Hartmut König, CTO Central Europe bei Adobe, im Interview

Hartmut König, CTO Central Europe bei Adobe, im Interview
Hartmut König, CTO Central Europe bei Adobe. (Foto: zvg)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr König, Sie sind seit 2004 mit einem kurzen Unterbruch bei Adobe. Welche technologische Innovation hatte in dieser Zeit aus Ihrer Sicht den grössten Einfluss auf die Entwicklung der IT und welches war der relevanteste Beitrag von Adobe in derselben Zeit?

Hartmut König: Innovationen gab es in dieser Zeit viele. Den grössten Einfluss auf die IT-Entwicklung hat meiner Ansicht nach aber die Einführung der Cloud-Architektur mit sich gebracht. Sie hat die Art und Weise grundlegend verändert, wie ein CIO Ziele und Strategien entwickelt, ein Team leitet und unternehmensweites Know-how im Zeitalter der Cloud kultiviert.

«Wir sehen in der DSGVO auch keinen Ballast, sondern vielmehr eine echte Chance für Unternehmen, ihre Kundenorientiertheit zu verstärken.» Hartmut König, CTO Central Europe bei Adobe

Mit der Cloud verfügen Unternehmen über eine Infrastruktur, die mehr Flexibilität bei der Zusammenführung von Diensten ermöglicht und viele Einschränkungen und Änderungen bei der Bereitstellung von Services durch die IT beseitigt. Adobe selbst hat vor rund acht Jahren die Transformation vom Hersteller klassischer Box-Software zu einem der führenden Anbieter von Creative-, Marketing- und Document Cloud-Lösungen und -Services erfolgreich vollzogen.

Adobe ist in der Digitalisierung seiner Angebote so konsequent wie kaum ein anderes Unternehmen, was sich auch auf die Preisgestaltung auswirkt. Software kann man nicht mehr kaufen, sondern nur noch im Abonnement beziehen, Preissteigerungen müssen zwangsläufig akzeptiert werden. Welches Feedback erhalten Sie dazu von den Kunden?

Mit der Adobe Experience Cloud haben wir eine Plattform geschaffen, die es allen ermöglicht, immer die beste Technologie und die besten Tools nutzen zu können. Ihre modulare Architektur macht digitales Marketing für jedes Unternehmen skalierbar und ermöglicht den effizienten Einsatz der jeweils relevanten Lösungen. Damit bieten wir unseren Kunden ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bei voller Kostenkontrolle. Und das wissen sie in aller Regel sehr zu schätzen.

Dank der Digitalisierung seiner Angebote bekommt Adobe auch sehr detaillierte Daten seiner Nutzer und dem Einsatz der Produkte. Wie werden diese Daten verwendet, um die Nutzung und das Angebot zu verändern?

Adobe nutzt anonymisierte Kundendaten einzig und allein zu einem Zweck: Wir wollen die volle Kraft der Kundendaten entfesseln und über alle Kontaktpunkte hinweg nutzbar machen. Im Fokus steht für uns, entscheidende Einblicke zu gewinnen, um unser Angebot zielführend und bedarfsgerecht im Sinne unserer Kunden weiterzuentwickeln. Selbstverständlich setzt Adobe dabei auf hohe Datenschutzstandards und kümmert sich gemeinsam mit einem belastbaren Partner-Sicherheitsnetzwerk proaktiv um den Schutz der digitalen Inhalte und Projekte der Kunden. Proaktiver Schutz der digitalen Inhalte und Marketing-Projekte gilt dabei für alle Phasen der Produktentwicklung – von der Idee bis zur Fertigstellung und auch darüber hinaus.

Mit der Datennutzung gehen auch wachsende Anforderungen der Datensicherheit und der erlaubten Nutzung einher. Wie weit sind sich die Benutzer ihrer Rechte und Pflichten bewusst, wie schätzen Sie die Wirkung der EU-DSGVO bezüglich des weltweiten Wettbewerbs ein?

Wir glauben, dass Datenschutz ein wesentlicher Bestandteil digitaler Erlebnisse ist. Daher sehen wir in der DSGVO auch keinen Ballast, sondern vielmehr eine echte Chance für Unternehmen, ihre Kundenorientiertheit zu verstärken, Vertrauen durch Transparenz aufzubauen und das Kundenerlebnis unter Berücksichtigung des Datenschutzes zu verbessern. Unsere Kunden profitieren längst von der DSGVO-Konformität der Adobe-Enterprise-Lösungen.

Aktuell betont jedes Software-Unternehmen die Unverzichtbarkeit von Künstlicher Intelligenz (KI). Wie genau setzt Adobe KI ein, wo sehen Sie für die Gesellschaft heute schon eingesetzte Lösungen, die einen echten Fortschritt bedeuten?

Vom Smart Home bis zum KI-gesteuerten Sprachassistenten: Smarte Assistenten, die auf KI basieren, haben mittlerweile einen festen Platz in unserem Alltag eingenommen. Und auch aus dem Marketing ist KI inzwischen nicht mehr wegzudenken, wenn es darum geht, begeisternde Kundenerlebnisse zu kreieren. Denn KI erleichtert den Zugang zu versteckten Informationen, beschleunigt zentrale Prozesse und hilft dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

«Die KI-Features von Adobe Sensei sind Kernbestandteile der Produkte und müssen nicht zugekauft und extra implementiert werden.»

Mit Adobe Sensei ergänzt Adobe seine Cloudlösungen durch ein zentrales Framework für künstliche Intelligenz und Machine Learning sowie einer Reihe intelligenter Dienste, die auf umfangreiche Content- und Daten-Assets von Adobe zurückgreifen. Die KI-Features von Adobe Sensei sind Kernbestandteile der Produkte und müssen nicht zugekauft und extra implementiert werden.

Mit Milliardenübernahmen (z.B. Fotolia, Marketo, oder Magento) hat Adobe schrittweise auch das Angebot erweitert. Wo sehen Sie noch Lücken im Angebot, die Sie schliessen möchten?

Wir bewegen uns in einem äusserst dynamischen und schnelllebigen Markt, der sich fortlaufend verändert und immer wieder neue Entwicklungen hervorbringt. Unser Ziel ist es, unseren Kunden zu jeder Zeit die besten Lösungen und Features anzubieten, die allen aktuellen und künftigen Entwicklungen gerecht werden. Aktuell sehe ich uns dafür bestens aufgestellt. Doch: Auch in Zukunft werden wir gezielt in die stetige Weiterentwicklung unserer bestehenden Lösungen investieren und unser Portfolio durch Akquisitionen fortlaufend ausbauen, um unseren Kunden alle relevanten Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, die sie zur Bereitstellung einzigartiger Kundenerlebnisse und für ihre Digitale Transformation benötigen.

Mit den Angeboten sprechen Sie sowohl Gelegenheitsanwender als auch professionelle Kreative, von Einzelpersonen bis zu grossen Filmstudios, aber auch Unternehmenskunden und vertikale Industrien an. Wer sind die hauptsächlichen Benutzer und welche Ihrer Lösungen bescheren Ihnen den grössten Teil der Einnahmen?

Mit der Adobe Experience Cloud, der Adobe Creative Cloud und der Adobe Document Cloud verfügen wir über drei zentrale Lösungsangebote, die tatsächlich völlig unterschiedliche Nutzer ansprechen: vom kreativen Privatnutzer über die Profis aus der Kreativwirtschaft bis zum Marketingentscheider im Unternehmen, der begeisternde Kundenerlebnisse schaffen und bereitstellen will.

«Der Umsatz des Segments Digital Experience erreichte in Q1 einen Rekordwert von 743 Millionen US-Dollar.»

Weltweit haben wir so allein im ersten Quartal 2019 rund 1,49 Milliarden US-Dollar im Kreativbereich umgesetzt. Der Umsatz des Segments Digital Experience erreichte in Q1 einen Rekordwert von 743 Millionen US-Dollar und mit der Document Cloud haben wir mit einem Umsatz von 282 Millionen US-Dollar ebenfalls eine neue Bestmarke gesetzt.

Der Mächtigkeit der Programme mit den unzähligen Funktionen steht die Komplexität in der Anwendung gegenüber. Wie löst Adobe dieses Problem, welche Entwicklungen können in Zukunft den Einsatz zusätzlich erleichtern?

Mit Adobe Experience Cloud hat Adobe eine integrierte Komplettlösung geschaffen, die Unternehmen mit einer hohen Usability unterstützt, ebenso effizient wie einfach begeisternde Kundenerlebnisse zu liefern. Vor allem das einheitliche Interface und die stringente Anwendungslogik vereinfachen die Bedienung und reduzieren die Komplexität. Unternehmen können sich so voll und ganz auf ihre Kernaufgaben konzentrieren anstatt sich mit der Technologie oder der Bedienung auseinandersetzen zu müssen.

Für Adobe spielt die Nutzer-Erfahrung (Experience) eine wesentliche Rolle. Wie definieren und messen Sie die Experience, welche Anforderungen von Benutzern sehen Sie in nächster Zukunft als essentiell an?

Wenn wir von der Customer Experience sprechen, meinen wir die Schaffung eines herausragenden (digitalen) Erlebnisses, das den Kunden in seinem Kontext mit einem situativen und personalisierten Angebot „anspricht“. Dieses Erlebnis berührt ihn im besten Fall emotional, inspiriert und begeistert ihn und schafft somit konkreten Mehrwert. Für Unternehmen bedeutet eine gute Customer Experience vor allem eines: der smarte Einsatz von Daten, um den richtigen Content zur richtigen Zeit an die richtigen Kunden auszuliefern.

In Zukunft erwarten Konsumenten vor allem mehr Konsistenz. Gefragt sind nahtlose Erlebnisse über alle Kanäle und Devices, on- wie offline und aus einem Guss. Darauf werden sich Marken einstellen müssen.

In vielen Bereichen bewegen wir uns vom Desktop weg, hin zu “Mobile First”. Wie sieht das aus bei den Angeboten von Adobe?

Ja, das Smartphone ist ohne Frage zu einem sehr wichtigen Kanal geworden, doch auch andere Geräte wie z. B. der fast schon totgesagte Desktop-PC besitzen unserer aktuellen Mobile Marketing Studie zufolge noch immer grosse Relevanz. Wer seine Zielgruppen verlässlich und in der ganzen Breite erreichen will, kommt daher auch 2019 nicht um eine Multi-Device- und Cross-Channel-Strategie herum. Die dafür notwendigen Lösungen für erfolgreiches Marketing über alle Kanäle bietet die Adobe Experience Cloud aus einer Hand.

Welche kommenden Neuerungen werden aus Ihrer Sicht bei den Adobe-Nutzer für gleich grosse Begeisterung sorgen wie Tesla bei seinen Fahrern?

Mal abgesehen von der Technik: Was macht Tesla denn zu einer der beliebtesten Marken der Welt? Wenn es eine Sache gibt, die uns Teslas Erfolgsgeschichte im vergangenen Jahrzehnt gelehrt hat, dann ist es die, dass Kunden nicht mehr nur Produkte kaufen. Sie kaufen Erlebnisse. Und genau darum geht es uns bei Adobe bei allen Neuerungen.

Einzigartige Erlebnisse schaffen, ist auch unsere Mission, weil wir wissen, dass nicht das Produkt allein mehr über den Erfolg entscheidet, sondern die CX und Services, die es ermöglichen und die es anreichern. Gerade neue Technologien wie KI oder Voice können hier sehr unterstützend sein und werden bei den Adobe-Nutzern zukünftig sicher noch für einige Begeisterung sorgen.

Adobe entwickelt in der Schweiz. Welche Bedeutung hat der Schweizer Entwicklungsstandort für das Unternehmen insgesamt?

Adobe unterhält zwei Standorte in der Schweiz. Zürich ist unser Schweizer Standort für Customer Success und Marketing & Sales. In Basel wird Adobe Experience Manager massgeblich betreut und entwickelt. Hierbei handelt es sich um unsere Lösung, mit der Kundenerlebnisse über die gesamte Customer Journey personalisiert und geräteübergreifend einheitlich dargestellt werden können. Basel ist somit weltweit einer der wichtigsten Entwicklungsstandorte für uns.

«Die Schweiz war schon immer ein interessanter Markt und gewinnt auch weiterhin an Bedeutung für Adobe.»

Welche Strategie verfolgt Adobe konkret in der Schweiz? Welches sind die wichtigsten Kundensegmente? Können Sie auch einige Referenzen von Schweizer Kunden nennen?

Die Schweiz war schon immer ein interessanter Markt und gewinnt auch weiterhin an Bedeutung für Adobe. Da wir durch unsere Creative Cloud sowohl klassisch in der Kreativwirtschaft verankert sind als auch im Bereich der Marketing-Technologien eine starke Präsenz haben, sind unsere Kunden sehr heterogen. Das reicht vom freiberuflichen Illustrator über Kreativagenturen bis hin zu den grössten Schweizer Unternehmen.

So freuen wir uns, dass 100% der SMI Unternehmen – auf die eine oder andere Weise – Adobe Lösungen nutzen. Als Referenzen lassen sich hier z.B. die Swatch Group, UBS oder Swisscom nennen, aber auch Helsana sind in diesem Segment unsere Kunden. Das renommierte Liechtensteiner Traditionsunternehmen HILTI wurde auf unserem diesjährigen Summit in Las Vegas kürzlich sogar mit einem Experience Maker Award in der Kategorie “Best Experience-Driven Campaign“ ausgezeichnet.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Um das volle Potenzial zu entfesseln, braucht man vor allem Mut: Deshalb wünsche ich mir Macher, die auf ihre Kreativität vertrauen und auch mal «out of the box» denken – und Unternehmen, die ihren Mitarbeitern den nötigen Spielraum dafür geben. Leider zögern noch zu viele Unternehmen, ihre Leute von der Leine zu lassen und verspielen hier wertvolle Potenziale.

Ausserdem wünsche ich mir einen kompetenteren Umgang mit Daten. Ohne entsprechende Kundeninformationen keine spannende Customer Experience. Dazu gehört eben nicht nur, Daten zu sammeln – man muss sie auch auswerten können. Deshalb freut es mich, dass Marken hier jeden Tag ein bisschen erfolgreicher werden. Insgesamt sind wir auf einem guten Weg.

Der Gesprächspartner:
Hartmut König startete seine Karriere bereits 2004 bei Adobe und ist heute als CTO Central Europe für die Lösungen der Experience Cloud verantwortlich. Customer Experience begreift er als ganzheitliche, multidisziplinäre Aufgabe, die das Herzstück jeder erfolgreichen Digitalisierung darstellt.

Das Unternehmen:
MAKE IT AN EXPERIENCE. Adobe ist der weltweit führende Anbieter von Software und Online-Services für Digitale Medien und Digitales Marketing. Die drei leistungsstarken Cloud-Lösungen Adobe Creative Cloud, Adobe Experience Cloud und Adobe Document Cloud ermöglichen es Kunden, innovative digitale Inhalte zu kreieren, zielgenau auf allen relevanten Kanälen zu veröffentlichen, den Erfolg zu messen und kontinuierlich zu optimieren.

Adobe stellt Unternehmen damit ein umfassendes Set an führenden Lösungen bereit, um datenbasiert und mit Hilfe künstlicher Intelligenz begeisternde Kundenerlebnisse zu realisieren. Das Unternehmen beschäftigt weltweit über 21.000 Menschen bei einem Jahresumsatz von 9.03 Milliarden US-Dollar (2018). In der Schweiz ist die Adobe Systems (Schweiz) GmbH in Zürich für Vertrieb, Marketing und Kundenbetreuung zuständig und am Standort in Basel ist die Adobe Research (Schweiz) AG beherbergt. Letzteres ist eines der wichtigsten Research und Entwicklungsstandorte der Marketing Cloud und des Adobe Kernproduktes AEM, Adobe Experience Manager. 

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