André Rüegg, CEO Bellevue Group und Bellevue Asset Management, im Interview

André Rüegg, CEO Bellevue Group und Bellevue Asset Management, im Interview
André Rüegg, CEO Bellevue Group und Bellevue Asset Management. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Rüegg, nach Horrorwochen an den Börsen, was sind da für Sie als Asset Manager die allergrössten Herausforderungen?

André Rüegg: Das Corona-Virus prägt das Weltgeschehen und zeitigt auch gravierende Verwerfungen auf den globalen Finanzmärkten. Niemand kann die Auswirkungen einschätzen, eines ist jedoch klar: Die Krise geht länger und ist viel heftiger als erwartet. In einer solchen Ausnahmesituation gilt es insbesondere die Kundenvermögen zu schützen, aktiv zu informieren und die Anlagelösungen bestmöglich zu managen. Wir glauben an unsere Anlagethemen, auch in der Krise. Dennoch gilt es aufgrund der gesunkenen Kundenvermögen und der entsprechend tieferen Ertragssituation zeitnah die Kostenseite anzupassen.

Hat die Panik bei den kotierten Aktien auch Folgen im Segment Venture Capital und Private Equity?

Grundsätzlich ist momentan die Lust zum Anlegen natürlich eher gering, wenngleich es weiterhin interessante Privatmarktanlage gibt. Der Risikoappetit ist jedoch auch bei unternehmerischen Private Equity-Investoren begrenzt, da momentan auch private gehaltene Unternehmen von der Ausnahmesituation betroffen sind.

Haben Sie in diesem Umfeld schon ein Planungsdatum für die Auflage Ihres neuen Private Equity Funds?

Der neue Fonds sollte voraussichtlich ab 3. Quartal 2020 für Investoren zugänglich sein. Die Lancierung ist natürlich auch von der Marktentwicklung abhängig.

«In einer solchen Ausnahmesituation gilt es insbesondere die Kundenvermögen zu schützen, aktiv zu informieren und die Anlagelösungen bestmöglich zu managen. Wir glauben an unsere Anlagethemen, auch in der Krise.»
André Rüegg, CEO Bellevue Group und Bellevue Asset Management

Bei all dem Wirbel gingen die ansprechenden Zahlen der Bellevue Group fast unter. Der operative Gewinn konnte fast um ein Drittel gesteigert werden, und es gab 422 Millionen Neugeld. Könnten die jetzigen Ausverkaufskurse bald einmal zu einem Run nach Assets führen?

Das gute Resultat im vergangenen Geschäftsjahr zeigt insbesondere, dass Bellevue in einem normalen Umfeld über ein rentables Geschäftsmodell verfügt. Unsere Ertragskraft schafft Reserven, und wir sind solide finanziert. Natürlich bieten die signifikanten Marktkorrekturen Einstiegsmöglichkeiten, sowohl für bestehende Investoren und insbesondere für Anleger, die bisher an der Seitenlinie gewartet hat. Dabei ist primär auf qualitativ hochstehende Anlagelösungen zu setzen.

«Natürlich bieten die signifikanten Marktkorrekturen Einstiegsmöglichkeiten.»

Bedeutet die Coronavirus-Pandemie Zulauf für den BB Healthcare Trust?

Der BB Healthcare Trust wie auch der BB Biotech bewegen sich mit dem Markt. Aufgrund der Kursrückgänge ergeben sich nun Einstiegschancen, und insbesondere der nachhaltige Healthcare-Bereich eignet sich dafür.

Inklusive der Sonderausschüttung aus dem Beteiligungsverkauf an der SIX Group kommt man jetzt auf 18% Dividendenrendite. Da die Gewinnreserven stark angestiegen sind, könnte das ja so weiter gehen?

Angesichts der jüngsten Entwicklungen sind Prognosen zu künftigen Dividenden momentan nicht möglich, da diese ja insbesondere auch von der künftigen Geschäftsentwicklung abhängt. Grundsätzlich wird die Bellevue Group auch künftig an der aktionärsfreundlichen Dividendenpolitik der letzten Jahre festhalten.

BB Biotech macht zwei Drittel Ihrer AuM aus. Wollen Sie die beiden anderen Anlagestrategien (alternativ und traditionell) stärker steigern, um ausbalancierter zu sein?

Dank der Diversifikation unserer Anlagekompetenzen beträgt der Anteil von BB Biotech an den betreuten Kundenvermögen heute rund einen Drittel. Es ist weiterhin unser Ziel, die Erträge der Bellevue Group noch stärker zu diversifizieren. Dazu streben wir bei unseren Anlagen eine gesunde Balance zwischen Spezialitäten und Diversifikation an.

Klassische Anleihe- oder gar Mischstrategien dürften es wohl auch in den nächsten Jahren wegen des Zinsumfeldes schwierig haben?

Aktuell sind alle Anlagenstrategien stark unter Druck. Je nach Szenario könnten die klassischen Anleihen- und Mischstrategien durchaus wieder an Bedeutung gewinnen. In unserem Produktangebot sind diese Strategien klar unter dem Aspekt der Diversifikation zu sehen und somit auch als Absicherung unseres Angebots- und Ertragsmix. Anleihen- und Mischstrategien waren in der nun wohl abgeschlossen Phase des Bullmarktes nur sehr bedingt gefragt und verzeichneten entsprechende Vermögensabflüsse.

Die übernommene adbodmer AG ist spezialisiert auf die Entwicklung, Vermittlung und Betreuung von KMU- Direktbeteiligungen in der DACH-Region. Wie ist da die Stückelung für Investoren?

Privatmarktanlagen sind sehr unterschiedlich und entsprechend verschiedenen sind auch die jeweiligen Beteiligungen. Eine durchschnittliche Transaktions-Grösse liegt so zwischen 30-50 Millionen Franken und die individuellen Beteiligungen im tiefen einstelligen Millionen-Bereich. Die Beteiligung hängt auch immer von der persönlichen Anlagesituation des Investors ab. Mit dem bald lancierten Private Equity Fonds wollen wir diese interessante Anlageklasse einem grösseren Investorenkreis zugänglich machen.

Was bedeutet jetzt der Vollzug des Brexits für Ihren neuen Standort London?

Dank unserer internationalen Aufstellung mit den drei Standorten in der Schweiz, Deutschland und UK sind wir auf solche Entwicklungen gut vorbereitet. UK bleibt trotz Brexit ein attraktiver Markt, da Trusts als Anlagevehikel sehr beliebt sind und insbesondere in London sehr viele Investment-Talents zu finden sind. Vor diesem Hintergrund sehen wir weiterhin mehr Chancen als Gefahren auf dem UK-Markt.

Gibt es Neuigkeiten vom Verkauf Ihrer Bank am Bellevue?

Mit Bestürzung und grossem Bedauern haben wir gerade vom Tod von Jürg Zeltner (CEO der KBL European Private Bankers, welche die Bank am Bellevue kaufen will, A.d.R.) Kenntnis genommen. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen, denen wir viel Kraft wünschen. Alle formellen Vollzugsbedingungen sind jedoch vorbereitet und erfüllt. Wir warten einzig noch auf die Zustimmung der Aufsichtsbehörden im In- und Ausland.

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