Andreas Amstutz, CEO Sharely

Andreas Amstutz, CEO Sharely

Andreas Amstutz, CEO Sharely. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Amstutz, seit Ende November ist die Sharing-Plattform Sharely online, auf der Alltagsgegenstände vermietet und gemietet werden können. Wie ist Sharely gestartet?

Andreas Amstutz: Sharely.ch ist gut gestartet! Wir haben bereits mehrere hundert Nutzer auf der Plattform und ebenso viele Objekte, welche zur Vermietung stehen. Darunter gibt es übrigens ein paar hochkarätige, wie z.B. einen 3D-Drucker oder eine Segeljacht. Viele Gegenstände passen auch gut zur Jahreszeit wie z.B. Schlitten, Schneeschuhe, Fondue-Sets usw. Das Schöne an Sharely ist, dass quasi jeder Nutzer werden kann, sei es als Vermieter oder als Mieter. Wir haben viel positives – und auch konstruktives – Feedback erhalten. Darauf setzen wir stark, wir möchten die outside-in-Perspektive nie verlieren. Bereits haben wir erste Anpassungen aufgrund von Kundenfeedbacks umgesetzt.

Wie ist der Begriff Alltagsgegenstand bei Sharely definiert?

Wir haben bewusst keinen grossen Fokus gesetzt bei den erlaubten Gegenständen, wir schliessen nur Autos und Immobilien aus – dies aus versicherungsrechtlichen Gründen. Ansonsten sind dem Begriff „Alltagsgegenstand“ fast keine Grenzen gesetzt, das kann ein Beamer sein, ein Garten- oder auch ein Sportgerät sein. Vor der Veröffentlichung überprüfen wir alle Objekte kurz und schauen, dass kein unpassender Inhalt publiziert wird. Wir möchten die umfassende Plattform sein, aus Sharely.ch soll man alles mieten können, was man kurzfristig und flexibel benötigt. Wir grenzen uns ab von Plattformen, welche Dienstleistungen vermitteln und von solchen, auf denen man Gegenstände verschenken oder verkaufen kann. Sharely steht ganz klar für Mieten / Vermieten von Alltagsgegenständen.

Lassen Sie uns an zwei Beispielen erläutern, wie Sharely funktioniert. Ich benötigte für einige Tage eine Werkbank. Diese wird mir auf Sharely für 5.- pro Tag angeboten. Wie gehe ich vor?

In diesem Fall gehen Sie auf Sharely, suchen nach der Werkbank und wählen dann diejenige, welche Ihnen am besten passt. Sie sehen bei jedem Objekt den Preis pro Tag, die Bewertung sowie die Distanz zu Ihnen. Nun stellen Sie eine Mietanfrage an den Vermieter, nicht etwa per Mail, sondern über die Plattform, d.h. Sie wählen die gewünschte Mietperiode und geben das Zahlungsmittel ein. Wenn der Vermieter nun Ihre Anfrage bestätigt, wird der entsprechende Betrag abgebucht, wenn er ablehnt, wird Ihre Zahlungskarte nicht belastet. Sie zahlen dann einfach die Anzahl Tage mal 5.- CHF. Normalerweise holt der Mieter das Objekt ab und bringt es wieder zurück. Beim Beispiel der Werkbank gehen Sie evtl. besser beim Vermieter vorbei.

Nach dem Umbauprojekt benötige ich eine Stichsäge für längere Zeit nicht mehr und würde diese nun gerne selbst vermieten…

Auch das ist ganz einfach: Sie können die Stichsäge aus Sharely anbieten, indem sie einen Titel wählen, ein Bild hochladen, eine Beschreibung hinzufügen und den Preis pro Tag definieren. Sie können z.B. 10.- pro Tag verlangen, davon erhalten Sie dann nach der Miete 8.- ausbezahlt. Sie haben dabei immer die Kontrolle über die Stichsäge, denn jede Mietanfrage können sie annehmen oder ablehnen. Haben Sie die Mietanfrage bestätigt, klären Sie im Anschluss mit dem Mieter die Details der Übergabe.

«Einfache Prozesse auf der Seite waren für uns zentral. Dazu gehört natürlich auch das Zahlungssystem.»
Andreas Amstutz, CEO Sharely

Und was passiert, wenn meine Stichsäge beim Mieter kaputt geht?

Das ist ein wichtiger Punkt. Grundsätzlich haften Sie als Mieter, aber die allermeisten Privathaftpflichtversicherungen zahlen auch für Schäden an gemieteten Objekten. Das heisst: bei grösseren Schäden können Sie sich an Ihre Privathaftpflichtversicherung wenden. Sharely ist es aber wichtig, dass die Nutzer beim Mieten und Vermieten ein gutes Gefühl haben. Deshalb haben wir die sogenannte „Sharely Kulanz“ eingerichtet. Wir können den Kunden daraus bis zu 300.- pro Person und Jahr auszahlen – eine ideale Ergänzung zur Privathaftpflichtversicherung. Wir können also bei kleineren Schäden oder für die Übernahme des Selbstbehalts einspringen. Wir sind überzeugt, dass sich die Nutzer von Sharely fair verhalten und zu den Objekten Sorge tragen. Und falls doch mal etwas passiert, kommt der eben beschriebene Prozess zum Zug.

Wie wickelt Sharely den Zahlungsverkehr ab?

Einfache Prozesse auf der Seite waren für uns zentral. Dazu gehört natürlich auch das Zahlungssystem. Wir wollten nicht mehrere Zahlungsströme haben, sondern nur einen: Der Mieter zahlt im Voraus 100% an Sharely und wir zahlen dem Vermieter nach der Miete 80% davon aus. Das hat den Vorteil, dass nie mit Bargeld bezahlt werden muss und der Vermieter mit Sicherheit zu seinem Geld kommt. Auch wenn eine Mietanfrage bestätigt ist, kann sie jederzeit bis um 20 Uhr des Vortags des Mietbeginns von beiden Seiten storniert werden – und das Geld wird zurück überwiesen.

Wie sieht das Sharely Business-Modell aus? Wieviel verdient Sharely an den einzelnen Deals?

Wir verdienen nur dann etwas, wenn auch der Vermieter etwas verdient. Wir behalten uns 20% des Mietpreises ein, bieten dafür aber auch einiges an Service: das ganze Zahlungssystem auf der Plattform, Erinnerungen per SMS, die „Sharely Kulanz“ sowie unseren Support. Wir verlangen keine Einstell- oder Jahresgebühr. Man muss auch sehen: Mit Sharely haben wir ein Angebot geschaffen, mit welchem theoretisch jeder Haushalt mit seinen Gegenständen Geld verdienen kann. Sharely soll nicht nur eine nachhaltige Lösung sein, sondern auch auf einem nachhaltigen Business-Modell fundieren: wir möchten die Seite technisch weiter entwickeln und stecken momentan viel Ressourcen in die Kundenakquise.

«Viele Leute möchten einen anderen Lebensstil pflegen, sinnvoller konsumieren, sozialer agieren und das Erlebnis anstatt das Produkt in den Fokus stellen.»

Sharley setzt einerseits auf ökonomische Vorteile für die Mieter und Vermieter, andererseits auch auf ökologische. Welches sind die weiteren Vorteile?

Sharely geht ja weit über den ökonomischen sowie ökologischen Aspekt hinaus. Die ganze Sharing Economy ist im Aufwind, nicht ohne Grund. Viele Leute möchten einen anderen Lebensstil pflegen, sinnvoller konsumieren, sozialer agieren und das Erlebnis anstatt das Produkt in den Fokus stellen. Nur das, was ich mit einem Objekt erlebe, zählt und nicht das Objekt selbst. Insofern spielt das Soziale eine wichtige Rolle. Der englische Begriff „Collaborative Consumption“ bringt es gut auf den Punkt: Der Konsum findet nicht mehr alleine, sondern in einem sozialen Umfeld statt. Das merken auch viele Firmen: Die Markenpositionierung findet jenseits der Produktdetails statt. Sharely verbindet die Menschen via die Objekte in einem Quartier, so lernt man neue Personen und die Nachbarschaft besser kennen.

Wie gross sind denn die ökologischen Vorteile wirklich? Der Transportaufwand der einzelnen Deals ist ja nicht zu unterschätzen.

Sharely ist die lokale Miet- und Vermietplattform für Alltagsgegenstände. Unsere Vision ist, dass alles Nötige in Gehdistanz abgeholt werden kann. Uns ist klar: Dinge zu verschicken, ist mühsam, sie mit dem Auto abzuholen, nicht ökologisch. Jeder Nutzer findet auf Sharely die für sich relevanten Objekte, also die Objekte in seiner nächsten Umgebung. Bei gewissen Objekten mag das Abholen mit dem Auto Sinn machen, es ist aber nicht der Standardfall. Es geht ja nicht nur um die Ökologie, Sharely möchte auch die Flexibilität erhöhen. Man braucht kurzfristig was? Das geht nur, wenn man die Dinge im Umkreis von 1km findet.

Bei Wohnungen und Autos funktioniert «Teilen statt Besitzen»-System vielfach prächtig. Welche Erfahrungen wurden bisher mit Alltags- oder Haushaltsgegenständen gemacht?

Einige behaupten, Teilen funktioniere nur, wenn es sich um teure Objekte handelt. Das sehe ich anders. Wenn einfach Prozesse bestehen und die Distanzen kurz sind, setzt sich das auch für Alltagsgegenstände durch. Man muss sich das Quartier einfach als grosse Objektbibliothek vorstellen und Sharely sagt, wer was besitzt und bereit ist, zu vermieten. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass die Nutzer viel miteinander kommunizieren und sich im Schadensfall konstruktiv verhalten. Die Schadensquote liegt im tiefen Promillebereich.

Sharing Economy gilt als «Megatrend», da ist die Rede davon, dass Collaborative Consumption – oder KoKonsum – der Ausdruck einer massiven Konsumänderung vom Besitzen zum Nutzen sei. Wird da nicht etwas mit der gar grossen Kelle angerichtet?

Ja klar, jeder neue Trend wird überhöht und erst später realistischer betrachtet. Es wird sich zeigen, was sich davon bewahrheiten wird. Ich bin überzeugt, dass wir am Anfang einer neuen Phase stehen, in der Besitz weniger Wert hat. Es wird immer den engen Kreis an Gegenständen geben, den man nicht teilt, aber der wird in Zukunft kleiner werden. Beachten sollte man auch, dass Sharing eine Antwort auf viele unserer gegenwärtigen Probleme liefern kann: enormer Ressourcenverbrauch, ungelöste Abfallprobleme in vielen Ländern, sinkende Einkommen für die Mittelschicht usw. Sharing ist also evtl. nicht nur ein Trend, sondern eine Möglichkeit, die Zukunft gut zu gestalten.

«Beachten sollte man auch, dass Sharing eine Antwort auf viele unserer gegenwärtigen Probleme liefern kann.»

Könnte man Sharing Economy also mit intelligenterem Konsum gleichsetzen?

Ja, wobei natürlich „intelligenter Konsum“ viel weiter geht. Es fängt an bei der Frage, was man braucht, um glücklich zu sein, wie man Objekte nutzt – hier kommt Sharely ins Spiel – und was man mit Objekt macht, wenn es mal nicht mehr funktioniert. Hier sind dringend Lösungen gefragt. Wir Menschen sind ja auch bequem und es stellt sich die Frage, wie viel Leute bereit sind zu opfern, um nachhaltiger zu konsumieren. Sharely möchte nicht den Verzicht predigen, sondern zur Mehrfachnutzung von Objekten anregen. Ganz nach dem Motto: Erleben statt besitzen.

Die Sharing-Idee steht und fällt mit der modernen Technik. Wie komplex ist Sharely-Plattform?

Sharely.ch hat uns in den letzten Monaten doch arg gefordert. Wir haben Sharely mit einem eigenen Framework und von Grund auf entwickelt. So hatten wir alle Freiheiten, aber natürlich auch viel Aufwand. Letztlich sind wir mit dem Produkt sehr zufrieden. Die Komplexität bestand für uns als Start-up darin, dass wir uns auf einen Schlag mit vielen für uns neuen Themen beschäftigen mussten: Zahlungsabwicklung, SMS-Einbindung, rechtliche Abklärungen usw. Die technische Seite wurde dabei von evola.biz gelöst. Wir sagen nur: das Frontend sieht simpler aus als das Backend…

Wie stark können Sie die Angebote auf die einzelnen User zuschneiden. Wie kann ich die Seite für mich so personalisiert wie möglich nutzen?

Die Personalisierungsmöglichkeiten bestehen darin, dass sie die Objekte Ihrer Wahl hochladen können und sehr gezielt nach Gegenständen suchen können. Standardmässig werden die Objekte an ihrem Wohnort gesucht, Sie können aber auch für jede beliebige Adresse nach Gegenständen suchen, z.B. wenn Sie ein Objekt in der Nähe Ihres Arbeitsplatzes abholen möchten. Zudem haben Sie es in der Hand, welche Preise Sie für Ihre Objekte verlangen.

Welche Rolle spielen Social Media?

Social Media sind für uns absolut zentral. Wir waren schon ein paar Monate vor dem Launch auf Facebook und Twitter präsent und konnten uns da eine treue Community aufbauen. Social Media bieten die einzigartige Chance, schnell und unmittelbar von den Nutzern zu lernen. Wir als Sharely sind ja nicht nur Sender, sondern wollen auch immer wieder Feedback erhalten, wofür sich vor allem Facebook und Twitter hervorragend eignen. Zudem können wir Sharely so viel besser in den Gesamtkontext der Sharing Economy einbetten und Hintergründe liefern. Ohne Social Media würde uns was fehlen.

Herr Amstutz, besten Dank für das Interview.

Zur Person
Andreas Amstutz hat an der Universität St. Gallen Betriebswirtschaft studiert und 2006 mit dem M.A. HSG abgeschlossen. Danach arbeitete ich für 3.5 Jahre im Produktmanagement der Luzerner Kantonalbank, im Anschluss bei der ISG Integrated Value AG und seit Ende 2011 bei der Swiss Life in einem Innovationsprojekt. Heute arbeitet er Teilzeit bei der Swiss Life. Im März 2013 gründete er die Sharely AG.

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