Eugen Elmiger, CEO maxon motor

Eugen Elmiger, CEO maxon motor

Eugen Elmiger, CEO maxon motor

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Elmiger, Sie wurden am 15. Dezember zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung ernannt. Was ändert sich für Sie mit dieser neuen Funktion?

Eugen Elmiger: Ich werde mich vor allem wieder intensiver mit der Ausarbeitung von strategischen Stossrichtungen auseinandersetzen können. Trotzdem messe ich aber auch weiterhin dem direkten Kundenkontakt hohen Stellenwert bei. Denn vor allem in unserem Geschäft ist es sehr wichtig, nah an unseren Geschäftspartnern dran zu sein. Denn gerade so sind wir immer wieder in der Lage, markgerechte und massgeschneiderte Antriebslösungen zu entwickeln. Sprich: Ich kann genau hinhören, was der Markt möchte und dies adäquat in unsere Geschäftsausrichtung einfliessen lassen. Darauf freue ich mich sehr.

Sie sind seit 20 Jahren bei maxon. Welches waren in dieser Zeit die aus Ihrer Sicht bedeutendsten technischen und organisatorischen Veränderungen?

Die Anwendungen – und somit auch unsere Produkte – wurden immer leistungsfähiger, kleiner und komplexer. Dies hatte organisatorisch zur Folge, dass die internen Abteilungen und Schnittstellen immer mehr miteinander verschmolzen, um den hohen Kundenforderungen in der Antriebstechnik gerecht zu werden. Dieser Trend zieht sich auch heute weiter.

Das Unglück mit der BP Erdölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko hat die Risiken der Ölförderung in extremen Tiefen aufgezeigt. Mit dem „Heavy Duty“ Motor EC 22 HD, der bei 200 Grad Celsius Temperatur, bei einem Aussendruck von 1‘700 bar und bis in eine Tiefe von 5‘500 Metern noch einwandfrei funktionieren soll, setzt maxon neue Massstäbe. Wo sehen Sie die Einsatzmöglichkeiten des neuen Motors und welche Anzahl möchten Sie in den kommenden Jahren absetzen?

Die Entwicklung von Elektronik und modernen Antrieben wie der maxon EC 22 HD lassen heute viele Funktionen in der Tiefenbohr- und Richtbohrtechnik besser kontrollieren und steuern. So kann beispielsweise die Lage des Bohrkopfes während dem Bohrprozess dynamisch gemessen und ausgerichtet werden. In diversen Tiefbohr-Werkzeugen werden hydraulische Ventile oder Klappen über elektromechanische Antriebe angesteuert. Präzise und zuverlässige Motoren sind also gefragt. Mit dem EC 22 HD möchte maxon motor dazu beitragen, die Tiefenbohrtechnik sicherer zu machen.

«Die maxon-Gruppe investiert pro Jahr circa 8% des Umsatzes in die Forschung und Entwicklung. Dies ist notwendig, um in unserem dynamischen Nischenmarkt an der Spitze zu bleiben.» Eugen Elmiger, CEO Maxon Motor

Der Antrieb hat aber auch in anderen Anwendungen mit Extrembedingungen grosses Potential. Beispielsweise in der Luft- & Raumfahrt oder in der Schifffahrt.

Im Weltraum (Marsmobil), im menschlichen Körper (Medizinaltechnik) und im Erdinneren findet man die maxon Motoren im Einsatz. Die dazu benötigte Elektrotechnik, Mechanik, Miniaturisierung und Werkstoffverwendung stammt vorwiegend aus dem eigenen Hause. Welcher Anteil vom Gewinn fliesst in die Forschung und Entwicklung und wie schwer fällt es, die geeigneten Spezialisten nach Sachseln zu holen?

Die maxon-Gruppe investiert pro Jahr circa 8% des Umsatzes in die Forschung und Entwicklung. Dies ist notwendig, um in unserem dynamischen Nischenmarkt an der Spitze zu bleiben. Es ist in der Tat nicht immer einfach, die geeigneten Spezialisten zu finden, vor allem in der Schweiz. Als global agierende Unternehmung sind wir es uns jedoch gewohnt, auch weltweit zu rekrutieren.

Seit dem Jahr 1996 ist Maxon in China präsent. Heute haben Sie 17 Geschäftsstellen in China. Wie schützen Sie Ihre Produkte vor Nachahmung und welchen Stellenwert wird China in den kommenden Jahren für Maxon haben?

Plagiate sind ständiger Begleiter in unserem Markt. Wir schützen uns, indem wir die Pace für Innovationen und neue Produkte hoch halten. China wächst stetig und wird in den nächsten Jahren eine führende Rolle spielen. Als Systemanbieter haben wir in der Volksrepublik einen entscheidenden Vorteil: Wir bieten von kleinen bis grossen Stückzahlen das Gesamtpacket an Motoren, Getrieben, Sensorik und Elektronik an. Und dank unserem Service vor Ort, können auch kundenspezifische Antriebslösungen erfolgreich realisiert werden.

Maxon Motoren sind in so unterschiedlichen Anwendungsgebieten wie der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrt, der Formel 1 oder bei Tiefenbohrungen im Einsatz. Wie gehen Sie die strategische Produkteentwicklung an, wie stellen Sie sicher, dass Sie keine wichtigen Entwicklungen und Trends verpassen?

Das Wichtigste ist, dass wir stets im engen Dialog mit Kunden, Wissenschaftlern und Forschungsinstitutionen stehen. Wir lassen externes Wissen von Spezialisten und Kunden aktiv in unsere Produktentwicklung einfliessen. Diese Vernetzung von Partnerwissen mit systematischem Innovations- sowie Produktmanagement lässt erfolgreiche Produkte und Dienstleistungen entstehen.

Was sind die wichtigsten Neuerungen und Trends, die Ihre Produkteentwicklung aktuell prägen?

Elektronisch kommutierte Antriebe mit zugehörigen Steuerungen, Antriebe für Extrembedingungen und Mikroantriebe mit hochauflösender Sensorik prägen das Produktportfolio. Dem Medienwandel wird maxon motor insofern gerecht, dass wir schon seit 2006 das gesamte Katalog Produkteprogramm samt Kombinatorik auf unserem Webshop anbieten. Bis 50 Stück können User bequem per Mausclick ihr Antriebssystem selektieren und bestellen.

Sie haben aktuell etwa 17‘000 aktive Produkte im Markt. Teilweise finden sich Motoren aus dem Jahre 1969 von maxon noch in Produktion. Lähmt dieses technologische Vermächtnis nicht die Möglichkeit, innovativere Produkte bei den bestehenden Kunden zu verkaufen?

Wir haben noch sehr wenige Produkte aus den 70-ger Jahren im Portfolio. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Man könnte dies auch unter dem Begriff Kundenloyalität einordnen. Es ist jedoch zu ergänzen, dass die Produkte im Laufe der Zeit modernisiert wurden und heute auf dem neusten Stand sind.

«China wächst stetig und wird in den nächsten Jahren eine führende Rolle spielen.»

Unsere Märkte, wie beispielsweise die Luft- und Raumfahrt, Automotive oder die Medizintechnik, sind wesentlich längeren Produktlebenszyklen als die Konsumgüterbranchen unterworfen. Trotzdem bringen wir jedes Jahr circa zehn neue Produkte, oder daraus entstandene Spezialentwicklungen, auf den Markt. 80% unserer Antriebssysteme werden indes kundenspezifisch entwickelt.

Sie erwirtschaften etwa 40% des Umsatzes in der Medizintechnik, 30% in der Industrieautomation und etwa 30% in verschiedensten Märkten. Wo verzeichnen Sie das grösste Wachstum und wie sehen Sie die künftige Gewichtung der Anteile?

Die Anteile werden sich in den nächsten Jahren nicht sehr stark verändern. Schnelleres Wachstum sehen wir allerdings in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Elektromobilität.

Am 1. August 2010 haben Sie die Niederlassung Ihrer Vertriebsgesellschaft in Bangalore, Indien, eröffnet. Bangalore ist ein bedeutendes Zentrum der Luft- und Raumfahrt, der Medizintechnik und der Informationstechnologie. Ist das ein erster Schritt, nebst der Schweiz ein weiteres Entwicklungszentrum aufzubauen, oder handelt es sich um eine reine Vertriebseinheit?

Es handelt sich um eine Vertriebsgesellschaft. Nah am Markt und beim Kunden können wir noch schneller auf die zukünftigen Bedürfnisse unserer indischen Kunden eingehen.

Ein wichtiger Standortvorteil der Schweiz dürfte das gute Ausbildungswesen auch ausserhalb der akademischen Berufe sein. Welchen Stellenwert hat die Lehrlingsausbildung bei maxon, welche Lehrlinge suchen Sie?

Das Lehrlingswesen und das Ausbildungsprogramm werden laufend ausgebaut und haben bei maxon einen sehr hohen Stellenwert. Wir bilden Leute aus, die wir auch in Zukunft brauchen. Bei maxon kann man zum Beispiel eine Lehre als Automatiker/in, Informatiker/in, Kauffrau/Kaufmann, Konstrukteur/in, Kunststofftechnologe/in, Polymechaniker/in oder als Logistiker/in absolvieren. Die Plätze für 2011 sind bereits besetzt.

«Das exzellente Studienangebot an unseren Universitäten und Fachhochschulen sowie die weiterführenden praxisorientierten Lehrgängen bringen unsere multilingualen Schweizer in eine gute Ausgangslage.»

Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?

Der Schweizer Führungsnachwuchs steht international sehr gut da. Das exzellente Studienangebot an unseren Universitäten und Fachhochschulen sowie die weiterführenden praxisorientierten Lehrgängen bringen unsere multilingualen Schweizer in eine gute Ausgangslage. Zudem kann man in der Schweiz Führungskompetenz in diversen internationalen Unternehmen aufbauen.

Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

maxon motor hat seit 1972 eine eigene Kinderkrippe. Auch flexible Arbeitsformen wie zum Beispiel Teilzeitarbeit fördern wir schon seit Jahren. Damit möchten wir unter anderem dafür sorgen, dass unsere Mitarbeitenden Beruf und Privatleben vereinbaren können. In unseren Produktionsbetrieben in Sachseln, Deutschland und Ungarn sind mehrheitlich Frauen tätig. Gerade umgekehrt gestaltet es sich in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Gerne hätten wir auch dort einen höheren Frauenanteil. Leider ist der Markt für Spezialisten in diesem Bereich in der Antriebstechnik allgemein relativ dünn gesät.

Ohne Internationalität – auch im Denken – würde bei maxon motor nur sehr wenig laufen. So ist jedes Kundenprojekt so vielfältig wie die Kultur in dem Land, wo es entwickelt wird. Und da wir vor allem auch kundenspezifische Antriebe herstellen, müssen wir unsere Partner präzis verstehen. Mit internationalen Workshops und wiederkehrenden Besuchen bei den Kunden vor Ort, treffen sich die unterschiedlichen Kulturen bei maxon motor regelmässig. So kann Diversität gleich erlebt werden.

In der Diversifikation der Kleinmotoren ist maxon sehr breit aufgestellt. Gibt es in Zukunft eine Integration entlang der Wertschöpfungskette, zum Beispiel durch Einbindung von Nanotechnologie in die eigene Entwicklung?

Nanotechnologie ist durchaus ein Thema bei den Komponenten, die wir in unseren Antriebssystemen verbauen. Und wie bereits vorgängig erwähnt, geht der Trend allgemein hin zu immer kleineren und leistungsfähigeren Antrieben. Unser Baby-Antrieb misst heute 6 mm im Durchmesser. Da befinden wir uns in der Mikrotechnik. Nanotechnologie kann als Fortsetzung und Erweiterung der Mikrotechnik angesehen werden. Diese erfordert aber völlig neue Ansätze. Nanotechnik umgibt uns, ist aber noch nicht das grosse Thema.

Zum Schluss des Gespräches haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?

Gesund bleiben und, dass maxon motor weiterhin erfolgreich bleibt.

Der Gesprächspartner:
Eugen Elmiger, 47, ist per 1. Januar 2011 zum neuen Vorsitzenden der Geschäftsleitung der maxon motor ag in Sachseln ernannt worden. Die Ernennung erfolgte, um die Kontinuität in der Führung und die langfristige Entwicklung des Unternehmens bestmöglich gewährleisten zu können. Eugen Elmiger ist seit 1991 bei der maxon motor ag tätig. Ende der 90er Jahre hat er den Auf- und Ausbau des Verkaufsnetzwerks in Asien wesentlich vorangetrieben. Seit 2006 ist er in der Geschäftsleitung verantwortlich für Sales & Marketing und seit Januar 2010 Sprecher der Geschäftsleitung. Elmiger studierte Elektrotechnik und absolvierte Weiterbildungen an der Universität St. Gallen und an der Stanford Business School.

Das Unternehmen:
maxon motor ist der weltweit führende Anbieter von hochpräzisen Antriebssystemen. Mehr als 40 Jahre Erfahrung, stetige Innovation, höchste Qualität der Produkte und kompetenter Kundenservice machen maxon motor zum verlässlichen Partner in der Antriebstechnik. maxon motor ist ein Schweizerisches Unternehmen mit Hauptsitz in Sachseln (Zentralschweiz) und beschäftigt international über 1500 Mitarbeitende. Vertriebsgesellschaften in mehr als 30 Ländern sorgen für nahe und kompetente Kundenbetreuung. maxon motor produziert sowohl am Hauptsitz in der Schweiz als auch in Deutschland und Ungarn.


Symbolbild KF für CEO Interviews


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