Ben Banerjee, Mitbegründer Swiss Impact Investment Association, im Interview

Ben Banerjee, Mitbegründer Swiss Impact Investment Association, im Interview
Ben Banerjee, Mitbegründer der Swiss Impact Investment Association (SIIA)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Banerjee, als Mitbegründer der Swiss Impact Investment Association (SIIA) ist es Ihr Ziel, Investitionen und Unternehmen mit sozialen Auswirkungen zu präsentieren. Während Grossbanken Produkte und Dienstleistungen in diesem Bereich anbieten und Startups wie YOVA sich gezielt an Kunden richten, die mit ihrem Geld etwas bewegen wollen, ist die Zahl der Showcases und Mitglieder von SIIA noch gering. Was glauben Sie, warum dies der Fall ist und was sich ändern muss, damit sich Impact Investing weiterverbreitet?

Ben Banerjee: Zunächst bin ich sehr dankbar dafür, was Banken in diesem Sektor tun und den positiven Einfluss, den sie auf unsere Zielsetzung haben. Ich bin seit mehr als zwei Jahrzehnten im Impact Investment Sektor tätig und habe den Markt in verschiedenen Ländern und Kulturen wachsen sehen. Ob in Indien, den Niederlanden und in den letzten 4-5 Jahren auch in der Schweiz.

«Das Bewusstsein für diesen Sektor ist bei den Investoren noch zu gering, da die Menschen das Risiko oft überschätzen oder Impact Investment mit Philanthropie verwechseln.» Ben Banerjee, Mitbegründer der Swiss Impact Investment Association (SIIA)

Sie fragen nach dem Grund, warum die Anzahl der Showcases so gering ist. Ich möchte mit der Frage beginnen, wie wir Impact Investment definieren, denn dies ist immer auch eine regions- und kulturspezifische Frage. So praktiziert das Startup-YOVA meiner Meinung nach eher Sustainable Investing als Impact Investing. Erstellen wir die Definition, indem wir bestimmte Sektoren ausschliessen wie beispielsweise die Kohleindustrie? Oder versuchen wir, so viele Sektoren und so viele Variablen wie möglich einzubeziehen, um die Auswirkungen zu untersuchen?

Meiner Meinung nach ist die Anzahl der Showcases und Mitglieder aufgrund von verschiedenen Gründen gering:

Im Bereich Impact Investing gibt es viele Unternehmern und Menschen mit den erstaunlichsten Projekten und Ideen. Trotzdem fehlt es vielen von ihnen an Einrichtungen und Unterstützung zur Unternehmensgründung oder an grundlegenden Unternehmensstrukturen. Manchen fehlt es zudem an tiefgehendem unternehmerischem Know-how. Dadurch reduziert sich das Interesse von Privat- oder Venture-Investoren.

Zweitens ist das Bewusstsein für diesen Sektor bei den Investoren noch zu gering, da die Menschen das Risiko oft überschätzen oder Impact Investment mit Philanthropie verwechseln.

Drittens sind Impact Investments in der Regel langfristige Anlagestrategien. Wenn Menschen in Finanzprodukte wie zum Beispiel Derivate und ETFs. investieren und in kürzerer Zeit höhere Erträge erzielen können, dann scheint der nationale und internationale Geldfluss diese Anlageklasse aus eben diesen Gründen zu vermeiden.

Sie sind auch Leiter des Organisationskomitees des Blockchain Leadership Summit, einem der grössten Blockchain-Events der Schweiz. Wo sehen Sie die derzeit grössten Auswirkungen von Blockchain in der Finanzindustrie?

Die grössten Einflüsse beobachte ich in der finanziellen Eingliederung. Mit der Blockchain können wir 2.5 Milliarden Menschen ohne Bankverbindung Zugang zur Weltwirtschaft verschaffen, Transaktionen billiger und schneller machen und künftig ohne teure Zwischenhändler ausführen.

«Mit der Blockchain können wir 2.5 Milliarden Menschen ohne Bankverbindung Zugang zur Weltwirtschaft verschaffen.»

Für das kommende Gipfeltreffen wird eines der Themen die Aspekte Recht und Konformität, Vorschriften und Steuern von Blockchain basierten Angeboten sein. Welche Länder bieten die beste Kombination aus Freiheit für die Entwicklung des noch jungen Blockchain-Geschäfts, technischer Expertise und verlässlichen rechtlichen Rahmenbedingungen?

Ich würde sagen, dass kleine und fortgeschrittene Länder wie die Schweiz und Liechtenstein viele Vorteile haben, zumal sie auch eine Pionierrolle einnehmen. Doch auch andere Länder und Regionen haben das Potential der Blockchain erkannt und holen auf. Vor allem Länder in Westeuropa wie die Niederlande, Malta, Grossbritannien, osteuropäische Länder wie Estland, Litauen, GUS-Länder wie Armenien, Georgien und asiatische Länder wie Südkorea oder Japan springen auf den fahrenden Zug auf. Jedes Land versucht, seine Nische in diesem Bereich zu finden, indem es seine verfügbaren Ressourcen und Stärken nutzt.

Zug wird als „Crypto Valley» beworben und gilt als einer der weltweiten Schmelztiegel für Blockchain-Entwicklungen. Welche Stärken und Schwächen sehen Sie für die Zukunft der Schweiz als wichtiger Akteur für die Blockchain?

Zug hat definitiv eine Vorreiter-Rolle eingenommen, auch innerhalb der Schweiz. Dies ist vor allem auf einige wenige Visionäre zurückzuführen, die dieses Ökosystem vor einigen Jahren initiiert haben.

Die Schweiz hat in diesem Bereich einige Vorteile.  Die direkte Demokratie der Schweiz spiegelt die eigene dezentrale Struktur der Blockchain wider. Die gut ausgebildete Bevölkerung, die fortschrittliche Technologie und Infrastruktur, die Nähe zu technischen Universitäten wie etwa der ETH oder der Hochschule Luzern, die stabile wirtschaftliche, politische und soziale Struktur, das liberale Arbeitsrecht, der relativ einfache Zugang zu Finanzen und die Tradition der Innovation sind matchentscheidende Vorteile.

«Die direkte Demokratie der Schweiz spiegelt die eigene dezentrale Struktur der Blockchain wider.»

Die Schwächen der Schweiz als Blockchain-Zentrum in der Zukunft sind beispielsweise die durch ihr Bankenerbe bedingte Risikoaversion. Oder die Tendenz, bestehende Strukturen und Richtlinien für neue Technologien umzusetzen, ohne die Auswirkungen oder wie die Technologie funktioniert zu verstehen. Hinzu kommt, dass die eher Alteingesessenen versuchen, die Startups und das Innovationsumfeld für sich einzunehmen. Auch sehen wir vermehrt, dass andere kleine Länder versuchen die Erfolgsgeschichte von Zug zu kopieren.

Wenn die Region Zug ihren Vorsprung halten will, sollten die Behörden und politischen Entscheidungsträger stärker einbezogen werden und in die Gründung und Entwicklung von Startups investieren.

Welche sind die nächsten Entwicklungen, die entscheidend dafür sein werden, ob die Blockchain zu einer allgemein anerkannten und weit verbreiteten Technologie wird?

Im Zentrum steht die Sensibilisierung der Entscheidungsträger und Politiker für diese Technologie und ihre Auswirkungen. Meiner Meinung nach sollte Blockchain nicht als Bedrohung, sondern als Chance gesehen werden. Nebst den Entscheidungsträgern muss aber auch die Öffentlichkeit für Anwendungen wie e-Immobilienregistrierungen, e-transaktionen oder e-Voting sensibilisiert werden.

Sie haben sich sehr bemüht, eine Brücke für die Zusammenarbeit zwischen europäischen und asiatischen Unternehmen zu bauen. Was funktioniert am besten, was sind die kulturellen Unterschiede, die für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu berücksichtigen sind?

Man muss sich bewusst sein, dass Menschen und Kulturen unterschiedlich sind. Aber wir alle müssen offen genug sein, um die Unterschiede zu verstehen und zum gemeinsamen Vorteil zu nutzen. So können wir voneinander lernen und uns auf die Stärken des anderen konzentrieren. Ich finde, dass wir in der heutigen Welt von Social Media und digitalen Kommunikationsmitteln die gemeinsamen Eigenschaften und Werte von Menschen oft unterschätzen. Diese Gemeinsamkeiten sind unabhängig davon, wie weit wir geographisch voneinander entfernt sind. Man darf die kulturellen Unterschiede, insbesondere im technischen und wirtschaftlichen Bereich, auch nicht überschätzen.

Die Einmischung in Wahlen, die Verbreitung gefälschter Nachrichten und die Destabilisierung politischer Kräfte scheinen eine Bedrohung zu sein, die mit der Digitalisierung immer grösser wird. Welches sind die besten Gegenstrategien?

Ich sehe grosses Potential in der Ausbildung der nächsten Generation in den Bereichen Ethik und Werte, Informationsverarbeitung und kritischem Denken. Wann immer sich eine neue Technologie entwickelt, gibt es eine Transformationsphase, in der sich die Technologie schneller entwickelt als die menschlichen Werte. Die Geschichte ist voll von ähnlichen Präzedenzfällen.

«Ich sehe grosses Potential in der Ausbildung der nächsten Generation in den Bereichen Ethik und Werte, Informationsverarbeitung und kritischem Denken.»

Wenn Sie über unbegrenzte Ressourcen verfügen würden, welche Art von Startup würden Sie finanzieren und in welchem Land würde es sich befinden?

Mein Traum wäre ein Startup, das bei der Reinigung der Ozeane oder dem Schutz der Wälder und Tiere hilft. Geographisch wäre es zu Beginn in Südasien und Afrika angesiedelt. Da scheint sich aktuell die tatsächliche Innovation und Schaffung von wirtschaftlichem Wohlstand abzuspielen – und dies mit relativ geringem Risiko.

Der Gesprächspartner:
Ben Banerjee ist Investment Director bei InnMind und Mitbegründer der Swiss Impact Investment Association. Darüber hinaus ist er im Beirat des East West Institute und ist Schriftsteller und Gastdozent an einigen Universitäten. Er ist seit mehr als 20 Jahren im Bereich Impact Investments und Sustainable Financing Projekte tätig, und zwar in verschiedenen nationalen und multinationalen Unternehmen.

Ben Banerjee be Linkedin

Swiss Impact Investment Association (SIIA)


Das Interview entstand mit Unterstützung Blockchain Leadership Summit

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