Daniel Röthlin, Unternehmensleiter Ex Libris, im Interview

Daniel Röthlin, Unternehmensleiter Ex Libris, im Interview
Daniel Röthlin, Unternehmensleiter Ex Libris. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Röthlin, das Buch war einer der «Corona-Gewinner». Während der Pandemiejahre wurde sehr viel gelesen. Wie hat sich der Absatz seither entwickelt?

Daniel Röthlin: Die Buchverkäufe haben sich bei Ex Libris schon vor der Corona-Zeit laufend positiv entwickelt. Die sprunghaft gestiegene Nachfrage während der Corona-Zeit hat uns als Unternehmen stark gefordert, aber natürlich auch sehr gefreut. Dank dem grossen und engagierten Einsatz aller Mitarbeitenden haben wir diese Zeit sehr gut gemeistert. Mittlerweile hat sich der Umsatz wieder sehr deutlich über dem bereits guten Vor-Corona-Niveau eingependelt.

Aktuell läuft eine Kampagne zum Thema Lesefreude in der Deutschschweiz.

Ja, wir bringen die Lesefreude auf die Strasse mit einer Experience-Kampagne. An 61 Plakatstellen in der Deutschschweiz werden wir bis zum 5. November vertreten sein – und dies nicht nur mit Plakaten, sondern mit Bücherregalen. Darin befinden sich rund 12’000 Bücher, aus denen sich die Passantinnen und Passanten ein neues Exemplar zum Schmökern aussuchen können. Eine einzigartige Kampagne, wie es sie noch nie gab.

Belletristik sowie Kinder- und Jugendbücher führen die Umsatzrangliste im Schweizer Buchhandel klar an. Ist dies auch bei Ex Libris der Fall?

Das können wir bestätigen und dieses Bild spiegelt auch die Philosophie von Ex Libris wider. Schon für den Gründer der Migros, Gottlieb Duttweiler, stand die Familie im Mittelpunkt und so ist es bis heute bei Ex Libris geblieben. Als grösste Online-Buchhandlung der Schweiz führen wir ein sehr breites Sortiment, legen aber besonderen Wert auf die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Familien.

«Schon für den Gründer der Migros, Gottlieb Duttweiler, stand die Familie im Mittelpunkt und so ist es bis heute bei Ex Libris geblieben.»
Daniel Röthlin, Unternehmensleiter Ex Libris

Was lesen Sie persönlich am liebsten? Und wenn Sie lesen: Gedrucktes Buch oder E-Reader?

Ich verbringe viel Zeit am Bildschirm und im Büro. Dann geniesse ich in der Freizeit das Gefühl, mit einem guten Buch etwas Haptisches in den Händen zu halten.

Im Online-Verkauf von Büchern ist Ex Libris die Nummer 1 in der Schweiz. Wie hoch ist der Anteil gedruckter Bücher und wie viele gehen als Download auf verschiedene E-Reader?

Die digitalen Bücher bewegen sich derzeit noch im mittleren einstelligen Prozentbereich. Wir gehen aber davon aus, dass wir in Zukunft noch deutlich an Marktanteilen gewinnen können.

Sie planen per Ende Jahr die Lancierung eines eigenen E-Reader. Was können Sie uns dazu verraten?

Ja klar, einen kleinen Vorgeschmack kann ich Ihnen gerne geben. Wir sind gerade dabei, eine neue Welt für digitales Lesen zu schaffen. Dazu gehören neben einem neuen E-Reader-Sortiment und mehreren Millionen E-Books auch die dazu passenden Apps für Android und IOS. Diese Welt ermöglicht eine einfache Nutzung jederzeit und überall und dies zu Ex Libris-Tiefpreisen. Zurzeit befinden wir uns in der Testphase, aber in wenigen Wochen sollte das Angebot für unsere Kundinnen und Kunden verfügbar sein.

«Wir sind gerade dabei, eine neue Welt für digitales Lesen zu schaffen.»

Ex Libris hat in den letzten zehn Jahren einen umfassenden Wandel von einem Detailhändler mit einem grossen Filialnetz zu einem grossen Onlineshop mit einigen ausgesuchten Filialen erlebt. 2010 waren es noch fast 120 Filialen, heute noch 15. Wie wichtig sind diese Filialen?

Sie sind sehr wichtig. Die tägliche Begegnung mit unserer Marke hilft uns, in den Köpfen unserer Kundinnen und Kunden präsent zu bleiben. Deshalb wird das Thema Filialen für Ex Libris auch in Zukunft von grosser Bedeutung sein.

2022 hat Ex Libris am Hauptsitz in Dietikon eine Ex Libris Express-Filiale eröffnet. Was ist das Besondere an ihr und wie gut ist sie besucht?

Mit Ex Libris Express haben wir vor gut einem Jahr an unserem Hauptsitz in Dietikon die kleinste und schnellste Filiale mit dem grössten Sortiment eröffnet. Bei Ex Libris Express in Dietikon sind über 10’000 Artikel sofort abholbereit. Wir begrüssen regelmässig Kunden, das Angebot dürfte sich aber noch etwas mehr herumsprechen. Da wir hier nicht an einer Hochfrequenzlage sind, entwickelt sich aber der Umsatz erwartungsgemäss nicht wie in einer neuen Filiale im Stadtzentrum. Ex Libris Express ist auch deshalb einen Besuch wert, weil sich die kurze Wartezeit, bis das Gewünschte aus dem Lager kommt, wunderbar mit einem Kaffee auf einem unserer gemütlichen Sofas überbrücken lässt. Manchmal muss man diesen allerdings sehr schnell trinken: Der Rekord von der Bestellung bis zur Übergabe liegt bei gerade mal zwei Minuten.

Das Einkaufserlebnis im Buchladen ist oft auch ein «Stöber-Erlebnis». Wie lässt sich dieses möglichst sinnvoll in den Online-Buchhandel umsetzen?

Online-Shops sichern heute die Bedarfsdeckung. Ein grosses Thema ist die Bedarfsweckung und Inspiration. Daran arbeiten wir täglich ganz nach dem Motto «Wer aufhört, besser werden zu wollen, hört auf, gut zu sein». In unserem Shop gibt es neben dem immer beliebter werdenden Geschenkefinder verschiedene Themenwelten. Mit wechselnden Bannern weisen wir auf Neuerscheinungen hin oder stellen Autoren des Monats vor. Ausserdem veröffentlichen wir jede Woche neue Buch- und Spielecharts. Wer in der ersten Reihe sitzen möchte, meldet sich am besten im Ex Libris Club an und erhält neben dem Newsletter alle zwei Monate ein Magazin mit spannenden Informationen und Rabattangeboten.

«Online-Shops sichern heute die Bedarfsdeckung. Ein grosses Thema ist die Bedarfsweckung und Inspiration. Daran arbeiten wir täglich.»

Vor der grossen Transformation machte Ex Libris in seinen Filialen einen Grossteil seiner Umsätze mit CD’s und DVD’s. Dann kamen Download, VoD und Streaming und die Umsätze brachen weg. Haben Musik und Film für Ex Libris noch eine Bedeutung?

Mit der Digitalisierung der Produkte haben sich auch die Nutzungskonzepte verändert. Miete, Flatrates und Abo-Lösungen ersetzen den Besitz. Nach wie vor führen wir ein grosses Musik- und Filmsortiment im Online-Shop und auch Vinyl-Fans kommen bei uns auf ihre Kosten. Die Nachfrage nach CDs und DVDs wird aber weiter zurückgehen. Deshalb setzen wir in den Filialen vor allem auf Bücher und Spiele.

Auch bei den Spielen hat sich vieles in die digitale Welt verschoben. Mit welchen Auswirkungen auf das Sortiment von Ex Libris?

Hier muss man unterscheiden zwischen Spielen, die wie die «Games» digitalisiert sind, und Gesellschaftsspielen wie Brettspielen, Denkspielen, Familienspielen, um nur einige zu nennen. Bei diesen Spielen ist das Miteinander sehr wichtig: gemeinsam fiebern, lachen oder sich auch mal ärgern. Mit Corona haben uns die Kundinnen und Kunden gezeigt, dass ihnen das Spielen wichtig ist. Diesem Bedürfnis sind wir nachgekommen und haben unser Sortiment entsprechend entwickelt und bauen es laufend weiter aus.

1947 als Buchclub gegründet, heute der grösste Onlinebuchhändler des Landes – wohin geht die Reise in den kommenden Jahren?

Wir verbinden zwei Welten: Einerseits bleiben wir mit unserem Bekenntnis zum Buch unseren Wurzeln treu und setzen uns mit niedrigen Preisen dafür ein, dass Lesen für alle erschwinglich bleibt. Andererseits haben wir ein offenes Ohr für die sich ständig verändernden Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden. Das bedeutet, dass wir unseren Shop, unsere Logistik und unser Sortiment mit hohen Investitionen ständig weiterentwickeln, um genau diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Natürlich probieren wir auch gerne Neues aus: So betreiben wir in Oerlikon erstmals eine Filiale zusammen mit dem Reiseprofi Hotelplan 😉

Herr Röthlin, besten Dank für das Interview.

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