Marcel Krüse, CEO Banco Kwanza Invest, Luanda

Marcel Krüse, CEO Banco Kwanza Invest, Luanda

Marcel Krüse, Managing Director, Banco Kwanza Invest, Luanda.

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Krüse, Sie leben als Schweizer in Angola und sind CEO der Banco Kwanza Invest  in Luanda. Wie ist diese Bank positioniert? Hat sie besondere Schweizer Beziehungen?

Marcel Krüse: Nein, grundsätzlich handelt es sich um eine angolanische Bank mit keinen besonderen Finanz- und Geschäftsbeziehungen zur Schweiz. Kwanza Invest wurde vor erst zwei Jahren als erste unabhängige Bank Angolas gegründet, die auf Corporate Finance und Investment Banking fokussiert. Ausserdem bieten wir Corporate und Private Banking an. Allerdings bestehen personelle Beziehungen zur Schweiz: Das Geschäftsmodell basiert zum Teil auf Schweizer Know-how, das von mir und einem der Aktionäre, Jean-Claude Bastos de Morais sowie drei weiteren Schweizern eingebracht wird.

«Natürlich benötigten wir die Unterstützung von lokalem Know-how sowie von angolanischen Regierungsstellen und Persönlichkeiten.» Marcel Krüse, Managing Director Banco Kwanza Invest, Luanda

Weshalb benötigt eine angolanische Bank Schweizer Know-how?

Nach dem Bürgerkrieg befand sich die angolanische Wirtschaft in einem desolaten Zustand und musste wieder aufgebaut werden. Die Unternehmen benötigten dringend Finanzierung aus dem Ausland. Das war im damaligen chaotischen Zustand schwierig, fehlte es doch an Regulierungen und Vertrauen. Wir haben das früh erkannt und kamen 2005 nach Angola um eine Corporate Finance-Boutique im Joint Venture mit einer staatlichen Bank aufzubauen, die auf einem modernen, international anerkannten Geschäftsmodell sowie auf einer vorbildlichen Corporate Governance basiert. Daraus entstand 2008 die heutige Banco Kwanza Invest.

«Auch das Private Banking belebt sich, seitdem ein Anti Money Laundering-Gesetz eingeführt wurde. Dessen Einführung haben wir proaktiv unterstützt, gerade um vermehrt auch internationale Kunden anzuziehen.»

Dies ging aber sicherlich nicht ohne die Akzeptanz und die Kooperation der Regierung…

Da haben Sie recht, deshalb sind wir damals als Newcomer vor fünf Jahren ein Joint Venture mit einer staatlichen lokalen Bank eingegangen. Natürlich benötigten wir die Unterstützung von lokalem Know-how sowie von angolanischen Regierungsstellen und Persönlichkeiten. Einerseits besitzt Jean-Claude Bastos auch die Staatsbürgerschaft von Angola, ist mit den hiesigen Gepflogenheiten vertraut und verfügt über ein breites privates und familiäres Netzwerk. Anderseits konnten wir den Sohn des Präsidenten, José Filomeno de Sousa dos Santos, vom Projekt überzeugen und als Aktionär gewinnen. Der Angolaner hat in London studiert und gearbeitet. Er ist ein modern denkender Mensch, die westliche Denkweise und das Finanzierungsgeschäft gut versteht. Er weiss, dass Angolas Regulationen internationalen Standards genügen müssen, um ausländisches Kapital anzuziehen.

Ist der Bank dies gelungen?

Ja, wir haben zunehmend Erfolg und entwickeln uns dank den Verbesserungen im regulatorischen Umfeld allmählich von einer binnenorientierten zu einer internationalen Bank. Auch das Private Banking belebt sich, seitdem ein Anti Money Laundering-Gesetz eingeführt wurde. Dessen Einführung haben wir proaktiv unterstützt, gerade um vermehrt auch internationale Kunden anzuziehen. Ausserdem werden wir im internationalen Geschäft tatkräftig vom ehemaligen Bundesbankpräsidenten Ernst Welteke unterstützt, der den Verwaltungsrat der Bank präsidiert.

Angola ist auf der Liste der am wenigsten korrupten Staaten nach wie vor auf den hintersten Rängen zu finden. Wie können Sie in einem solchen Land eine gute Corporate Governance durchsetzen?

Wir haben allen Partnern und Kunden unser Geschäftsmodell von vornherein klargemacht. Das ist auch auf unserer Homepage für jedermann klar ersichtlich. Falls dennoch entsprechende Anreize angeboten werden, gehen wir nicht darauf ein. Dass man in Angola dennoch Erfolg haben kann, haben wir bewiesen.

«Im letzten Jahr verzeichneten wir ein Wachstum von rund 6%. 2011 rechnen wir mit einer weiteren Wachstumsbeschleunigung von ca. 10%.»

Die Bank wurde mitten in der Finanzkrise gegründet. Wie hat sich das auf die Entwicklung der Bank ausgewirkt??

Nachdem sich Angola 2002 politisch stabilisiert hatte, profitierte die Wirtschaft fünf Jahre von zweistelligen Wachstumsraten. Die Finanzkrise hat dies tatsächlich gestoppt. 2009 fiel das Bruttosozialprodukt sogar leicht um 0,3%. Doch wir befinden uns wieder im Aufwind: Im letzten Jahr verzeichneten wir ein Wachstum von rund 6%. 2011 rechnen wir mit einer weiteren Wachstumsbeschleunigung von ca. 10%. Diese dürfte breit abgestützt sein, also nicht nur durch die Ölindustrie.

Welches sind denn die wichtigsten Einflussfaktoren für den Erfolg der Bank?

Angolas Unternehmenswelt wird stark getrieben durch den weiteren Ausbau der Infrastruktur, insbesondere in der Energie- und Wasserversorgung, in der Telekommunikation sowie im Verkehrs- und Transportbereich. Hier setzen sich momentan unsere Schwerpunkte im Bank- und Finanzierungsgeschäft. Dabei verspüren wir zunehmendes Interesse ausländischer Investoren.

Verfügen Sie über Filialen im In- und Ausland?

Nein, noch nicht.

Wie viele Personen beschäftigen Sie?

Wir beschäftigen 44 Personen in Angola.

Sind darunter weitere Schweizer?

Ja, fünf Schweizer.

Angola ist aber noch nicht das erklärte Auswanderungsland für Schweizer. Wie viele Schweizer leben denn überhaupt im Land?

Schätzungsweise 30 Schweizer leben in Angola und sind bei der Botschaft registriert. Dazu kommen jedoch noch eine grössere Anzahl Schweizer, welche regelmässig für Geschäftszwecke nach Angola reisen.

Sie sind jetzt bereits sechs Jahre in Angola. Wie vertraut beziehungsweise wie fremd ist Ihnen das Land?

Ich habe Portugiesisch, die hiesige Landessprache, gelernt und mich integriert. Inzwischen habe ich hier meinen Freundeskreis und führe hier ein normales Leben, geschäftlich wie auch privat.

Sie sind in Brasilien geboren, in der Schweiz aufgewachsen und leben nun schon einige Zeit in Angola. Wie ist ihre Beziehung zur Schweiz?

Die Schweiz empfinde ich nach wie vor als meine Heimat. Hier habe ich auch viele Freunde und Familienangehörige, die ich regelmässig besuche. Anderseits hat mich die Schweiz auch sehr enttäuscht.

Weshalb?

2004 wurde von den Aktionären über die ProKMU Invest, die ich während fünf Jahren aufgebaut und geleitet hatte, gegen meinen Willen die Liquidation verfügt. Das war hart für mich, hatte ich doch viel Geld und Herzblut in das Unternehmen gesteckt. Schlimmer war jedoch, dass ich von den Vertretern der Aktionäre und einigen Medien aufs Übelste diffamiert wurde, was meine beruflichen Erfolgschancen in der Schweiz stark einengte.

Ist das immer noch der Fall?

Leider wurde die Liquidation trotz der langen Zeit noch immer nicht abgeschlossen. Erstaunlicherweise werden sogar einige der alten, ungerechtfertigten Vorwürfe an mich wider besseren Wissens kolportiert. Erst seitdem ein massgebender Vertreter der Aktionäre vor einigen Monaten verhaftet wurde, begannen einzelne Medien, meiner Sichtweise vermehrt Gehör zu schenken.

Sie sprechen die Verhaftung von Daniel Gloor an, dem ehemaligen Anlagechef der BVK …

Genau, unter seiner Federführung hat sich die BVK damals an ProKMU beteiligt.

«2004 wurde von den Aktionären über die ProKMU Invest, die ich während fünf Jahren aufgebaut und geleitet hatte, gegen meinen Willen die Liquidation verfügt.»

Zeichnet sich ein Abschluss der Liquidation ab?

An der letzten Generalversammlung, die gerade erst stattfand, war noch kein Ende der Liquidation abzusehen. Im Gegenteil, die BVK stimmte sogar für eine Weiterziehung des Verfahrens und riskiert damit die letzten verbliebenen Gelder. Sie glaubt weiterhin an ein Verschulden anderer und sieht nicht ein, dass der Liquidationsentscheid unter Gloor zum Desaster führte.

Doch dies ist Vergangenheit. Ich denke zukunftsorientiert und habe in Angola eine zweite Heimat sowie eine grosse berufliche Herausforderung gefunden, die mir viel bedeuten.

Also sprechen wir über die Zukunft. Welches sind Ihre Ziele mit Banco Kwanza Invest?

Wir helfen proaktiv, das Image des Finanzplatzes Angola aufzuwerten sowie die Regulierungen noch mehr an die internationalen Gepflogenheiten anzupassen und für ausländische Investoren so attraktiv wie möglich zu machen. Ausserdem wollen wir im Binnenmarkt stärker Fuss fassen. Dazu werden wir ein Filialnetz aufbauen. Ein wichtiges Ziel ist die Implementierung von elektronischen Zahlungssystemen. Angola ist dabei, die nötigen gesetzlichen Grundlagen dazu zu schaffen.

Ist auch eine Präsenz in der Schweiz geplant?

Nein, im Ausland sind zurzeit wie erwähnt keine Filialen geplant, nicht einmal in der Schweiz. Aber wir sind daran interessiert, vermehrt Schweizer Investoren für Engagements in Angola zu gewinnen. Sie werden also mehr von uns hören.

Der Gesprächspartner:
Marcel Krüse wurde 1966 in Brasilien geboren, verbrachte aber die Jugend in der Schweiz und absolvierte hier die Schulausbildung. 1988 erwarb der Schweizer an der HEC School of Management in Lausanne den Master of Science in Management und später von der Schweizerischen Treuhandkammer das Wirtschaftsprüferdiplom. Er begann seine Karriere als Wirtschaftsprüfer bei Deloitte & Touche und arbeitete sich bei PricewaterhouseCoopers zum Stv. Direktor hinauf. Sein Know-how in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Due Diligence, Fusionen & Akquisitionen, Unternehmensfinanzierungen, Private Equity und Restrukturierungen setzte er von 1999 bis 2004 als CEO von ProKMU Invest um. Nachdem diese gegen seinen Willen von den Aktionären liquidiert wurde, nahm er die Chance wahr, in Angola eine Corporate Finance-Boutique aufzubauen, aus der 2008 die heutige Banco Kwanza Invest entstand, die erste Bank Angolas, die auf das Investment Banking fokussiert.


 

Symbolbild KF für CEO Interviews

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