Christine Herzer, Dozentin an der Hochschule Luzern

Christine Herzer, Dozentin an der Hochschule Luzern
Christine Herzer

Christine Herzer, Dozentin am Institut für Tourismuswirtschaft ITW der Hochschule Luzern. (Foto: Hochschule Luzern)

von Patrick Gunti

Frau Herzer, Sie haben die wirtschaftliche Bedeutung der Profimannschaft des FC Luzern untersucht. Bevor wir zu den Ergebnissen Ihrer Arbeit kommen – was ist das Ziel des Projektes?

Die Berechnung der wirtschaftlichen Bedeutung der Profimannschaft des FC Luzern sowie der Analyse von ausgewählten Zuschaueraspekten ist Bestandteil einer dreiteiligen Studie der Hochschule Luzern mit den Projektzielen:

1. Berechnung der ökonomischen Wirkungen des FC Luzern sowie Erkenntnisse zum Sicherheitsempfinden der Matchbesucher/innen.

2. Evaluation der Präventions- und Sicherheitsmassnahmen rund um die Heimspiele des FC Luzern (inklusive Aufzeigen der Kosten von Präventions- und Sicherheitsmassnahmen und deren Finanzierung).

3. Aufbereitung des methodischen Vorgehens, so dass es auf andere (Fussball-) Anlässe übertragen werden kann.

Wie wurden die vorliegenden Resultate ermittelt?

In einem zweiteiligen Verfahren (Stadion- und Onlinebefragung) wurden über 2900 Zuschauer/innen befragt. Zusätzlich wurden mit Vertretern des FC Luzerns, der Stadt und des Kantons Luzern, der Cateringfirma sowie verschiedener Transport- und Medienunternehmen Interviews geführt. Auf der Basis dieser Grundlageninformationen wurde dann die Wertschöpfungsanalyse erstellt.

Gemäss Ihren Untersuchungen hat der FCL in der Saison 2011/12 – die er auf Platz 2 beendete – schweizweit eine Bruttowertschöpfung von rund 27 Millionen Franken ausgelöst. Wieviel dieser Wertschöpfung generiert der Klub selber?

Den grössten Teil – etwa 80% der schweizweiten Wertschöpfung – löst der FC Luzern selber aus. Diese Wertschöpfung besteht aus den wirtschaftlichen Aktivitäten des Clubs und beinhaltet hauptsächlich die Löhne der Spieler und der Mitarbeitenden, Abschreibungen und Steuern sowohl des FCL direkt als auch seiner Zulieferunternehmen.

Welche Branchen profitieren vor allem?

Neben dem Personal des Clubs, dessen Löhne über Konsumausgaben zurück in den Wirtschaftskreislauf fliessen, profitieren vor allem die Zulieferer, die Hotellerie und die Gastronomie, der Detailhandel sowie die Transportbranche.

Hat der FC Luzern einen messbaren Einfluss auf den touristischen Sektor der Region?

Über die gesamte Saison 2011/2012 sind rund 40’000 Logiernächte im Kanton Luzern den Matchbesuchern des FCL zuzurechnen, davon wurden rund 10‘000 in Hotels und rund 6‘000 in der Parahotellerie verbracht. Mit etwa 1% der jährlichen Hotelübernachtungen der Stadt Luzern (Übernachtungstotal von 1.2 Mio.) hat der FCL somit auch einen messbaren Einfluss im touristischen Sektor.

Wieviel der Wertschöpfung fällt in der Stadt und der Region Luzern an, wieviel in den anderen Städten, in denen der FCL in der Super League antritt?

Der FCL löst im Kanton Luzern eine Wertschöpfung von rund 21 Millionen Franken aus. Weitere 6 Millionen Franken werden in der übrigens Schweiz generiert. Wie hoch die Wertschöpfung speziell in den Städten ist, in denen der FCL Super League Spiele bestreitet, wurde nicht berechnet.

«Die wirtschaftlichen Wirkungen entsprechen im Kanton Luzern einem Arbeitsvolumen von 160 Vollzeitstellen.»
Christine Herzer, Dozentin an der Hochschule Luzern

Welches Arbeitsvolumen löst der FC Luzern in einer Saison aus?

Die wirtschaftlichen Wirkungen entsprechen im Kanton Luzern einem Arbeitsvolumen von 160 Vollzeitstellen. Dazu gehören neben Spielern, Trainern und Mitarbeitenden der swissporarena und des FCL auch Mitarbeitende bei den Verkehrsbetrieben, im Catering, im Gastgewerbe, bei der Polizei sowie bei Zulieferbetrieben des FCL. Ausserhalb des Kantons Luzern entstehen durch diese wirtschaftlichen Effekte weitere 60 Vollzeitäquivalente. Somit löst der FCL in einer Saison ein Arbeitsvolumen von 220 Vollzeitstellen aus.

Für die Studie wurden die 17 Heimspiele des FCL in der erfolgreichen Saison 2011/12 untersucht. Lässt sich feststellen, wie stark die ökonomische Bedeutung vom Tabellenplatz abhängig ist und welchen Einfluss zum Beispiel eine Teilnahme an der Champions League hätte?

Die wirtschaftliche Leistung eines Fussballvereins steht in engem Zusammenhang mit dem sportlichen Erfolg, der sich von Jahr zu Jahr stark ändern kann. So kann die Teilnahme an internationalen Wettbewerben, wie der Europa- oder Championsleague, zu deutlichen Mehreinnahmen führen, da zum Beispiel die ausgelösten Logiernächte für internationale Spiele um einiges höher wären. Geringere Auswirkungen auf die ökonomische Bedeutung hat der Tabellenplatz, da 70% der befragten Fans trotz einem Misserfolg in der Meisterschaft weiterhin die Spiele des FCL besuchen würden und somit eine ähnliche Ausgabenstruktur vorliegt.

«Die wirtschaftliche Leistung eines Fussballvereins steht in engem Zusammenhang mit dem sportlichen Erfolg, der sich von Jahr zu Jahr stark ändern kann.

Welche Faktoren ausser dem sportlichen Erfolg beeinflussen die wirtschaftliche Bedeutung eines Fussballklubs?

Die wirtschaftliche Bedeutung eines Fussballklubs wird neben dem sportlichen Erfolg auch von der Fankultur beeinflusst. Ein besonderer Aspekt hierbei sind die Zuschauerinnen und Zuschauer, da sie durch Eintrittsgelder und den Kauf von Fanartikeln massgeblich am Umsatz des FCL beteiligt sind. Ein weiterer Aspekt ist die Sicherheit an Fussballspielen, z. B. verschlechtert zunehmendes Fehlverhalten von Fans das Image des Fussballs und die Anzahl Matchbesucher. Ebenso hat das Sponsoring einen Einfluss auf die wirtschaftliche Bedeutung des Clubs. Je erfolgreicher der Club und/oder über je mehr bekannte Spieler der FCL verfügt, desto mehr Zuschauer sind an den Spielen interessiert, was zu einer erhöhten Aufmerksamkeit der Sponsoren führt. Diese Punkte verdeutlichen, dass sehr vieles schlussendlich doch vom sportlichen Erfolg abhängt.

Wie lässt sich das Ergebnis der Studie auf andere Super League-Vereine wie Liga-Krösus FC Basel, GC, den FCZ oder die Young Boys hochrechnen?

Basierend auf der Wertschöpfung des FC Luzerns lässt sich diejenige anderer Fussballclubs nur sehr bedingt hochrechnen. Solche Hochrechnungen sind nicht aussagekräftig. Im Fall des FC Luzern fallen knapp 80% der Wertschöpfung auf Vereinsausgaben selbst zurück. Dies muss aber nicht auch für andere Clubs gelten. Bestreitet ein Club z. B. internationale Spiele wie die Champions League, so verändern sich die Wertschöpfungsanteile und auch die Ausgabestruktur der Zuschauer differenziert stark. Zudem müssen auch Faktoren wie die verschiedenen Varianten von Fantransporten, die Organisation des Caterings oder z.B. Sponsoringaktivitäten ausserhalb des Stadions berücksichtigt werden.

Ein zweiter Teil der Studie befasst sich auch mit den Kosten für die Gewährleistung der Sicherheit rund um die Spiele auf der Allmend. Zu welchen Resultaten sind Sie in diesem Bereich gekommen?

In einem ersten Schritt wurde ein detailliert beschriebener Sicherheitsprozesses erarbeitet. Darin wurden die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure analysiert sowie ein Funktionen-/Kompetenzdiagramm der Gesamtorganisation des Prozesses „Fussballspiel in der swissporarena“ erstellt. In einem nächsten Schritt werden die Kosten und die Finanzierung der Sicherheitsmassnahmen analysiert. Hierzu liegen noch keine Resultate vor. Wir erwarten einen Abschluss dieses Projektes im Juni 2013.

Sie haben das Sicherheitsempfinden der Zuschauer in der Luzerner Swissporarena sowie bei der An- und Rückreise untersucht. 99 % fühlen sich demnach stets oder meistens sicher. Die öffentliche Wahrnehmung ist aber eine ganz andere. Wie erklären Sie sich diesen Wert?

Mehr als 99% der Zuschauer fühlen sich in der swissporarena stets oder meistens sicher, auf der An- sowie auf der Rückreise liegen diese Werte ganz wenig tiefer. Trotz diesem sehr guten Ergebnis wünschen sich die Zuschauer weitere Sicherheitsmassnahmen. Die Videoüberwachung im Stadion, der Einsatz von Schnellrichtern oder längere Stadionverbote werden begrüsst. Dagegen haben die Fans weniger Verständnis für die Forderung nach Abschaffung der Stehplätze oder nach einem Alkoholverbot. Die öffentliche Wahrnehmung wird oft von den Medien selber beeinflusst, da diese im Detail über vereinzelte unruhestiftende Fussballchaoten und deren Vorfälle berichten. Herr und Frau Normalbürger, die kein grundsätzliches Fussballinteresse haben, erhalten dann den Eindruck, dass nur schon der Besuch eines Fussballspieles mit Sicherheitsrisiken verbunden ist. Das ist aber ganz und gar nicht der Fall.

Die Sicherheit rund um und in der Arena ist auch das Thema des 2. Teils des Forschungsprojektes. Was sind die Ziele und wie werden von den Resultaten auch andere Veranstalter profitieren können?

Wie erwähnt, sind die Ziele für den 2. Teil des Projektes das Aufzeigen von allfälligen Schwachstellen innerhalb der Präventions- und Sicherheitsmassnahmen, um daraus Optimierungsmöglichkeiten abzuleiten. Dieses methodische Vorgehen soll danach so aufbereitet werden, dass es auch auf andere (Fussball-) Anlässe übertragen werden kann.

Frau Herzer, besten Dank für das Interview.

Zur Person:

Bachelor
Leiterin BSc Studienrichtung Tourismus und Mobilität

Institut für Tourismuswirtschaft
ITW Dozentin – Fächer: BA Modul Sporttourismus, Sportmanagement

Biographie

Aus- und Weiterbildung
– lic. oec. publ., Universität Zürich
– dipl. Handelslehrerin, Universität Zürich

Praxistätigkeit  
– 2012 EDA: Event Management House of Switzerland Olympic Games London 2012
– 2009 – heute Hochschule Luzern, Dozentin am ITW
– 2006 – 2008 Swiss Sailing Team AG, Team-Management Olympic Games Peking 2008
– 2004 – 2005 Trainee Programme Dosenbach-Ochsner AG
– 2003 – 2004 Handelslehrerin Kantonsschule Hottingen, Zürich

Hochschule Luzern

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