Arne-C. Faisst, CEO Mathys AG

Arne-C. Faisst, CEO Mathys AG

Arne-C. Faisst, CEO Mathys AG. (Bild: obs/Mathys AG Bettlach)

von Radovan Milanovic

Moneycab: 2011 verzeichnete die Mathys AG einen Umsatz von 1112 Mio Franken, bei einem währungsbereinigten Wachstum von 7 Prozent. Sind Sie mit der Entwicklung in diesem Jahr zufrieden?

Arne-C. Faisst: Wir sind mit unserer Leistung erneut zufrieden, obwohl die Herausforderungen dieses Jahr nicht weniger wurden. Wir wachsen wiederum rund 8 %, was über dem durchschnittlichen Branchenwachstum liegt.

Sie wiesen im vergangenen Jahr in der Schweiz einen Umsatzanstieg von 30 Prozent aus. Aber auch in Frankreich, Holland, Österreich und Australien glänzten Sie mit einem zweistelligen Wachstum. Gehen Sie auch in Zukunft davon aus, zweistellig zu wachsen? 

Ja, wir sind überzeugt, dass wir mit unseren innovativen Produkten in einzelnen Ländern, wo wir noch nicht so hohe Marktanteile haben, auch weiterhin ein zweistelliges Wachstum verzeichnen werden.

„Mit dem Druck, welchen wir im europäischen Gesundheitswesen länger je mehr spüren, und dem damit verbundenen Preiszerfall, ist es für uns sehr wichtig, unsere Standorte ausserhalb Europas weiter zu fördern und intensiv auszubauen.“
Arne-C. Faisst CEO Mathys AG Bettlach

Es fällt auf, dass Sie in den USA und vor allem in Wachstumsmarkt Indien nicht vertreten sind. Was sind die Gründe für die Absenz in diesen Ländern?

Der Grund dafür ist, dass wir auf eine andere Länder-Priorisierung setzen und nicht alles auf einmal angehen können. Wir sehen in den asiatischen Märkten wie China und Japan mehr Potenzial und haben aus diesem Grund vor zwei Jahren in diesen Märkten Tochtergesellschaften gegründet. Die Länder Australien, Neuseeland, China und Japan haben in unserer mittelfristigen, gruppenweiten Planung über die nächsten drei Jahre einen besonderen Fokus. Mit dem Druck, welchen wir im europäischen Gesundheitswesen länger je mehr spüren, und dem damit verbundenen Preiszerfall, ist es für uns sehr wichtig, unsere Standorte ausserhalb Europas weiter zu fördern und intensiv auszubauen.

Was heisst das konkret in der Umsetzung?

Per 1. Januar 2013 bauen wir ein Regional Office einen überregionalen Sitz in Australien auf und bieten damit den langjährigen Kunden aus dem Raum Asien-Pazifik eine direktere Anlaufstelle. Mit der Präsenz vor Ort streben wir eine Vertretung unseres Schweizer Hauptsitzes an. Ziel ist es dabei, die Kundschaft aus dem Asien-Pazifik-Raum näher bei uns zu haben, um so effizienter und schneller auf ihre Bedürfnisse, Anforderungen und Wünsche eingehen zu können. Der persönliche Kontakt zu den Orthopäden lag Mathys schon seit jeher am Herzen. Mit dem Office in Sydney können wir diesen direkten Draht nun auch mit Anwendern aus China, Japan, Neuseeland und Australien pflegen.

„Im Bereich Sportmedizin haben wir innovative Ansätze, welche zur Zeit in klinischer Testung sind.“

Im Zuge der Finanzkrise versuchen die Industrieländer die Kosten im Gesundheitssektor unter Kontrolle zu bringen. Spüren Sie Auswirkungen dieser Entwicklung?

Ja, die Auswirkungen sind spürbar, der Druck auf die Spitäler steigt. Infolge nimmt der Preisdruck überdurchschnittlich zu. Es zeichnet sich eine ungesunde Entwicklung ab. Ein Implantat darf fast nichts mehr kosten und gleichzeitig soll der Servicelevel steigen. Langfristig kann dies nicht funktionieren. Der eigentlich Leidtragende ist der Patient, denn künftig wird er nicht mehr das für ihn geeignetste Implantat erhalten sondern „nur“ noch eine Standardlösung. Diese Entwicklung ist bedenklich.

„Uns geht es heute vor allem um die Oberflächen-Technologie und die Instrumentarien. Dabei liegen uns echte Innovationen am Herzen wie zum Beispiel unser vitamys. Dies ist ein mit Vitamin E hochvernetztes Polyethylen, welches eine enorme Abriebbeständigkeit aufweist.“

Welches sind Ihre internationalen Konkurrenten, wie unterscheiden sich Ihre zu deren Produkten?

Unsere Mitbewerber sind zumeist amerikanische Grosskonzerne. Die Standard-Implantate unterscheiden sich in der Tat im Design und in der Funktionsweise nicht mehr wesentlich. Uns geht es heute vor allem um die Oberflächen-Technologie und die Instrumentarien. Dabei liegen uns echte Innovationen am Herzen wie zum Beispiel unser vitamys. Dies ist ein mit Vitamin E hochvernetztes Polyethylen, welches eine enorme Abriebbeständigkeit aufweist. Die Zweijahres-Ergebnisse zeigen, dass 84 % weniger Abrieb verursacht wird, wie ein herkömmliches Polyethylen. Das bedeutet, dass das Implantat über 20 Jahre im Körper verbleibt und damit eine allfällige zweite Operation hinfällig werden kann.

Könnten Sie uns die Rolle der Robert-Mathys-Stiftung erklären, welche Synergien bestehen zwischen Mathys und der Stiftung? 

Für uns ist die Stiftung ein Wettbewerbsvorteil, denn wir greifen gerne auf das Knowhow bezüglich Materialtestung- und Forschung zurück. Dabei ist die Robert Mathys Foundation eine rechtlich und finanziell unabhängige Stiftung, welche sich der Grundlagen- und der angewandten Forschung widmet.

Sie führen Entwicklungsabteilungen in der Schweiz und in Deutschland. Was sind die konkreten Ziele dieser beiden Abteilungen? Wieso werden diese separat geführt?

Ziel der Entwicklungsabteilungen ist, die bestehenden Produkte und Instrumentarien sinnvoll weiterzuentwickeln in Zusammenarbeit mit den Anwendern. Sie werden von der Schweiz aus geführt. 2002 haben wir eine Keramikproduktion in Mörsdorf DE gekauft. Durch die sehr kompetenten Mitarbeitenden vor Ort haben wir die Entwicklungsabteilung auch vor Ort belassen. Es ist sinnvoll, dass die Entwicklung in der Nähe der Produktion ist, im Sinne einer verlängerten Werkbank.

Was sind die grossen Herausforderungen bezüglich Material und Produkten in Ihrem Fachgebiet?

Die grosse Herausforderung ist seitens Material der Abrieb. Je abriebbeständiger das Material ist, umso länger verbleibt es im Körper. Zurzeit werden die Hart/Hart Paarungen kritisch diskutiert, das heisst Metall trifft auf Metall. Mit unserem vitamys können wir eine hervorragende Hart-Weich Paarung anbieten. Ich bin überzeugt, dass diese Paarung mit vitamys einen neuen Standard setzen wird.

Seit 1946, bereits in der dritten Generation, beschäftigt sich Mathys mit der Produktion und dem Vertrieb des künstlichen Gelenkersatzes. Könnten Sie sich aus Diversifikatonsgründen vorstellen, in Zukunft auch andere Implatate zu entwickeln?       

Ja, das tun wir sogar bereits; wir stellen synthetisches Knochenersatzmaterial an.

Mit welchen Mathys-Produkten kann die Medizin in Zukunft rechnen?

Im Bereich Sportmedizin haben wir innovative Ansätze, welche zur Zeit in klinischer Testung sind.

„2010 haben wir den wirtschaftlichen Durchbruch geschafft und können uns seither selber finanzieren.“

Im Mai 2011 haben Sie Ihr Kapital durch Rückzahlung von 75 Mio. CHF auf 175 Mio. CHF reduziert. Was war der Grund für diese Entscheidung?

2010 haben wir den wirtschaftlichen Durchbruch geschafft und können uns seither selber finanzieren. Deswegen brauchen wir das Geld nicht mehr und konnten es zurückgeben.

Ist in Anbetracht der Grösse von mathysmedical ein IPO für Sie in naher Zukunft ein Thema?

Nein, das ist in naher Zukunft kein Thema.

Zur Person:
Dr. Arne Faisst beendete sein Studium an der Georg Albrecht Universität in Göttingen 1990 in Biochemie mit dem Diplom. Seine Studien in Deutschland schloss er 1993 am Deutschen Primatenzentrum, Sektion HIV und Universität Göttingen mit dem Doktor in Virologie (PhD) ab. Dann folgten Studien zum Bachelor of Business Administration (BBA) an der GSBA in Zürich und der State University of New York. Einen Master of Business Administration erlangte Faisst 2007 an der GSBA in Zürich.

Faisst arbeitete 1993 bis 1994 als National Sales Manager (Blut Filtration) bei der Biotrans GmbH in Frankfurt (Deutschland). 1994-1997 übte er die Funktion als internationaler Marketing Manager bei Fresenius Medical Care aus. Bei Synthes (MM Ltd.) Schweiz übernahm er als Vizepräsident des Marketings die Verantwortung für Europa, USA, Asien, Ozeanien, Mittler Osten und Afrika. Zudem amtete er als Mitglied des Exekutivkomitees. Seine berufliche Karriere setzte sich 2000 bis 2004 als Vizepräsident bei Synthes (MM Ltd.), Switzerland und ab 2004 bei Mathys Ltd., Bettlach fort, wo er bis 2006 als Direktor die Verantwortung für das internationale Marketing trug. Ebenfalls von 2004 bis 2006 war er General Manager für Deutschland. Seit 2006 amtet Faisst als Mitglied des Verwaltungsrates und CEO bei Mathys AG.            

Übrige Verwaltungsratsmandate: Seit 1999 Mitglied des Supervisory Board of Directors bei Elchron Biotech. Inc, Zug und seit 2003 in gleicher Position bei Borer Chemie, Zuchwil.

Das Unternehmen
Das Schweizer Orthopädie-Unternehmen wurde 1946 gegründet und blickt im Bereich Medizintechnik auf 54 Jahre Erfahrung zurück. Seit dem 1. November 2003 konzentriert sich Mathys ausschliesslich auf die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Produkten für den Gelenkersatz. Produziert wird vorwiegend in der Schweiz aber auch in Deutschland. Die Leistungen des Unternehmens umfassen im Moment Implantate für Hüfte, Knie und Schulter sowie synthetisches Knochenersatzmaterial. Das Unternehmen mit 11 Tochtergesellschaften in China, Deutschland, Frankreich, Belgien, England, Holland, Japan, Österreich, Australien, Neuseeland und der Schweiz befindet sich im Besitz der Familien Mathys und Marzo.

Mathys AG

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