Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding AG

Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding AG

Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding AG.

Von Alexander Saheb

Moneycab: Vergangenes Jahr konnte Vetropack die produzierte Menge steigern, den Umsatz aber nicht. Welche Gründe hatte das?

Claude Cornaz: Drei Gründe sind dafür massgebend: Zum einen hat sich im wirtschaftlich mittlerweile wieder stabilisierten Umfeld zwar die Nachfrage erholt, die Preise sind jedoch extrem unter Druck geraten. Zweitens beeinflusste die Verschiebung des Produkte-Mixes hin zu leichtern Glasverpackungen die Ertragsentwicklung. Als dritter Faktor spielte die Kursentwicklung eine wesentliche Rolle: Der starke Schweizer Franken drückte den konsolidierten Umsatz in Franken um 42 Millionen. Ohne Währungseinfluss lag der Umsatz dagegen 1.8 Prozent über dem  Vorjahreswert.

Wie werden Sie mit diesen Hürden 2011 umgehen?

Unsere Werke sind voll ausgelastet. 2011 bleibt die Nachfrage an Verpackungsglas, aber auch der Preisdruck unverändert hoch». Deshalb können wir nur bedingt die gestiegenen Produktionskosten durch Preisanpassungen kompensieren. Der Währungsdruck bleibt bestehen. Gegen die Hürde des starken Franken können wir aber wenig unternehmen.

Wo sehen Sie die Zukunft von Glasverpackungen, wird nicht PET einen immer grösseren Bedarfsteil abdecken?

Die Umschichtung von Glas nach PET ist praktisch abgeschlossen. Beide Verpackungsmaterialen haben heute ihre Einsatzbereiche. Wir gehen davon aus, dass der Verbrauch von Verpackungsglas in Europa stabil bleiben wird. Dank seiner herausragenden und konkurrenzlosen Eigenschaften – Glas ist geruchs- und geschmacksneutral und hat eine hohe Anmutung – hat Glas auch in Zukunft absolut hervorragende Chancen. Denken Sie zum Beispiel an das Wein- und Biersegment oder an die Gastronomie.

«Unsere Industrie ist nicht gekennzeichnet durch Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer, sondern durch Produktion für die lokalen Märkte.»
Claude Cornaz, CEO Vetropack Holding

Welche Anwendungsfelder/Nischen wird Vetropack in fünf bis zehn Jahren bedienen?

Vetropack ist nicht in Nischen aktiv, sondern deckt in allen seinen Märkten alle Segmente der Getränke- und Lebensmittelindustrie ab. Wir liefern Verpackungen für Bier, Wein, Spirituosen, Food, Mineralwasser, Fruchtsaft und anderes.

Sie haben schon heute Produktionsstätten in «Tieflohnländern» Osteuropas. Wie können Schweizer Standorte da mithalten?

Unsere Industrie ist nicht gekennzeichnet durch Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer, sondern durch Produktion für die lokalen Märkte. Oder anders gesagt, da Glasverpackungen günstig aber voluminös sind, kompensieren die Transportkosten rasch die Preisvorteile aus Tieflohnländern. Glasproduktion bleibt daher eine lokale Industrie. Der Grund, dass Vetropack insbesondere in der Schweiz gefordert ist liegt darin, dass wir zu hohen schweizerischen Standortkosten produzieren, hingegen aufgrund des internationalen Wettbewerbes auch im Inland zu europäischen Preisen verkaufen müssen.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Durch unsere internationale Tätigkeit sind wir schon seit langem gewohnt, in der täglichen Zusammenarbeit mit verschiedenen Kulturen umzugehen.

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchs ein?

Die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchs ist international absolut gegeben. Die Ausbildung ist sehr gut, der Führungsnachwuchs ist sprachlich gewandt und international einsetzbar. Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass auch in Ländern Osteuropas hervorragende Nachwuchskräfte vorhanden sind, die sich insbesondere durch Initiative und Dynamik auszeichnen.

«Unsere Strategie ist Wachstum in Osteuropa.»

Mit dem Projekt «Prisma» möchten Sie Prozesse und IT-Landschaft gruppenweit harmonisieren. Welche Kosten budgetieren Sie, welche Vorteile erhoffen Sie sich?

Über einzelne interne Projekte informieren wir nicht detailliert öffentlich. Deshalb nur soviel: Das Projekt Prisma hat als Ziel die grundlegende Harmonisierung der Prozesse in allen Vetropack-Gesellschaften.

Rund 100 Mio. Franken liquide Mittel (inkl. Wertschriften), und über 70 Prozent  Eigenkapital in der Bilanz. Welche strategischen Ziele verfolgen Sie damit?

Unsere Strategie ist Wachstum in Osteuropa. Von der finanziellen Seite sind die Voraussetzungen für einen Umsetzungsschritt sicherlich gegeben. Ein solcher Schritt ist aber immer mit Risiken verbunden und von den Opportunitäten abhängig.

Die Vetropack-Aktie erlebte 2010 und auch im bisherigen Verlauf von 2011 eine recht gemächliche Entwicklung. Was spricht für eine Investition in den Titel?

Wir operieren in einem verhältnismässig stabilen Marktumfeld. In diesem Umfeld generieren wir einen hohen  free cash flow, den wir wieder in das Wachstum der Gruppe einsetzen. Dieses Prinzip wenden wir schon seit langem erfolgreich an.

Herr Cornaz, vielen Dank für Ihre Antworten.

Der Gesprächspartner
Claude Cornaz ist promovierter dipl. Masch.-Ing. ETH/BWI und war 1987-89 Assistent Bereichsleiter «Management Services» bei Contraves und 1989-93 Projekt-Ingenieur bei Nestec SA, Vevey, zwei Jahre davon in Thailand, Asien. Seit 1993 leitete er bei Vetropack Holding AG den Gruppenstab Unternehmensentwicklung und ab 1995 den Fachführungsbereich Technik/Produktion/Logistik. 1996 wurde er zusätzlich zum Mitglied der Gruppenleitung ernannt und wurde 1998 Stellvertreter des Vorsitzenden der Gruppenleitung. 1998 erfolgte die Wahl in den Verwaltungsrat der Vetropack Holding AG. Seit 2000 ist er Delegierter des Verwaltungsrates.

Das Unternehmen
Vetropack ist ein börsenkotiertes Familienunternehmen mit Gruppenmanagement in der Schweiz. Vetropack zählt zu den führenden Verpackungsglasherstellern in Europa. Für die Herstellung und den Vertrieb von Verpackungsglas verfügt die Vetropack über eigene Gesellschaften in der Schweiz, in Österreich, in Tschechien, in der Slowakei, in Kroatien und in der Ukraine. Die Vetropack-Gruppe beschäftigt 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In 7 Glaswerken steht mit insgesamt 16 Schmelzwannen eine Produktionskapazität von über 4000 Tonnen pro Tag Verpackungsglas zur Verfügung. 2010 wurde ein Umsatz von 642.6 Mio. Franken und ein Reingewinn von 38.7 Mio. Franken erzielt. Die Aktien der Gesellschaft werden mit dem Kürzel VET an der SWX gehandelt.

Symbolbild KF für CEO Interviews


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