Beat Bühlmann, Gründer und Geschäftsführer Finpension AG, im Interview

Beat Bühlmann, Gründer und Geschäftsführer Finpension AG, im Interview
Beat Bühlmann, Gründer und Geschäftsführer der Finpension AG. (Foto: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Wie kamen Sie auf die Idee, eine neue Vorsorgelösung zu entwickeln und damit Finpension zu gründen?

Beat Bühlmann: Als abzusehen war, dass sich der 1e-Markt aufgrund der Gesetzesänderung im Jahr 2015 auftun würde, war ich mir sicher, dass ein Bedürfnis seitens mittelgrossen und grossen Unternehmen nach mehr Transparenz in der Vorsorge besteht. Ebenso ist die Digitalisierung ein wichtiges Thema und eine neue Lösung musste daher auch zugänglich und einfach sein – etwas, was es damals noch nicht gegeben hat. Das war unsere Chance, in den Markt einzusteigen, in einer Nische zwar aber in einer, in der man sich sehr gut positionieren kann. Und dass wir auf der grünen Wiese anfangen konnten, hat sehr viele Vorteile mit sich gebracht. Denn die grossen Anbieter haben natürlich schon bestehende IT-Infrastrukturen, die von einer neuen Applikation adaptiert werden müssen.

«Heute setzen über 20 börsenkotierte Unternehmen auf unsere 1e Pläne.»
Beat Bühlmann, Gründer und Geschäftsführer Finpension AG

Womit haben Sie begonnen? Bei der Bewilligung, der IT oder dem Marketing?

Es ist viel parallel gelaufen. Bis unsere erste Stiftung gegründet war, hat es im regulatorischen Bereich fast ein Jahr gedauert, vieles davon ist reine Wartezeit die vergeht, bis ein Antrag bearbeitet ist. Diese Zeit habe ich genutzt und mich an der ETH für ein Informatikstudium eingeschrieben. Ich war schon immer sehr IT-affin, habe aber nie ein Studium in diesem Bereich absolviert, sondern im Anlagebereich einer Privatbank gearbeitet. Parallel zum IT-Studium habe ich dann mit dem Bau eines Prototyps unserer App-Lösung begonnen.

Haben Sie das IT-Studium abgeschlossen?

Nein, ich habe nur zwei Semester Vorlesungen besucht und mir Wissen angeeignet, bis die Genehmigung für die 1e Sammelstiftung vorlag.

Woher hatten Sie die Überzeugung, dass ihre 1e-Lösung am Markt erfolgreich sein würde und sie erste Kunden dafür gewinnen würden?

Ich habe mit verschiedenen Unternehmerpersönlichkeiten aus meinem Netzwerk gesprochen und dort wurde mir das Interesse bestätigt. Daher wusste ich, dass ich auf den Support von Friends & Family zählen kann.

Wie haben Sie die Unternehmensgründung finanziert?

Am Anfang haben wir eine kleine Finanzierungsrunde gemacht, für rund eine halbe Million, aber da ist es mehr darum gegangen, Friends & Family zu binden und zu beteiligen und nicht darum, Geld einzunehmen. Danach haben wir nie wieder fremdes Kapital benötigt.

Finpension hat heute vier Stiftungen, in welcher wird das meiste Geld verwaltet?

2016 war die Lancierung der 1e Stiftung, 2018 sind wir dann mit der ersten Freizügigkeitsstiftung an den Markt gegangen, 2020 lancierten wir die Säule 3a-Lösung und erst vor Kurzem kam die zweite Freizügigkeitsstiftung dazu. Heute sind die Stiftungen für Freizügigkeit und 1e ähnlich gross und liegen bei einem Volumen von rund je 500 Mio CHF, bei anhaltendem Wachstum und grosser Nachfrage. Im Bereich 1e haben wir uns als Anbieter etabliert. Das hilft sehr stark als Referenz. Heute setzen über 20 börsenkotierte Unternehmen auf unsere 1e Pläne.

«Heute sind die Stiftungen für Freizügigkeit und 1e ähnlich gross und liegen bei einem Volumen von rund je 500 Mio CHF, bei anhaltendem Wachstum und grosser Nachfrage.»

1e-Verträge schliessen ja nicht die Individuen für sich ab, sondern der Arbeitgebende für seine Mitarbeitenden. Was unterscheidet eure 1e-Lösung von anderen?

Die Gelder im Bereich 1e betreffen ja nur das Überobligatorium. Kunden eines 1e Plans können ihre Anlagestrategie selbst wählen und profitieren dadurch von Renditechancen, tragen dabei gleichzeitig aber auch das Verlustrisiko. Unsere online Plattform ist führend und bietet den Kunden mehr Funktionalitäten als die online Zugänge anderer Anbieter. Genauso flexibel wie bei unserer 3a-Lösung und ebenso transparent.

Sie investieren die Kundengelder hauptsächlich in Indexfonds von CS, UBS und Swisscanto. Warum?

Indexfonds machen in der Vorsorge am meisten Sinn. Aus verschiedenen Gründen, wie zum Beispiel der Quellensteuerbefreiung und der Stempelsteuer. Aber wir wollen die Kunden auch nicht einschränken. Wir haben auch solche, die einen ganz bestimmten Fonds mit aufnehmen wollen und dann entsprechen wir soweit möglich diesem Wunsch. Insgesamt setzen wir 200 bis 300 Anlageinstrumente ein, zum grossen Teil handelt es sich dabei um Indexfonds.

Wenn ein Privatkunde seine 3a oder Freizügigkeit auf ganz bestimmte Fonds aufteilen möchte, könnt ihr solchen Wünschen entsprechen?

Wir könnten diesen Wünschen schon entsprechen aber neue Fonds aufzunehmen bedeutet auch weitere Transaktionen, wie zum Beispiel die Dividendenausschüttungen, welche abgerechnet werden müssen. Wenn wir die Angebotspalette weiter öffnen, ist das Produkt am Ende nicht mehr skalierbar. Wir müssen uns als Anbieter also einschränken, denn nur so können wir den Kunden so wenig Gebühren wie möglich belasten.

Bieten Sie ihren Privatkunden auch eine umfassende Vermögensberatung?

Aktuell noch nicht, kürzlich haben wir jedoch einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Neu bieten wir unseren Kunden in der App eine Vermögensübersicht und Performanceauswertung über mehrere Produkte an. Schrittweise möchten wir Funktionalitäten ergänzen, welche die Vermögens- und Finanzplanung für unsere Kunden vereinfachen.

Wie können Sie Ihr Preisbrecher-Modell halten?

Es ist ein Volumengeschäft. Wir haben inzwischen 1.4 Mrd CHF under Management und erhalten dadurch Zugang zu Anlagen mit attraktiven Konditionen, welchen nur sehr grossen institutionellen Kunden vorenthalten sind. Diese können wir dann unseren Kunden weitergeben.

Sie bieten ja auch nachhaltige Anlagestrategien an. Ist Impact Investing oder Active Ownership für Finpension auch ein Thema?

Es gibt in diesem Bereich ganz verschiedene Wege und manche davon muss man auch durchaus kritisch hinterfragen. Unser oberstes Ziel ist immer Angebote für konkrete Kundenbedürfnisse zu entwickeln. Sollten sich die Nachfrage nach speziellen Anlageansätze oder -themen stark verändern, werden wir unser Angebot anpassen. Auf diesem Weg kam es ja auch dazu, dass wir heute die Möglichkeit offerieren, einen Teil des 3a-Sparbetrags in Kryptofonds zu investieren.

«Es gibt im Bereich Nachhaltigkeit ganz verschiedene Wege und manche davon muss man auch durchaus kritisch hinterfragen.»

Wie ist das Kryptoangebot im Markt aufgenommen worden?

Es läuft gut, aber es ist eine Nische. Es gibt Kunden, die wegen dieses Angebots zu uns kommen aber es sind ja nur maximal 5% des 3a-Guthabens möglich, also wenn jemand im breiten Stil in Kryptowährungen investieren will, dann macht er das woanders.

Wie viele Mitarbeitenden hat Finpension aktuell?

Derzeit sind wir rund 25 Personen in der Firma.

Das erscheint mir relativ wenig Personal.

Das ist der grosse Vorteil der Digitalisierung: Gute Lösungen kann man sehr stark skalieren. Auch wenn wir in den kommenden zwei Jahren gegen 3 Milliarden CHF verwaltete Vermögen wachsen sollten, können wir das problemlos mit den bestehenden Mitarbeitenden händeln.

Was sind die nächsten Meilensteine?

Wir haben eine Roadmap mit vielen Meilensteinen für die nächsten Jahre. Ein Thema ist sicherlich der bereits angesprochene Bereich der Finanzplanung und wir werden diesbezüglich auch eine Lösung ausserhalb vom Vorsorgebereich lancieren. Und wir stehen für ein grösseres Thema, von dem ich aber noch nichts sagen will, im Bewilligungsprozess mit der Finma. Darüber hinaus werden wir auch immer wieder von schlechten Angeboten im Markt überrascht, die geradezu dazu aufrufen, eine neue disruptive Lösung zu entwickeln.

Was denn zum Beispiel?

Das kann ich jetzt noch nicht sagen, aber das Schöne ist, dass wir einen Bottom-Up Approach haben. Das heisst, wir entwickeln Produkte, von denen wir überzeugt sind, bringen sie dann an den Markt und wachsen damit. Das ist etwas, was mir persönlich sehr wichtig ist. Ich sehe viele Fintech, die zuerst versuchen eine Masse an Kunden zu gewinnen und erst danach ihr Modell zu monetarisieren. Das endet für den Kunden oftmals negativ und er wird enttäuscht, weil die Gebühren dann doch steigen.

«Ich sehe viele Fintech, die zuerst versuchen eine Masse an Kunden zu gewinnen und erst danach ihr Modell zu monetarisieren. Das endet für den Kunden oftmals negativ.»

Was hat sie auf dem Weg vom Bankabgestellten bis zum erfolgreichen Unternehmen gestört, wo sehen Sie disruptives Potenzial?

Was ich sehr schade finde, ist das viele Finanzinstitute noch immer das „Gärtli-Denken“ pflegen und sich selbst schützen wollen. In Europa gibt es im Bereich Open-Banking mit PSD2 eine verbindliche Richtlinie. Auch dort gibt es ein paar negative Aspekte, in der Schweiz ist man diesbezüglich aber leider viel weniger offen. Es wäre schön, wenn sich hier der Mindset etwas öffnen würde und wir eine bessere Innovationskultur leben und eine mehr angelsächsisch geprägte Anlagekultur entwickeln könnten, um so letztlich mehr Wohlstand in der Schweiz zu schaffen. Das ist eine unserer Visionen: Wir wollen Wohlstand schaffen für die Menschen in der Schweiz. Und dafür braucht es gute Tools und gute Anlagelösungen.

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