Gabriela Wawrinka, Geschäftsleiterin K5 Basler Kurszentrum, im Interview

Gabriela Wawrinka, Geschäftsleiterin K5 Basler Kurszentrum, im Interview

Gabriela Wawrinka, Geschäftsleiterin K5 Basler Kurszentrum. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Frau Wawrinka, seit 1980 engagiert sich das K5 Basler Kurszentrum für Menschen aus 5 Kontinenten für die Integration von Migrantinnen und Migranten in Basel. Wer steht hinter dem K5?

Gabriela Wawrinka: Wir sind ein gemeinnütziger Verein, politisch und konfessionell unabhängig. Getragen werden wir von den Kantonen und Kommunen, von Stiftungen, kirchlichen Institutionen, Hilfswerken, Trägerschaftsmitgliedern und Gönnern.

Wie unterstützt das K5 Basler Kurszentrum den Integrationsprozess?

Wir vermitteln in unseren Kursen die deutsche Standardsprache für den Gebrauch in Alltag und Beruf. Das Erlernen der Sprache erleichtert den Migrantinnen und Migranten den Umgang mit Behörden und Ämtern oder auch den täglichen Einkauf. Dies erachten wir als Bedingung für eine erfolgreiche Integration und als grosse Hilfe beim Aufbau des Lebens an einem neuen Ort. Dazu gehört aber auch, dass wir die Kursteilnehmenden über hiesige Gepflogenheiten orientieren, wie zum Beispiel Pünktlichkeit, Höflichkeitsformen, wie sie in der Schweiz erwartet werden, oder den respektvollen Umgang miteinander zwischen Frauen und Männern.

An wen richtet sich Ihr Angebot?

Unser Zentrum steht allen lernwilligen Migrantinnen und Migranten offen. Dabei ist uns ganz wichtig, dass auch finanzschwache Frauen mit Kindern unser Angebot nutzen können.

Ihr Kursangebot ist sehr individuell gestaltet.

Grundsätzlich unterrichten wir Deutsch auf dem GER-Niveau A1 – B2. Wir gehen aber sehr zielgruppenbezogen vor und passen die Kurse an die persönliche Situation an. So bieten wir z.B. Kurse nur für Frauen oder Kurse am Morgen, Mittag und am Abend. Wir führen einen Kurs «Deutsch für Schwangere und Mütter», damit diese mehr Sicherheit im Umgang mit Ärzten und Hebammen bekommen oder richten uns mit dem Angebot World Wide Women an gut bis sehr gut qualifizierte Ausländerinnen, denen die berufliche Integration in den hiesigen Arbeitsmarkt nicht gelingt.

» Wir schaffen für unsere Kursteilnehmenden ein angstfreies Lernklima, in dem sie einfach Mensch sein und ohne Druck und Angst lernen können.»
Gabriela Wawrinka, Geschäftsleiterin K5 Basler Kurszentrum

Viele dieser Menschen haben Leid, Elend und Gewalt erfahren. Wie gehen sie im Zentrum damit um?

Wir schaffen für unsere Kursteilnehmenden ein angstfreies Lernklima, in dem sie einfach Mensch sein und ohne Druck und Angst lernen können. Auch in unserem Kinderhort schaffen wir ein pädagogisches Umfeld, wo ein Kind Kind sein kann – etwas, was es vielleicht nie zuvor hat erleben dürfen.

Der Kinderhort ist also ein Bestandteil des Kursangebots für die Erwachsenen?

Ja, den Kursteilnehmenden soll ermöglicht werden, frei von täglichen Betreuungsaufgaben einen Kurs besuchen zu können. Das Wohlbefinden der Kinder ist unser wichtigstes Ziel, gleichzeitig unterstützen wir so auch die Integration dieser Kinder. Besonderen Wert legen wir auf die Förderung der Kinder in ihrer Sprachkompetenz. Die Kinder werden entsprechend ihrem Entwicklungsstand und ihren Bedürfnissen betreut und gefördert.

Durch die enormen Migrations- und Flüchtlingsströme nach Europa ist die Frage, wie Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zusammenleben können, aktueller denn je. Wie hat sich die Arbeit des K5 in den letzten Jahren verändert?

Die Zahl der Menschen, die unsere Kurse besuchen, ist nicht nur von den Migrationsbewegungen abhängig. Die Volatilität war schon immer sehr hoch und wird auch durch die finanzielle Situation und mögliche Sparmassnahmen der öffentlichen Hand oder durch die Konkurrenz beeinflusst. Wir bewegen uns mit unserem Angebot ja nicht alleine auf dem Markt.

Unter den Kursteilnehmenden befinden sich immer mehr gut ausgebildete Migrantinnen und bezüglich der Herkunftsländer ist ein Anstieg der Zahlen von Menschen aus dem konfliktbeladenen arabischen Raum und aus südeuropäischen Krisenländern festzustellen.

Gibt es Konflikte?

Gravierende ganz selten, ansonsten zwischenmenschliche Divergenzen. Es kommt unter den Teilnehmenden zu vereinzelten Diskussionen über das Frauenbild in der Gesellschaft. Wir handhaben das in unseren Kurszentren übrigens unkompliziert, es gibt also keine Kleiderordnung. Wir legen aber Wert darauf, dass alle Teilnehmerinnen ihr Gesicht im Unterricht zeigen. Grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass das Konfliktpotenzial geringer ist, je vielfältiger und internationaler die Klassen zusammengestellt sind.

«World Wide Women» richtet sich an die vielen qualifizierten Frauen aus dem Ausland, denen die berufliche Integration hierzulande nur schwer möglich ist.»

Sie haben das Projekt World Wide Women angesprochen. Können Sie uns dieses etwas näher vorstellen?

«World Wide Women», das wir mit der ECAP Basel durchführen, richtet sich an die vielen qualifizierten Frauen aus dem Ausland, denen die berufliche Integration hierzulande nur schwer möglich ist. Diese fremdsprachigen Frauen möchten ihre fachlichen, sozialen und persönlichen Kompetenzen erweitern und damit ihre Chancen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt erhöhen. Der Bildungsgang mit berufsbezogenem Deutschunterricht, Computertraining, Informationen zum Arbeitsmarkt und Coaching ist ein Beitrag zur Förderung der Chancengleichheit von qualifizierten Migrantinnen. Das Programm wurde unter der Projektführung der Stiftung ECAP und im Rahmen des europäischen Projekts «Lifelong Learning Programme Leonardo da Vinci» entwickelt und wird durch das Mentoring-Projekt MinQ ergänzt.

Erzählen Sie uns mehr dazu.

MinQ steht für Mentoring – Integration – Qualifikation. Das Projekt richtet sich ebenfalls an qualifizierte Migrantinnen und unterstützt diese bei der Arbeitssuche, beim Arbeitseinstieg oder bei der Neuorientierung – und zwar durch eine individuelle Unterstützung durch gut vernetzte Fachpersonen aus unterschiedlichen Branchen. MinQ wird in Basel und Zürich mit der ECAP und der EB Zürich angeboten und wird vom Bundesamt für Migration unterstützt.

Die Integration steht bei all Ihren Kursen und Angeboten im Fokus. Welchem Leitbild folgt das K5 dabei?

Wie man persönlich auch immer dazu steht – die weltweite Migration ist einfach eine Tatsache. Und unser Engagement zielt auf eine Gesellschaft, in der das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen durch gemeinsame Verantwortung sowie gegenseitigen Respekt, Annäherung und demokratische Grundrechte geprägt ist. Was uns alle verbindet, ist Sprache und Bildung, unabhängig von der Herkunft und dem sozialen Status. Für uns ist klar, dass finanzschwache Migrantinnen und Migranten gleichermassen vom Angebot unseres Bildungs- und Begegnungszentrum profitieren sollen. Wir nehmen eine zivilgesellschaftliche Aufgabe war und orientieren uns an einem humanistischen Verständnis.

«Unser Engagement zielt auf eine Gesellschaft, in der das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen durch gemeinsame Verantwortung sowie gegenseitigen Respekt, Annäherung und demokratische Grundrechte geprägt ist.»

Der Dialog und Austausch zwischen der einheimischen und Migrations-Bevölkerung ist ein weiteres Ziel des K5. Wie fördern Sie diese Anliegen?

Das ist nicht immer ganz leicht, aber ein erfolgreiches Beispiel ist «Olla Común». Ehrenamtlich tätige Menschen aus verschiedenen Ländern kochen dabei ein für ihr Land typisches Menü zu Gunsten eines sozialen Projektes in ihrer Heimat. Nebst kulinarischem Genuss bietet das Mittagessen für die Gäste aus der Region die Möglichkeit, mit bekannten und unbekannten Menschen ins Gespräch zu kommen.

Ende Februar stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Durchsetzungsinitiative ab. Ist diese auch Thema am K5?

In unseren Kursen nicht. Wir thematisieren das auch nicht aktiv und dürfen uns nicht politisch exponieren. Wir stellen aber bei unserer Belegschaft eine grosse Sensibilisierung fest und es ist ein wichtiges Gesprächsthema geworden.

Die Migrationsströme sind für Europa eine gewaltige Herausforderung. Welche Ansätze sehen Sie zu deren Bewältigung?

Der wichtigste Punkt ist ganz sicher, dass die verschiedenen Konfliktherde bewältigt werden müssen. Solange dies nicht möglich ist oder nicht passiert, müssen wir uns dieser Flüchtlingsproblematik und den Migrationsströmen stellen. Und dies nicht in der Form, dass man Grenzen schliesst oder die Menschen ihrer Not und ihrem Elend überlässt. Wir müssen Solidarität zeigen, die Menschenrechte beachten und akzeptieren, dass es in jeder Gesellschaft und in jeder Form Menschen gibt, die es aus welchen Gründen auch immer nicht schaffen, in ihrem Heimatland bleiben zu können bzw. zu reüssieren. Unser Engagement und Angebot am K5 darf dabei als Baustein für eine Solidargemeinschaft betrachtet werden.

Frau Wawrinka, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Gabriela Wawrinka; Jahrgang 1952
Geschäftsleiterin K5 Basler Kurszentrum seit 2000

Beruflicher Hintergrund
– Sozialpädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
– Geschäftsleitungen in Arbeits- und Bildungsprogrammen für Stellensuchende
– Personalleitung in Schweizerischem Hilfswerk

Ausbildungen
– Kindergärtnerin
– Je ein Master in Unternehmensführung und Personalmanagement

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