WEF 2019: Handelsstreit und zunehmender Protektionismus unter Beschuss

WEF 2019: Handelsstreit und zunehmender Protektionismus unter Beschuss
(© WORLD ECONOMIC FORUM/swiss-image.ch)

Davos – Am WEF wollen wieder Wirtschaftskapitäne und Politiker über brennende Themen reden. An solchen mangelt es sicher nicht. Dass die Trumps, Macrons und Mays wegen innenpolitischer Affären zuhause bleiben, zeigt auch, dass die Probleme auf der Welt nicht kleiner werden.

Kurz vor Beginn des 49. World Economic Forums (WEF) am Dienstag in Davos zeichnet dieses in einem Risikobericht ein düsteres Bild vom Zustand der Welt: Während die Bedrohungen und die Spaltung zunähmen, fehle der kollektive Wille, diese zu bekämpfen.

Die angekündigten Diskussionen und Anlässe, aber auch die informellen Treffen – das WEF dient eben insbesondere auch der Kontaktpflege abseits des offiziellen Programms – drehen sich um die aktuellen geopolitische Krisen. Die Handelskonflikte und die zunehmende Abschottung einzelner Länder werden in Podiumsrunden etwa von IWF-Chefin Christine Lagarde oder EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström angesprochen. Die drängende Frage lautet, wie eine Eskalation der Handelskonflikte verhindert werden kann.

«Discovering Happiness»
Das Forum will sich zudem mit der Zukunft der Weltwirtschaft, den unbeständigeren Finanzmärkten und der weltweit steigenden Schuldenlast befassen sowie mit dem Klimawandel. Nicht zu kurz kommen dürften auch Themen wie Cyberattacken und Datenklau als die grossen Gefahren dieser Zeit.

Das Motto in diesem Jahr lautet denn auch «Globalisierung 4.0: Eine globale Architektur im Zeitalter der vierten industriellen Revolution gestalten».

Nicht zuletzt adressieren in diesem Jahr auffallend viele Workshops und Seminare psychische Probleme, die mit dem Wandel einhergehen. Immer mehr Menschen leiden unter ungeregelten Arbeitszeiten, und es herrscht eine Kultur des immer erreichbar Seins. Eine Aussage des diesjährigen WEF ist daher auch: Es ist wichtig, mental gesund zu sein, sich gesund zu ernähren und nicht zuletzt glücklich zu sein. Wie also mit Stress umgehen und wie Depressionen behandeln?

Zusammenarbeit nie dringender …
Das Forum hat es sich auf die Fahnen geschrieben, diese Probleme der Welt anzugehen. Und laut den Veranstaltern war es nie dringender zusammenzuarbeiten als gerade jetzt. Im Widerspruch dazu steht, dass Spitzenpolitiker wie US-Präsident Donald Trump, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May wegen der Krisen in ihren Heimatländern nicht dabei sein werden, um mitzureden.

Es gehe um langfristige Lösungen für die Welt, unabhängig von den nächsten Wahlen oder den nächsten Finanzzahlen, sagte WEF-Gründer Klaus Schwab an einer Medienkonferenz im Vorfeld der Forumswoche am Hauptsitz in Cologny GE «Wir haben keine nachhaltigen Visionen», beklagte er.

In diesem Jahr sollen vor allem auch junge Menschen sowie Benachteiligte zu Wort kommen. «Wir müssen uns auch um die Verlierer kümmern», sagte der 80-jährige Schwab. Die vierte Welle der Globalisierung müsse den Menschen im Fokus haben und inklusiv sein.

Von Gegnern wird gerade das WEF allerdings schon immer als Elitetreff kritisiert, bei dem wenige über das Schicksal von vielen entscheiden. Nichtsdestotrotz werden wieder über 3000 Teilnehmer aus mehr als 110 Ländern auf dem «Zauberberg» auf 1500 Meter zusammenkommen. Darunter über 60 Staats- und Regierungschefs.

… doch Innenpolitik hat Priorität
Von einem Extrem ins andere: Nachdem im vergangenen Jahr die Amerikaner mit dem Auftritt von Trump den gesamten Event dominiert haben, wird sich in diesem Jahr niemand aus der US-Regierung nach Davos begeben. Bis zuletzt hatte es nach der Absage des Präsidenten noch den Anschein, dass ihn sein Finanzminister Steven Mnuchin trotz des «Shutdowns» gebührend vertreten würde und mit US-Aussenminister Mike Pompeo, Handelsminister Wilbur Ross und dem Handelsbeauftragten Robert Lighthizer anreist.

Es verwundert angesichts des Brexit-Desasters des weiteren auch nicht, dass sich May in diesem Jahr ebenfalls nicht erneut auf den Weg in die Bündner Berge machen wird. Auch aus China kommt nur die Nummer zwei: Staats- und Parteichef Xi Jinping wird in diesem Jahr nicht ein weiteres Mal erscheinen. Stattdessen reist Vizepräsident Wang Qishan an. Zudem glänzt auch der russische Präsident Wladimir Putin mit Abwesenheit.

Es fehlt in diesem Jahr also an grossen «Stars» der politischen Weltbühne. Die Teilnehmerliste fällt deutlich weniger prominent aus als in den Jahren zuvor.

Weniger Show, mehr Inhalte
Gross angekündigt wurde derweil Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro. Zudem werden sowohl die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Japans Regierungschef Shinzo Abe am Mittwoch eine Rede halten. Auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz wird sich am WEF zu Europa äussern.

Der Schweizer Bundespräsident hält traditionell eine Eröffnungsrede. Daher wird in diesem Jahr Ueli Maurer gemeinsam mit Schwab am Dienstag das Treffen der Wirtschafts- und Politelite eröffnen. Begleitet wird Maurer an das WEF von Innenminister Alain Berset, Aussenminister Ignazio Cassis und vom frischgebackenen Wirtschaftsminister Guy Parmelin.

Maurer will unter anderem mit EU-Vertretern über das heikle Thema Rahmenabkommen sprechen. Die EU ist mit sechs Kommissaren vertreten: neben Handelskommissarin Malmström unter anderen auch durch Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.

Zum Abschluss der Woche wird Parmelin zum alljährlichen informellen WTO-Ministertreffen einladen. (awp/mc/ps)

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