Stephan Roemer, CEO Tourasia und Diethelm Travel, im Interview

Stephan Roemer, CEO Tourasia und Diethelm Travel, im Interview
Stephan Roemer, CEO Tourasia und Diethelm Travel

Von Anita Suter, Travelcontent

Herr Roemer, Sie sind gerade erst zurück von einem dreiwöchigen Asienaufenthalt. Wie ist es, derzeit in der «Ursprungregion» des Corona-Virus zu reisen?

Stephan Roemer: Zuerst einmal ist es heikel, pauschal von «Asien» zu sprechen. Es handelt sich um ein riesiges Gebiet, wo verschiedene Regionen und Länder unterschiedlich stark betroffen sind – genau wie hier in Europa. Anfang März habe ich beispielsweise ein Wochenende am Strand in Hua Hin, Thailand verbracht. Das Hotel war ausgebucht, vor allem mit Europäern und Thais. In Manila wurde ich die Woche zuvor in einem bekannten Restaurant abgewiesen, weil es komplett ausgebucht war.

«Die Schlagzeilen verschwinden in der asiatischen Presse zunehmend. Vielmehr wird seit geraumer Zeit über Fakten berichtet, welche mehr beruhigen als in Panik versetzen.» Stephan Roemer, CEO Tourasia und Diethelm Travel

Gleichzeitig ist es natürlich schon so, dass die Flüge und Verkehrsmittel in Asien aktuell bedeutend weniger ausgelastet sind. An den Zollkontrollen stellte ich nirgends eine Wartezeit fest und an den Besichtigungsorten waren kaum Menschenansammlungen. Um eine aktuelle Beurteilung vorzunehmen: Ich habe das Reisen überall als äusserst angenehm empfunden.

Wie präsent ist die Diskussion um das Corona-Virus?

Die Schlagzeilen verschwinden in der asiatischen Presse zunehmend. Vielmehr wird seit geraumer Zeit über Fakten berichtet, welche mehr beruhigen als in Panik versetzen. Zu lesen ist etwa von den Erkrankungszahlen, die die WHO laufend kommuniziert – und die seit dem 19. Februar 2020 fast konstant von den Zahlen der vollständig genesenen Infizierten übertroffen werden. Zahlreiche Länder Asiens, darunter Myanmar, Laos und die Insel Bali erklären sich als virusfrei.

Hierzulande herrschen eher die Negativschlagzeilen vor. Wie erklären Sie sich den unterschiedlichen medialen Umgang mit dem Thema?

Ich sehe dies aus zwei Aspekten: Einerseits hat Asien aufgrund der seit rund zwei Wochen abklingender Fallzahlen den Höhepunkt des Ausbruchs überschritten und erholt sich zunehmend von der Situation. Andererseits ist es bei uns Europäern eher so, dass wir uns gegenüber Fremdrisiken sehr vorsichtig verhalten und entsprechende Vorkehrungen treffen. Wir Europäer suchen in solchen Situationen schnell nach Verantwortlichen, was der mediale Angriff auf die Behörden erklärt. Ich denke nämlich nicht, dass die Schweizer Behörden einen schlechten Job machen, immer in Abwägung des doch recht geringen Risikos im Verhältnis zu den wirtschaftlichen Konsequenzen.

Inwiefern leidet Tourasia unter der aktuellen Situation? 

Als spezialisierter Reiseveranstalter muss man immer vorbereitet sein auf unvorhergesehene Eventualitäten. Das ist ein Teil unseres Geschäftsmodells. Entsprechend muss ein Reisespezialist auch Reserven aufbauen um Kalamitäten sorglos zu überstehen.

«Wir Europäer suchen in solchen Situationen schnell nach Verantwortlichen, was der mediale Angriff auf die Behörden erklärt.»

Wenn ich auf die letzten 25 Jahre zurückblicke, hatten wir schon fünf schwerwiegende Katastrophen welche das Geschäft direkt beeinflusst hatten:  SARS, Tsunami, Vulkanausbruch, Flughafenschliessung und aktuelle Corona. Dazu waren fast jedes Jahr kleinere Problemherde zu bewältigen, welche meistens nur einzelne Regionen betroffen haben.

Rechnen Sie mit einer baldigen Erholung?

Ich bin Optimist: Ja. Die Entwicklung in Asien – ich weiss keinen Grund warum es in Europa anders sein sollte – zeigt mir, dass nach Überschreitung des Höhepunktes die Neuansteckungen massiv herunter gehen und bald Länder als virusfrei deklariert werden.

Hand aufs Herz – können Sie Reisen nach Asien derzeit überhaupt empfehlen?

Ja, das kann ich. Asien hat zwischenzeitlich verhältnismässig weniger Ansteckungen als Zentraleuropa oder die Schweiz. Das heisst konkret, dass das Risiko in Asien angesteckt zu werden, geringer ist als in der Schweiz.

«Von Reisen nach China und Südkorea rate ich im Moment klar ab.»

Vielerorts kehrt nach einer Schockwelle Normalität ein, Hotels und Fluglinien locken mit grosszügigen Angeboten. Mancherorts kann man für den halben Preis oder weniger im Luxushotel logieren. Von Reisen nach China und Südkorea rate ich im Moment aber klar ab, weil gewisse Infrastrukturen geschlossen sind und strenge Vorkehrmassnahmen zur Eindämmung des Virus in diesen Ländern verhängt sind.

Wie sieht es mit der medizinischen Versorgung vor Ort aus?

Zahlreiche touristische Länder Asiens, namentlich Thailand, Malaysia, Singapur und Hongkong bieten eine erstklassige medizinische Versorgung. Andere Länder verfügen oft internationale Privatkliniken. Ich kenne in meiner 37-jährigen Tätigkeit in diesem Gebiet keinen medizinischen Fall, wo nicht akkurate Behandlung gegeben war.

Gibt es keine Hürden bei der Einreise, wie es zum Beispiel aktuell in Israel der Fall ist?

Im Moment nicht, mit Ausnahme von China, Nordkorea und Bhutan.  Hier ist die Einreise für Ausländer nicht möglich oder erschwert. Die Situation ändert jedoch täglich und die Reisebüros verfügen über die aktuellsten Informationen über die professionellen Systeme. Zahlreiche Länder Asiens haben ihre Einreiseformalitäten überarbeitet und verlangen auf den Formularen eine Adressangabe und eine Deklaration, ob man sich in den letzten 14 Tagen in Risikogebieten aufgehalten hat. Die Einreise in allen Ländern erfolgt problemlos und effizient.

Kann ich überhaupt sicher sein, dass mein Flugzeug abhebt, wenn ich heute ein Schnäppchenangebot buche?

Nein. Es gelten jedoch die internationalen Transportbestimmungen, welche eine Fluggesellschaft verpflichten, den Passagier alternativ innert annehmbarer Zeit auf der gebuchten Strecke zu befördern. Im Moment reduzieren zahlreiche Gesellschaften ihren Flugplan, bieten aber Betroffenen immer adäquate Lösungen an.

Stephan Roemer 
ist Gründer und CEO von Tourasia, CEO der Diethelm Travel Group mit Sitz in Bangkok und Verwaltungsrat beim Globetrotter Travel Service. Er ist ein international anerkannter Experte für Asien und bereist den Kontinent regelmässig – nicht nur aus beruflichen Gründen.

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