Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding AG

Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding AG
Claude Cornaz, ehemaliger Vetropack-CEO. (Foto: Vetropack/mc)

Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding AG. (Foto: Vetropack/mc)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Cornaz, alle träumen vom grossen Geschäft mit China. Warum geht Veropack nicht «far east»?

Claude Cornaz: Weil wir – durchaus auch im geografischen Sinn – näherliegende Entwicklungsmöglichkeiten haben. Unser Fokus liegt auf Europa, genauer Zentral- und Osteuropa. Asien bietet uns nicht die operativen Vorteile, die wir dank der geografischen Nähe in Europa realisieren können.

Im 2012 konnte Vetropack das Umlaufvermögen um 13,7 Prozent oder 47,2 Millionen reduzieren. Der grösste Teil der flüssigen Mittel wurde zur Schuldentilgung eingesetzt. Warum tilgen Sie in Zeiten so billigen Geldes? Die Glasverpackungsindustrie ist doch nach wie vor ein Wachstumsmarkt.

Auch wenn Geld zurzeit billig ist, wie Sie sagen: Umsonst ist es nicht und deshalb tilgen wir Schulden – weil wir das Geld dazu haben und es keine Einschränkung unserer Handlungsmöglichkeiten bedeutet.

Im «nahen Osten», sprich in der Ukraine und der ehemaligen Tschechoslowakei, läuft es für Vetropack ausgezeichnet. Allerdings musste in Kroatien eine Wanne revidiert werden. Wie kann man solche Produktionsausfälle am besten vermeiden?

Mit unseren Wannen schmelzen wir 365 Tage, rund um die Uhr, Glas. Die hohen Schmelztemperaturen bedeuten Verschleiss und beschränkte Lebensdauer. Rund alle 10 Jahre müssen die Wannen total revidiert werden. Das ist typisch für unsere Industrie und lässt sich nicht vermeiden.

Und wie werden technisch bedingte Ausfälle am besten kompensiert, wenn doch aufgrund der hohen Transportkosten Glas vor Ort hergestellt werden muss?

Unser Ziel ist es, Lieferunterbrüche am Markt zu vermeiden. Produktionsunterbrüche  – zum Beispiel durch Wannenrevisionen – überbrücken wir durch Lieferungen ab Lager sowie durch Aushilfsproduktionen innerhalb der Gruppe.

Pro Mitarbeiter produzieren Sie die unglaubliche Zahl von über eine Million Flaschen pro Jahr. Wie hoch liegt eigentlich bei solch schnellen und hohen Produktionsraten die Ausschussrate?

Es ist unser Bestreben, die Ausschussrate möglichst tief zu halten. Je tiefer, desto besser für den wirtschaftlichen Erfolg. Obwohl wir sehr stolz sind auf das, was wir in diesem Bereich erreicht haben, sprechen wir aus Konkurrenzgründen nicht darüber. Es ist unser Geheimnis (lacht).

«Wir engagieren uns an allen unseren Standorten für das Glas-Recycling und eine Erhöhung der Sammelquoten.»
Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding

Schweizer sind ja Recycling-Weltmeister. Vier von fünf Glasbehältern werden wieder eingeschmolzen. In Kroatien sind es nur zwei von fünf. Betreiben Sie in Osteuropa so etwas wie Nachhaltigkeitskampagnen?

Wir engagieren uns an allen unseren Standorten für das Glas-Recycling und eine Erhöhung der Sammelquoten. Wir tun dies gemeinsam mit Behörden und Partnern, indem wir gemeinsame Sammelkonzepte ausarbeiten und umsetzen.

Wo stehen Sie augenblicklich in der Entwicklung des Hartglases, das Sie ja zusammen mit der Bucher-Tochter Emhart Glass vorantreiben?

In diesen Wochen wird die neu entwickelte Härtungsmaschine von Emhart Glass in unserem Werk in Pöchlarn, Österreich, installiert. Ende Mai beginnen wir mit ersten Testproduktionen unter industriell stabilen und reproduzierbaren Bedingen.

Kann man dann dieses gehärtete Glas überhaupt in die Recycling-Tonne werfen?

Selbstverständlich, es handelt sich um eine rein thermische Härtung von ganz normalen Glasflaschen. Die physikalischen Eigenschaften von Glas ändern sich dadurch nicht.

«Sorge bereitet uns die wirtschaftliche Herausforderung als Grundindustrie am Standort Schweiz bestehen zu können.»

Ihr Urgrossonkel hat das Unternehmen gegründet. Meist heisste es ja, ab der dritten Generation wird’s schwierig. Was wird Ihre allergrösste Herausforderung sein für dieses Jahrzehnt?

Es gibt heute nicht DIE grösste Herausforderung, sondern viele grosse. So gehört zum Beispiel das Thema Energie  – Kohlendioxid, Kosten, Footprint undsoweiter – zu den grossen Themen. Sorge bereitet uns aber auch die wirtschaftliche Herausforderung als Grundindustrie am Standort Schweiz bestehen zu können.

Die Cornaz-Familie kontrolliert fast vier Fünftel der Stimmen über die stimmstarken Namensaktien. Wäre eine Einheitsaktie einmal ein Thema? Man könnte ja den Stimmrechtsverlust in Geldwert kompensieren.

Nein, das ist im Verwaltungsrat kein Thema.

Es sieht ja nicht danach aus, als ob der Gegenwind, den Vetropack am Produktionsstandort Schweiz abbekommt, Konkurrenzdruck aus dem Billigeuroraum und hohe Energiekosten, kurzfristig abnehmen wird. Wie geht es da weiter?

Der Produktionsstandort Schweiz gehört zu unseren Herausforderungen. Viele Entwicklungen, welche die Möglichkeiten für die Grundindustrie in der Schweiz wichtig sind, können nicht gesteuert werden, deshalb ist es umso wichtiger, dass wir das, was wir beeinflussen können, bewusst zum Vorteil des Standorts Schweiz einsetzen. Ich denke da insbesondere an unsere liberale Gesetzgebung, an den Arbeitsfrieden, das Ausbildungsniveau usw.

Nimmt man den Brandversicherungswert all Ihrer Sachanlagen zur Basis, dann bekommt man die Vetropack-Aktie trotz der fulminanten Kurssteigerungen der letzten zwölf Jahre zum halben Preis. Wäre da nicht auch mal ein Aktienrückkauf auch ein Thema? Genug Cash generiert Vetropack ja.

Das machen wir: Der Verwaltungsrat plant, ein Rückkaufprogramm mittels Abgabe einer Put-Option durchzuführen. Die genauen Konditionen werden noch bekannt gegeben.

Zur Person:
Claude Cornaz ist promovierter dipl. Masch.-Ing. ETH/BWI und war 1987-89 Assistent Bereichsleiter “Management Services” bei Contraves und 1989-93 Projekt-Ingenieur bei Nestec SA, Vevey, zwei Jahre davon in Thailand, Asien. Seit 1993 leitete er bei Vetropack Holding AG den Gruppenstab Unternehmensentwicklung und ab 1995 den Fachführungsbereich Technik/Produktion/Logistik. 1996 wurde er zusätzlich zum Mitglied der Gruppenleitung ernannt und wurde 1998 Stellvertreter des Vorsitzenden der Gruppenleitung. 1998 erfolgte die Wahl in den Verwaltungsrat der Vetropack Holding AG. Seit 2000 ist er Delegierter des Verwaltungsrates.

Zum Unternehmen:
Vetropack ist ein börsenkotiertes Familienunternehmen mit Gruppenmanagement in der Schweiz. Vetropack zählt zu den führenden Verpackungsglasherstellern in Europa. Für die Herstellung und den Vertrieb von Verpackungsglas verfügt die Vetropack über eigene Gesellschaften in der Schweiz, in Österreich, in Tschechien, in der Slowakei, in Kroatien und in der Ukraine. Die Vetropack-Gruppe beschäftigt 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In 7 Glaswerken steht mit insgesamt 16 Schmelzwannen eine Produktionskapazität von über 4000 Tagestonnen Verpackungsglas zur Verfügung. Sämtliche Werke sind nach ISO 9001zertifiziert.

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