz eine «ähnlich gute Entwicklung» wie im ersten Quartal vermelden. Im ersten Jahresviertel 2011 stieg der Umsatz um knapp ein Fünftel auf 3,7 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis wurde auf 325 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Im laufenden Jahr will MAN den Umsatz um sieben bis zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert von 14,7 Milliarden Euro steigern. (awp/mc/ps)

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