Silvan Felder, Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG, im Interview

Silvan Felder, Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG, im Interview
Silvan Felder, Inhaber und Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG, sowie Präsident SwissBoardForum (Foto: VR Management AG)

Interview von Karin Bosshard

Moneycab.com: Eine kleine Standortbestimmung zum Start. Sie sind nun seit 18 Jahren tagtäglich in der Verwaltungsrats-Thematik involviert und engagiert. Was hat sich in dieser Zeitspanne in der Ausübung dieser Tätigkeit verändert?

Silvan Felder: Seit der Jahrtausendwende hat sich einiges getan. Grundsätzlich hat eine kontinuierliche Professionalisierung in der VR-Tätigkeit und -Organisation in vielen Schweizer Gremien Einzug gehalten. Man ist sich der verantwortungsvollen Funktion bewusster geworden. Prozesse, Inhalte und Zusammensetzungen wurden vielerorts verbessert. Börsenkotierte sowie auch im Besitze der öffentlichen Hand stehende Unternehmungen stehen zusätzlich im Fokus der Öffentlichkeit und müssen sich stetig auch der Debatte über wirkungsvolle und effiziente Unternehmensführung stellen.

«Eine reine Genderzugehörigkeit, ob Mann oder Frau, ist kein für sich isoliertes Qualifikationsmerkmal für eine VR-Tätigkeit.» Silvan Felder, Inhaber und Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG

Aber auch bei den mehrheitlich eigentümer- und familiengeprägten Unternehmungen ist einiges in Gang gekommen. Immer mehr Firmen setzen auf ein werthaltiges Zusammenspiel eines qualifizierten Verwaltungsrates, zusammen mit der Geschäftsleitung. Damit soll eine nachhaltig erfolgreiche Unternehmensfortführung sichergestellt werden. Dies insbesondere auch unter zunehmendem Beizug von externer VR-Expertise, sprich VR-Mitgliedern von ausserhalb der eigenen Familie mit mehrwertbringender Aussensicht.

Kalifornien hat eine Frauenquote für Verwaltungsrats-Gremien beschlossen. Sollte die Gleichstellung auch in der Schweiz mit Richtwerten gefördert werden?

Im Grundsatz ist eine weitere Steigerung des Frauenanteils in Schweizer VR-Gremien sehr zu begrüssen. Diesbezüglich laufen auch zielführende Förder- und Sensibilisierungsinitiativen, insbesondere auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband und des SwissBoardForum.

Persönlich bin ich aber aus liberaler Sicht und Verfechter einer grösstmöglichen Gestaltungsfreiheit in der Führungsorganisation von Unternehmungen gegen jegliche weitere gesetzliche Regulierung. Eine reine Genderzugehörigkeit, ob Mann oder Frau, ist kein für sich isoliertes Qualifikationsmerkmal für eine VR-Tätigkeit.

Diversität in Führungsgremien führt allerdings gemäss verschiedener Studien unter anderem zu ausgewogeneren und besseren Entscheiden. Wie sehen Sie das?

Da stimme ich Ihnen absolut zu. Allerdings ist die Genderdiversität ein Aspekt von vielen, dem bei der Zusammensetzung von wirkungsvollen Verwaltungsräten Rechnung getragen werden sollte. Diversität ist medial zu stark nur auf Gender fokussiert. In seiner Gesamtheit bedeutet er eben auch eine Durchmischung von Fähigkeiten, Kompetenzen, Werdegängen, Altersklassen und Persönlichkeitsprofilen.

Wie stehen Sie grundsätzlich zu Amtszeitbeschränkungen?

Ich würde hier zuerst einmal bzgl. Amtszeitbeschränkung eine klare Differenzierung zwischen Führungspersonen die im Besitze der Unternehmung sind und denjenigen die als Manager von Eigentümern eingesetzten Personen machen. Gerade bei letzteren ist eine gewisse Aufmerksamkeit bzgl. der Amtsdauer zu schenken, da sie nicht mit selbst investiertem Geld Ihre Tätigkeit wahrnehmen.

«Gerade bei Managern ist eine gewisse Aufmerksamkeit bzgl. der Amtsdauer zu schenken, da sie nicht mit selbst investiertem Geld Ihre Tätigkeit wahrnehmen.»

Es lohnt sich aber grundsätzlich bei einer Amtsdauer die über 12 Jahre hinausgeht die Frage zu stellen, ob die besagten Personen noch immer den gewünschten Beitrag für eine erfolgreiche Unternehmensfortführung leisten können und wollen sowie mit unvermindertem Engagement dabei sind.  Wie immer aber gibt es auch hier keine absolut richtige Aussage, die für allgemeinverbindlich erklärt werden könnte. Führung heisst insbesondere auch, dass regelmässig eine situativ kritische Überprüfung des Status Quo zu erfolgen hat. 

Und wie stellen Sie sich zu Alterslimiten?

Was mögliche Alterslimiten anbelangt, so kennt die Praxis oftmals eine unternehmensinterne Regelung die bei +/- 70 Jahren liegt. Wichtiger als das reine Alter scheint mir aber bei dieser Beurteilung der Umstand, wie hoch eine unternehmensdienliche Betragsfähigkeit einer Person über 60 ist und bleibt. Indikation für die Diskussion einer Alterslimite kann das Ausscheiden einer Person aus ihrer hauptberuflichen Tätigkeit und lediglicher Wahrnehmung noch eines VR-Mandates sein, da der Praxisbezug zu entfallen droht.

Würden diese Massnahmen allenfalls die Frauenquote positiv beeinflussen?

Amtszeitbeschränkung und Alterslimit könnten durchaus einen positiven Einfluss auf den Frauenanteil haben. Vielmehr aber wohl auf eine Verjüngung der Leitungsgremien bzw. eine Ausdehnung der Altersspanne, was meiner Ansicht nach ebenso wichtig ist.

«Amtszeitbeschränkung und Alterslimit könnten einen positiven Einfluss auf den Frauenanteil haben.»

Mit den immer höheren Erwartungen an den Verwaltungsrat wird die Führungsrolle der Präsidenten anspruchsvoller, auch zeitlich. Wie beeinflusst das die Suche nach einem VR-Präsidenten?

Im Grundsatz ist zu sagen, dass ein Anforderungsprofil an VR-Präsidialpersonen mehr Kriterien umfasst als dasjenige an ein ordentliches VR-Mitglied. Zusätzlich eingefordert werden eine höhere Führungserfahrung, der Funktion entsprechende Persönlichkeitsmerkmale und Seniorität sowie eine genügende zeitliche Verfügbarkeit. Die Auswahl möglicher passender Personen wird somit geringer, ist aber mit einer auf lange Frist angelegten Nachfolgeregelung innerhalb des Verwaltungsrates oder geeigneten Suchverfahren gleichwohl für die meisten Vakanzen ausreichend.

Wie stellen Sie sich dazu, wenn der CEO in seinem eigenen Unternehmen zum VR-Präsidenten wird?

Um sich ein Urteil zu einer solchen Konstellation erlauben zu dürfen, empfiehlt sich weniger eine dogmatische als vielmehr eine situative Sicht auf die Dinge. Wie reflektiert ist die Führungsperson, wer ist sonst noch im Verwaltungsrat und/oder der Geschäftsleitung vertreten bzw. sind um ihn herum starke und fähige Leute in die Führungsverantwortung eingebunden? Letztendlich geht es auch hier immer darum, dass eine nachhaltig erfolgreiche Unternehmensfortführung gewährleistet ist. In meiner Praxis habe ich sowohl sehr positive als auch einige negative Beispiele für solche Rollenkumulationen und -nachfolgen beobachten können.

Sind Sie der Meinung, man sollte zunächst einige Zeit im Verwaltungsrat gewesen sein, bevor man Präsident wird?

Meiner Meinung nach ist es essentieller, dass eine Präsidialperson über eine hauptberuflich erworbene Führungserfahrung und -kompetenz verfügt. Ob diese Person bereits vor VR-Präsidialübernahme im entsprechenden Verwaltungsrat Einsitz haben sollte ist grundsätzlich sekundär, kann aber hilfreich sein bezüglich Knowhow der Eigenheiten betreffend Unternehmung und Markt.

Soll ein Geschäftsleitungsmitglied Verwaltungsratsmandate übernehmen können?

Ja. Ich bin absolut davon überzeugt, dass wenn ein GL-Mitglied anderenorts ein VR-Mandat wahrnimmt, dies im Wechselspiel der Funktionen für beide Seiten zu Mehrwerten führen wird. Dies insbesondere bezogen auf die Gewinnung funktionaler Kenntnisse der unterschiedlichen Ebenen, das Verständnis der verschiedenen Perspektiven und Bedürfnisse von VR und GL sowie auch im Sinne eines gegenseitigen Erfahrungsaustausches der beteiligten Firmen. Klar muss dabei allerdings auch sein, dass die hauptberufliche Tätigkeit nicht unter einer VR-Einsitznahme „leiden“ darf. Es ist wie immer alles eine Frage des Augenmasses, der Anzahl der Mandate und deren zeitlichen Engagements, der gegenseitigen Absprache und Transparenz sowie der klar definierten Ansprüche an die betroffene Person.

«Ich bin davon überzeugt, dass wenn ein GL-Mitglied anderenorts ein VR-Mandat wahrnimmt, dies im Wechselspiel der Funktionen für beide Seiten zu Mehrwerten führen wird

Verabschieden sich Verwaltungsräte aus der exekutiven Rolle, können sie den Bezug zum Business verlieren. Wie können Verwaltungsräte dem entgegenwirken?

In der Tat besteht diese Gefahr, wenn diese Entwicklung einhergeht mit der Wahrnehmung von lediglich nur noch einem VR-Mandat. Diese Personen sind gut beraten, sich ausserhalb dieser VR-Tätigkeit sowohl fachlich als auch branchenmässig fit zu halten und möglicherweise weitere (VR-)Engagements wahrzunehmen.

Wie beurteilen Sie einen Verwaltungsrat ganz konkret in Bezug auf seine Arbeit?

Ein guter Verwaltungsrat zeichnet sich dadurch aus, dass er dieser verantwortungsvollen Rolle nach bestem Wissen und Gewissen gerecht werden kann. Das bedingt u.a. eine ganzheitliche Sichtweise und Beitragsfähigkeit und ein sehr gutes Verständnis für das entsprechende Business. Ebenso sind eine effiziente und effektive auf strategische Fragen fokussierte Arbeitsweise und Führungswahrnehmung entscheidend. Mindestens gleich wichtig sind aber auch Persönlichkeitsmerkmale wie Rückgrat, Unabhängigkeit, Selbstreflektionskompetenz und Engagement.

«Wichtig sind Persönlichkeitsmerkmale wie Rückgrat, Unabhängigkeit, Selbstreflektionskompetenz und Engagement

Wird es zukünftig mehr Menschen geben, die dem «Beruf Verwaltungsrat» nachgehen?

Das Berufsbild Verwaltungsrat gewinnt immer mehr an Konturen. Über die letzten Jahre hat sich eine zunehmende Zahl von befähigten Personen für diesen Weg entschieden. Der diesbezügliche Karrierewunsch dazu besteht auch bei immer mehr heute noch operativ tätigen Führungspersonen, früher oder später über ein Portefeuille von VR-Mandaten zu verfügen, dass sie ausschliesslich diesen Aufgaben nachkommen lässt. Bei den meisten bleibt aber der Wunsch Vater des Gedankens, da sich auf der Zeitachse Opportunitäten von VR-Einsitznahmen nur für eine absolute Minderheit von Personen, meist mit hoher Visibilität, auch planen lässt.

Haben Sie für angehende Verwaltungsräte einen «Geheimtipp»?

Einen Königsweg hin zu VR-Mandaten gibt es nicht. Es ist vielmehr eine Symbiose von Führungserfahrung, Leistungsausweis, gefestigtem Persönlichkeitsprofil sowie auch einer gewissen Visibilität und einer zielführenden Vernetzung mit Entscheidungsträgern. Ebenso ratsam ist es, sich mit dem Thema Verwaltungsrat schon weit vor dem 60. Altersjahr auseinander zu setzen, da in vielen Fällen mit einer Neubesetzung einer VR-Vakanz auch eine Verjüngung des Gremiums in den Fokus kommt.

Zum Gesprächspartner
Silvan Felder, dipl. Wirtschaftsprüfer und dipl. Betriebsökonom HSLU, ist Inhaber und Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG. Zudem präsidiert er das SwissBoardForum, die schweizweite Dachorganisation für Verwaltungsräte (www.swissboardforum.ch). Seit 2003 ist er auch Initiant und zusammen mit der SQS Markeninhaber des VR-Zertifizierungsverfahren «Best Board Practice®». Silvan Felder hat zudem auch Einsitz in diversen Verwaltungsräten im KMU-Umfeld.

Silvan Felder bei LinkedIn 

Zum Unternehmen
Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 ist die Verwaltungsrat Management AG als Generalunternehmung für alle Verwaltungsratsfragen in der ganzen Schweiz sowie im grenznahen Ausland aktiv. Der Fokus der Dienstleistungspalette liegt dabei vollumfänglich auf dem Themengebiet Verwaltungsrat und Corporate Governance und im speziellen auf der Suche und Vermittlung, der Beratung, Assessments und der Weiterbildung von Verwaltungsräten. www.vrmanagement.ch

 

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