Ukraine-Krieg und Omikron: Weltwirtschaft unter Druck

Ukraine-Krieg und Omikron: Weltwirtschaft unter Druck
(Image by Markus Distelrath from Pixabay)

Genf – Der russische Krieg gegen die Ukraine hinterlässt deutliche Spuren in der Weltwirtschaft. Die Welthandelsorganisation (WTO) hat ihre Wachstumsprognose für das globale Bruttoinlandsprodukt 2022 am Dienstag deutlich von 4,1 auf 2,8 Prozent gesenkt. Der Warenhandel werde aber wohl trotz des Krieges wachsen, wenn auch nur um 3 Prozent statt der im Oktober angenommenen 4,7 Prozent.

Wenige Stunden vor dieser Prognose war die WTO in einer separaten Ukraine-Analyse mit anderen Rechenmodellen noch von einem Weltwirtschaftswachstum von 3,1 bis 3,7 Prozent ausgegangen.

Für die gesenkten Prognosen sei nicht nur der Krieg verantwortlich, betonte WTO-Chefökonom Robert Koopman. Die Corona-Variante Omikron, das Auslaufen von Corona-Hilfen, hohe Inflation und steigende Zinsen hätten die Aussichten schon vorher getrübt. Nun kämen in China noch die Corona-Lockdowns hinzu. Das erschwere die Güterverschiffung zu einem Zeitpunkt, als es nach Entspannung bei den Lieferketten aussah.

Weltwirtschaftswachstum von 3,2 Prozent möglich
2023 hält die WTO wieder ein Weltwirtschaftswachstum von 3,2 Prozent für möglich. Der Welthandel dürfte im kommenden Jahr nach jetzigen Annahmen um 3,4 Prozent wachsen.

WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala warnte Länder davor, als Reaktion auf den Krieg separate Handelsblöcke aufzubauen. «Das käme mit bedeutenden Kosten für die Weltwirtschaft», sagte sie. Vielmehr sollten Länder das multilaterale Handelssystem ausbauen und neue, ärmere Länder als Handelspartner in Betracht ziehen. Diese litten besonders unter den Kriegsfolgen. Allein in Afrika importierten 35 Länder Weizen und anderes aus Russland oder der Ukraine, sagte Ngozi.

«Ärmere Länder sind durch den Krieg grossen Risiken ausgesetzt, weil sie im Vergleich zu reicheren Ländern einen grösseren Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben», schrieb die WTO. «Das könnte Folgen für die politische Stabilität haben.» Ngozi warnte vor Nahrungsmittelunruhen und verwies auf die Proteste in Sri Lanka.

Zuversicht der Verbraucher sinkt
Folgen für die Weltwirtschaft haben den Angaben nach nicht nur Unterbrechungen russischer und ukrainischer Exporte von Energie, Getreide und Sonnenblumenprodukten. Russland sei auch einer der Hauptlieferanten von Palladium und Rhodium für die Herstellung von Katalysatoren für Autos, die Ukraine versorge die Halbleiterindustrie mit Neon. Folgen hätten auch die Sanktionen gegen Russland sowie Nachfragerückgänge im Rest der Welt, weil die Zuversicht der Verbraucher sinke.

Die Mehrheit der deutschen Exporteure rechnet trotz allem in diesem Jahr mit einem Umsatzanstieg, wie aus einer Umfrage des Kreditversicherers Allianz Trade (früher Euler Hermes) hervorgeht. Die Zahl der Optimisten ist aber gesunken. Vor dem Ukraine-Krieg rechneten 93 Prozent mit einem Anstieg, inzwischen noch 84 Prozent.

«Die russische Invasion in der Ukraine und der erneute Ausbruch von Covid-19 in China treffen den Welthandel doppelt hart mit geringeren Mengen und höheren Preisen», erläuterte Ana Boata, Volkswirtin bei Allianz Trade. Durch Umwege wegen des Krieges und Hafenschliessungen gebe es lange Transportzeiten. «Somit bleiben dem Welthandel Verspätungen und hohe Frachtraten länger erhalten als ursprünglich erwartet – auch aufgrund der hohen Energiepreise.»

Hinzu kommen stark gestiegene Transportkosten. «Die meisten deutschen Unternehmen gehen davon aus, dass sich weder bei Transportkosten noch -zeiten 2022 Entspannung abzeichnen wird», berichtete Milo Bogaerts, Chef von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. (awp/mc/pg)

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