Thomas Baumgartner, Direktor Appenzellerbahnen AG, im Interview

Thomas Baumgartner, Direktor Appenzellerbahnen AG, im Interview
Thomas Baumgartner, Direktor Appenzellerbahnen AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Baumgartner, die Appenzellerbahnen betreiben fünf Panoramastrecken, allerdings hauptsächlich für Pendler. Haben Sie selbst eine Lieblingstrasse?

Thomas Baumgartner: Ein Teil unserer Strecken ist massgeblich auch touristisch genutzt. Fahrten auf allen Linien bieten immer wieder überraschende Blicke auf die einzigartige Hügellandschaft des Appenzellerlandes, den Alpstein oder über die Weite des Bodensees. Da ist das ganze Netz eine Lieblingstrasse.

Auch die Appenzellerbahnen erhielten im vergangenen Jahr ihre „Durchmesserlinie“. Um wie viel beschleunigte das die Fahrt auf der Linie St. Gallen – Teufen?

Die Reisezeit reduzierte sich um zwei bis drei Minuten. Weit wichtiger ist aber die dadurch ermöglichte Verdichtung des Angebotes vom Halbstunden- auf den Viertelstundentakt, die umsteigefreie Fahrt in die Stadt St. Gallen und Bahn- statt Busbetrieb am Abend. Das sind die eigentlichen Vorteile.

Sie haben jetzt auch ein Tunnelrettungsfahrzeug. Was macht das genau im Falle eines Falles?

Unser Tunnelrettungsfahrzeug ist ein Hilfsfahrzeug für die Feuerwehr. Mit diesem Fahrzeug können Hilfsmittel der Feuerwehr in den Tunnel gefahren werden. Personen lassen sich mit dem Fahrzeug nicht evakuieren. Der Tunnel ist auch «nur» 720 m lang, so dass die Selbstrettung im Vordergrund steht.

«Wir haben bereits viele Bahnübergänge den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen angepasst. Der Abschluss wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.»
Thomas Baumgartner, Direktor Appenzellerbahnen AG

Bahnübergangsanierungen und behindertengerechte Peron-Erhöhungen machten und machen Ihnen eine Menge Arbeit. Wann ist alles abgeschlossen?

Wir haben in der Tat bereits viele Bahnübergänge den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen angepasst. Der Abschluss wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, etwa in Teufen, wo derzeit neue Streckenführungen diskutiert werden. Bei den Perronerhöhungen streben wir den Abschluss per Ende 2023/Mitte 2024 an. Das hängt aber wesentlich vom Verlauf der Plangenehmigungsverfahren und von Einsprachen ab.

Bei den neuen Tango-Zügen kam es unerwartet zu starker Abnützung der Räder. Worauf war das zurückzuführen?

Die Schmierung der Räder an den neuen Zügen und jene auf den Schienen waren ungenügend. Zusammen mit vielen Kilometer neuen Gleisen kam es zu einer deutlich rascheren Abnützung. Das Problem ist mittlerweile behoben.

Wieso waren die neuen „Walzer“ nicht betroffen?

Die Walzer hatten andere Schmiereinstellungen und waren darum nicht betroffen.

Bund, Kantone und Gemeinden haben sage und schreibe rund eine Viertelmilliarde Franken für die umfassende Modernisierung der Appenzeller Bahninfrastruktur bereit gestellt. In welchem Zeithorizont muss man für so eine Investition denken?

Schienen, Fahrleitungen, Oberbau und Unterbau erhalten mit diesen Investitionen eine Lebensdauer von etwa 40 Jahren. Der Tunnel wird eine Lebensdauer von gegen 100 Jahren haben.

Wieso gestaltet sich die Besetzung der Lehrstellen schwierig?

Die Lehrstellenbesetzung ist in gewissen technischen Berufen eben nicht so einfach.

Die Appenzellerbahnen AG besitzt eine stattliche Anzahl von Nostalgiewagen. Kann man diese auch als Ganzes chartern?

Ja, sehr gerne. Wir haben ein spannendes Angebot an Nostalgiezügen. Man kann sie auch als Ganzes chartern. Ein Blick auf unsere Homepage verrät spannende Bahnerlebnisse.

Wie viele Besucher kommen pro Jahr in Ihr Bahnmuseum in Wasserauen?

Während den Sommermonaten sind es rund 800 Personen. Im Winterhalbjahr ist das Museum geschlossen.

«Wir haben bereits im ersten Betriebsjahr mit dem ausgebauten Angebot und den neuen Zügen ein substanzielles Wachstum zu verzeichnen.»

Knapp fünf Millionen Personen wurden letztes Jahr befördert. Wird diese Zahl in den nächsten Jahren konstant bleiben?

Wir haben bereits im ersten Betriebsjahr mit dem ausgebauten Angebot und den neuen Zügen ein substanzielles Wachstum zu verzeichnen. Die Nachfrage nimmt zu und das ist auch sehr wichtig.

Zwölf Millionen Franken sind Einnahmen aus dem Reiseverkehr. Wird sich diese Zahl in den nächsten Jahren also erhöhen? Vielleicht durch neue Veranstaltungen im Appenzellerland oder interessante Kombiangebote?

Die Verkehrseinnahmen nehmen schrittweise zu. Sie stehen aber mehr in Abhängigkeit zu den Umsätzen im Tarifverbund OSTWIND und den Verteilschlüsseln als vom Ergebnis einzelner Veranstaltungen. Massgebend ist die Nachfrage und damit die Anzahl Personen, welche die Appenzeller Bahnen benützen. Es ist in unserem Interesse, dass die Region zwischen Bodensee und Säntis attraktiv bleibt und auch interessante Veranstaltungen stattfinden, zu denen die Gäste mit der Bahn anreisen.

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