Daniel Lutz, CEO ORIOR AG, im Interview

Daniel Lutz, CEO ORIOR AG, im Interview
Orior-CEO Daniel Lutz. (Foto: Orior)

Daniel Lutz, CEO Orior AG. (Foto: Orior)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Lutz, Sie stehen seit dem 1. Februar letzten Jahres an der Spitze des Unternehmens. Was hat Ihr erstes Amtsjahr geprägt?

Daniel Lutz: Das grösste und prägendste Ereignis im letzten Jahr war zweifelsohne der Strategieprozess. Zusammen mit meinen Kollegen aus dem Management Board und der erweiterten Geschäftsleitung habe ich einen neuen Strategieprozess initiiert, in den der Verwaltungsrat, das Management und über 50 Mitarbeitende aus allen Units und von diversen Stufen involviert waren. Unter dem Titel «ORIOR 2020» haben wir unser Geschäftsmodell und unsere Aktivitäten bis ins Detail analysiert und darauf aufbauend die Strategie für die nächsten fünf Jahre formuliert. Im November 2015 haben wir die Strategie «ORIOR 2020» den Investoren und der Öffentlichkeit vorgestellt. Zudem sind wir im Herbst 2015 in die Umsetzungsphase eingetreten.

Was sind neben Frankenstärke und Einkaufstourismus die aktuell grössten Herausforderungen für Orior?

Das Umfeld ist anspruchsvoll. Der starke Schweizer Franken drückt auf Preise und Margen. Der traditionelle Detailhandel in der Schweiz ist tendenziell rückläufig; akzentuiert verläuft diese Entwicklung in den Grenzregionen. Auch Gastronomie und Tourismus verzeichnen weniger Umsatz. Hinzu kommt die Rohstoffpreissituation. Diese Faktoren wirken sich direkt oder indirekt auf unser Geschäft aus. Orior macht vieles echt gut und richtig. Das Umfeld fordert aber, dass wir auch neue Wege begehen, um langfristig erfolgreich zu sein. Ziel ist es, noch flexibler und agiler zu werden. Die Herausforderungen sind gross; das Potenzial von Orior auch.

«Insbesondere der Druck von ausländischen Anbietern ist in Mainstream-Produktgruppen bedeutend angestiegen. Umso wichtiger ist die weitere Stärkung und Spezialisierung unserer Kernkompetenzen.»
Daniel Lutz, CEO ORIOR AG

Wie sieht es mit der Konkurrenz in den einzelnen Bereichen aus?

Orior zelebriert die Handwerkskunst und bedient die Nische, auch mit kleinen Volumen, mit gleichbleibend hoher Qualität und mit wettbewerbsfähigen Preisen. Das sind starke Alleinstellungsmerkmale. Darüber hinaus pflegen wir enge Partnerschaften zu unseren Kunden. Aber natürlich spüren auch wir, dass der Konkurrenzkampf grösser geworden ist. Insbesondere der Druck von ausländischen Anbietern ist in Mainstream-Produktgruppen bedeutend angestiegen. Umso wichtiger ist die weitere Stärkung und Spezialisierung unserer Kernkompetenzen.

Mit einem Minus von 5.6% hatte das auf veredelte Fleischprodukte spezialisierte Segment Refinement (Rapelli, Albert Spiess, Möfag) den grössten Umsatzrückgang zu verzeichnen. Wie erklärt sich diese starke Einbusse?

Zurückzuführen ist der Umsatzrückgang hauptsächlich auf die tiefen Rohstoffpreise und die damit verbundenen Preisabschläge. Zudem spürten auch Rapelli und Albert Spiess im zweiten Halbjahr verstärkt die Auswirkungen des starken Schweizer Frankens; insbesondere in Grenzgebieten und in Tourismusregionen. Die Minusteuerung aus den tiefen Fleischpreisen wirkte sich hingegen positiv auf die Rentabilität aus. Zusammen mit der Schärfung des Portfolios und dem entsprechenden Fokus auf die Optimierung des Produktemix ist es uns gelungen, die operativen Ergebnisse im Segment Refinement zu verbessern.

Im laufenden Jahr soll die bekannte Marke Rapelli neu positioniert werden. Wie sieht die Planung diesbezüglich aus?

Erste Produkte sind bereits im Markt; bis Mitte März werden die neuen Produkte in allen Regalen stehen. Wir haben uns bis ins Detail über die Identität und den Charakter der Marke Gedanken gemacht. Das war ein langer Prozess. Das Resultat ist hervorragend. Nun beginnt die breit angelegte Kommunikation des neuen Auftritts. Teil davon ist auch ein Werbespot, worin grossmehrheitlich unsere eigenen Rapelli-Mitarbeitenden mitwirken. Die Reaktionen sind von allen Seiten sehr positiv – das freut mich natürlich.

«Wir halten daran fest, im Ausland eine Akquisition zu tätigen.»

Zuletzt ist Orior eine strategische Partnerschaft mit dem deutschen Vegi-Pionier Tofutown eingegangen. Wie sehen Ihre längerfristigen Wachstumspläne im Ausland aus – welche Zukäufe sind vorstellbar?

Orior ist Vegi-Pionier in der Schweiz; Tofutown ist Vegi-Pionier in Deutschland – das Potenzial dieser Partnerschaft ist einmalig und wir werden ebensolche Partnerschaften und Kooperationen auch weiterhin proaktiv vorantreiben. Zudem halten wir daran fest, im Ausland eine Akquisition zu tätigen. Dabei stehen das Ausbauen der Marktposition, das Stärken der Innovationskraft und das Realisieren von Effizienzgewinnen im Zentrum.

In welchen Bereichen sehen Sie generell die grössten Wachstumsmöglichkeiten?

Vegetarisch und vegan wird weiterhin wachsen. Die sogenannten Flexitarier – Menschen, welche an einigen Tagen in der Woche bewusst auf Fleisch verzichten – werden noch mehr zunehmen. Frische, Qualität und Regionalität sind ebenso wichtig: die Sensibilität der Konsumenten gegenüber der Herkunft von Rohstoffen ist bedeutend grösser geworden und die Menschen sind – dank der heutigen Mobilität – sehr offen für Neues. Diese Bedürfnisse können ausschliesslich mit starker lokaler Verankerung und mit Nähe zum Markt, mit Innovationskraft und mit entsprechender Schnelligkeit bedient werden. Wachstum sehe ich auch in der generellen Erweiterung unserer Angebote; über das Produkt hinaus in Services, Prozessen und gesamten Dienstleistungspaketen.

Die Ernährungsgewohnheiten ändern sich sehr rasch. Wie ist Orior darauf vorbereitet?

Orior verfügt über ein einzigartiges Geschäftsmodell einer schlanken Holding mit eigenständigen Kompetenzzentren. Diese Philosophie erlaubt eine einmalige Kunden- und Marktnähe, die uns ermöglicht, den Fokus konsequent auf unsere Hauptproduktgruppen auszurichten. In Verbindung mit der hohen Innovationskraft bildet dies die Basis, um agil, schnell und erfolgreich auf neue Trends, auf Konsumentenbedürfnisse und auf Kundenwünsche zu antworten.

Apropos Innovationen: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem neu initiierten Champion-Modell?

Innovationsfähigkeit muss auch über das Produkt hinaus in Konzepten, Services und Prozessen noch weiter verstärkt werden. Der neue Group Innovation Manager wird die Innovationsentwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette und über alle Kompetenzzentren hinweg leiten und zusammen mit den Innovations-Champions der einzelnen Firmen vorantreiben. Dieses Modell führt zu einem Know-how-Austausch innerhalb der Orior Gruppe. Entsprechend wird sich die Innovationskraft bedeutend erhöhen und die Realisationszeit von neuen Ideen verkürzen.

«Innovationsfähigkeit muss auch über das Produkt hinaus in Konzepten, Services und Prozessen noch weiter verstärkt werden.»

Woher kommen die Impulse für neue Kreationen?

Inspiration kommt von überall: von Reisen, von anderen Kulturen, aus dem Alltag und aus dem Geschäftsleben. Alle Orior-Mitarbeitenden haben eine Mitverantwortung, denn Innovation entsteht entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Ich denke hierbei zum Beispiel an einen neuen Produktionsprozess, der uns erlaubt, weniger Abfall zu generieren oder ein neues Produktkonzept für die Verpflegung zwischendurch. Es ist wichtig, täglich an Innovation zu denken und mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu gehen – denn da trifft man unumgänglich auf unzählige Inspirationsquellen.

Welche Erwartungen verbinden Sie mit dem laufenden Geschäftsjahr?

Der Markt und das Umfeld bergen viele Herausforderungen, aber auch Chancen. Unsere Motivation ist es, eine stetige Wertsteigerung für alle Stakeholders zu erzielen. Allem voran konzentrieren wir uns auf die konsequente Umsetzung der Strategie «ORIOR 2020»: Wachstum in unseren Kernproduktgruppen, Innovation, Stärkung unserer Marken sowie die Effizienz und das Kostenmanagement verbessern. Das erreichen wir unter anderem auch dank Nutzung von Gruppensynergien und dank weiterer Optimierung des Produktportfolios. Das sind nur einige der Aufgaben, die wir im laufenden Jahr vorantreiben beziehungsweise anpacken werden. Wir müssen Prioritäten setzen, um erfolgreich zu sein.

Herr Lutz, wir bedanken uns für das Interview.

Zur Person:
Daniel Lutz ist seit 1. Februar 2015 CEO der Orior AG. Lutz ist ein ausgewiesener und erfahrener Food-Spezialist mit sehr guten Kenntnissen des Schweizer Marktes und insbesondere des Detailhandels. Der studierte Ökonom war während mehrerer Jahre Leiter der Nestlé-Division Frisco-Findus in Rorschach, wo er sowohl für die Produktion als auch für den Vertrieb und das Marketing verantwortlich war. Zuvor war er für Nestlé in verschiedenen Führungspositionen in der Schweiz, in Mexiko und in Malaysia tätig. Vor seinem Wechsel zu Orior war Daniel Lutz als Managing Director von Nestlé Food and Beverage in China, Hongkong und Taiwan für einen Milliardenmarkt zuständig.

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