Markus Gröninger, CEO B-Source

Markus Gröninger, CEO B-Source

Markus Gröninger, CEO B-Source

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Gröninger, Sie sind seit dem 1. Oktober 2010 CEO von B-Source. Wo haben Sie den grössten Änderungsbedarf ermittelt und was haben Sie seit Ihrem Antritt geändert oder in die Wege geleitet?

Markus Gröninger: Die grundsätzliche Strategie von B-Source ist absolut korrekt gewesen, hier hat kein Änderungsbedarf bestanden. Entscheidend ist, dass wir in eine neue Phase treten. In den vergangenen drei Jahren wurde der Fokus stark auf die Entwicklung des B-Source-Masters gesetzt, danach auf die Einführung bei den ersten fünf Banken. Jetzt geht es darum, dass wir uns von der „Build“-Phase in eine „Continuous Improvement“-Phase bewegen, in der wir das Erstellte optimieren. Zudem steht jetzt die Marktorientierung im Vordergrund. Wir stehen vor einem riesigen Marktpotential. Das Marktvolumen ist im Vergleich zum Potential erst zu etwa 10 Prozent ausgeschöpft. Dieses Wachstum wollen wir jetzt realisieren.

Ihr Erfahrungshintergrund sind amerikanische Grossfirmen wie zum Beispiel die CSC und zuletzt Oracle. War der Wechsel zu einem Schweizer IT-Unternehmen mit Hauptsitz im Tessin ein Kulturschock?

Eine gute Frage. Klar gibt es einige Aspekte, die sehr unterschiedlich sind. Dies war für mich einer der Gründe, nach den 49 Quartalen bei amerikanischen Gesellschaften einen Wechsel vorzunehmen. Dabei zeigen sich verschiedene Perspektiven: Amerikanische gegen schweizerische Geschäftskultur, Deutschschweiz versus Tessin, aber auch Grosskonzern zu KMU. Eines habe ich jedoch schnell gesehen, dass nämlich die Tessiner Kultur, welche wir in der Deutschschweiz oft als „dolce far niente“ bezeichnen, im Geschäftsbereich nicht existiert. Was sicher anders ist, ist die Tatsache, dass B-Source kein Grosskonzern ist. Dafür haben wir die Chance zu einer höheren Agilität.

«In jedem Quartal wird die Erreichung gesetzter Meilensteine überprüft, dies hat einen positiven Einfluss auf die Geschwindigkeit und Resultatorientierung eines Unternehmens.» Markus Gröninger, CEO B-Source

Was wir von amerikanischen Unternehmen lernen können ist das oft als nicht zielführend bezeichnete kurzfristige, quartalsgetriebene Denken, das – zugegebenerweise – nicht immer im langfristigen Interesse des Unternehmens ist. Der Vorteil dieser Betrachtungsweise ist jedoch, dass jedes Quartal als Jahr betrachtet wird und deshalb mit hoher Geschwindigkeit gearbeitet wird. Dabei ist man gezwungen, quartalsweise Überprüfungen vorzunehmen. In jedem Quartal wird die Erreichung gesetzter Meilensteine überprüft, dies hat einen positiven Einfluss auf die Geschwindigkeit und Resultatorientierung eines Unternehmens.

Welche Ziele haben Sie für B-Source für das Jahr 2011 gesetzt und welche strategischen Projekte prägen das laufende Jahr?

Wir haben einen sehr klaren Plan, nämlich „Vision 2015“. Diesen wollen wir in den nächsten fünf Jahren erreichen. In 2011 geht es um die Erreichung der Meilensteine dieses Plans. Zuerst kommen dabei die Umsetzung des BSI-Projektes und die operative Live-Setzung. Dies wird uns auch gelingen. Zweitens: Die stärkere Positionierung am Markt und die Neugewinnung von Kunden.

«Wir wollen Geschichte im schweizerischen Banking Sourcing Markt schreiben.»

Bei Einnahmen von knapp 205 Millionen Franken im Jahre 2010, was ein plus von 12 Millionen Franken gegenüber dem Vorjahr entspricht, ging der Gewinn wegen Investitionen in die Bankenplattform, dem B-Source Master, um 3.3 Millionen auf 13.3 Millionen Franken zurück. In welchem Entwicklungszyklus steht der B-Source-Master?

Der B-Source-Master ist Teil des Business Modells von B-Source. Es gibt keinen anderen Business Process Outsourcing (BPO)-Provider, der unabhängig eine Standard Plattform anbieten kann. Der B-Source-Master ist unser Produktionswerkzeug, das uns erlaubt, Skaleneffekte zu realisieren. Heute arbeiten bereits fünf Banken, die BSI eingerechnet, live mit dem B-Source-Master. Wir investieren jedes Jahr in dieses Projekt, um einerseits den regulatorischen Anforderungen zu genügen und andererseits die neuesten Technologien und neue Geschäftsfunktionalität einzubringen, die zum Beispiel auch von Avaloq kommen. So wachsen wir schrittweise weiter.

B-Source befindet sich im Besitz der BSI. Ist für Sie das weitere Wachstum eine Öffnung für weitere Aktionäre oder ein Börsengang ein Szenario, das in Ihrer Planung existiert?

Grundsätzlich hat unser Shareholder, die BSI, seit Jahren betont, offen zu sein für eine Öffnung des Aktionariat. Es sollte jedoch Sinn machen. Dies ist nur der Fall, wenn es eine industrielle Logik beinhaltet. Unser Erfolg im Markt zeigt jedoch, dass die Tatsache, 100% zur BSI zu gehören, insbesondere bei kleinen und mittelgrossen Banken kein Nachteil ist. Übrigens gibt es eine interessante BPO-Marktstudie, die besagt, dass alle erfolgreichen BPO-Provider einer Bank nahestehen. Der Grund dafür ist vor allem das bankenspezifische Know-how. Die Studie zeigt weiter auf, dass die Governance-Modelle von Konsortien in der Vergangenheit nicht von Erfolg gekrönt waren. Das optimale Governance-Modell ist jenes, welches die Nähe zur Bank sicherstellt und zusätzlich eine liberalisierte Markt-Governance einschliesst. Hier zeigen wir uns grundsätzlich offen, stehen jedoch unter keinem Zeitdruck.

«Es gibt zwei externe Faktoren, die ein signifikantes Wachstum von BPO initiieren: Der Margendruck und die zusätzlichen Regulatorien.»

Die steigenden Anforderungen bezüglich Compliance und die besondere Bedeutung des Finanzplatzes für die Schweiz setzen vor allem mittlere und kleinere Banken vermehrt unter Druck, bedeutet aber auch für die Anpassungen am B-Source-Master Mehrarbeit. Sind unter dem Strich für Sie die Entwicklungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Finanzszene eher ein Vorteil oder Nachteil?

Ganz klar ein Vorteil. Man spricht schon lange von der Industrialisierung des Bankings. Davon umgesetzt ist bis heute sehr wenig, weil einfach die Not zu klein gewesen ist. Eigentlich ist es sehr erstaunlich, dass jede Bank ihr eigenes System entwickelt hat. So werden beispielsweise der Zahlungsverkehr und die Wertschriftenabwicklung jeweils ein bisschen anders realisiert, obwohl es dadurch keinerlei Markt-Differenzierung gibt. Es gibt zwei externe Faktoren, die ein signifikantes Wachstum von BPO initiieren: Der Margendruck und die zusätzlichen Regulatorien. Diese Faktoren drücken auf die IT- und Abwicklungskosten sowie die entsprechenden Risiken. Wir entwickeln die Lösung zu neuen Anforderungen im B-Source-Master nur einmal und stellen sie dann allen unseren Kunden zur Verfügung.

Die Schweiz gilt allgemein als „Hochpreis-Insel“ mit einem massiven Unterangebot an qualifizierten Informatikern. Wie beurteilen Sie die Schweiz als Standort für die weitere Entwicklung von B-Source, gibt es Pläne, bei erfolgreicher Internationalisierung zusätzliche Entwicklungsstandorte zu erschliessen?

Sicher ist der Mangel an Informatikern ein riesiges Thema. Ich bin auch im Vorstand von Swico, auch dort ist dieses Thema enorm wichtig für den Informatikstandort Schweiz. Im Tessin hingegen zeigt sich eine etwas andere Ausgangslage. Wenn Sie einen Zirkel nehmen, ihn bei Lugano einstecken und eine Distanz von 80 Kilometern wählen, finden Sie keinen Ort in der Schweiz, wo so viele Menschen leben wie in diesem Kreis, der unter anderen Mailand, Varese und Como einschliesst. Wir besitzen somit das grösste Einzugsgebiet.

«Sowohl das Off-Shoring, als auch die Produktion im Ausland ist für uns kein Thema.»

Die Lombardei ist wirtschaftlich sogar stärker als die Schweiz, wenn man noch die tieferen Kosten mitberücksichtig, während die Arbeitsdisziplin der unseren entspricht. Dazu kommt die hohe Loyalität der Mitarbeiter und die tiefe Fluktuationsrate. Diese Faktoren führen dazu, dass der Tessin ein extrem attraktiver Standort ist. Auf unser Business Modell bezogen: Wir wenden den von uns entwickelten B-Source-Master in unserem Back-Office selbst an und sind somit auch unser eigener Kunde. Unsere Stärke ist die Integration im Sinne von „Walk the Talk“. Sowohl das Off-Shoring, als auch die Produktion im Ausland ist für uns kein Thema.

Ihr Partner Avaloq ist ebenfalls ein Treiber Ihres Geschäftes. Anders gesagt: Verkauft Avaloq mehr, haben Sie Möglichkeit, daran zu partizipieren. Schauen wir nach Liechtenstein, so stellen wir fest, dass Avaloq alle drei grossen Banken mit ihren Lösungen bedient. Sehen Sie diesbezüglich die Möglichkeit, ein Dienstleistungszentrum für die drei grossen Banken des Platzes Liechtenstein zu betreiben?

Wichtig ist für uns die BPO-Strategie der Banken. Wir glauben sehr stark an die Industrialisierung des Bankings. Diese erfolgt durch den B-Source-Master. Mit dem B-Source-Master, verfügen wir über die Applikation, also über die Standardisierung der Geschäftsprozesse. Wir gehen zu den Kunden und eruieren, ob sie eine Industrialisierung, beziehungsweise Standardisierung wünschen. Ist dies der Fall, sind wir der richtige Partner. Kunden, die eine Differenzierung aufgrund unterschiedlicher Geschäftsprozesse bevorzugen, sind für uns keine optimalen Kunden. Die Kernfrage lautet somit aus Sicht der Bank: Standardisierung oder nicht.

Nachdem einige kleinere Banken mit dem B-Source-Master arbeiten – BSI Monaco SAM, Reichmuth & Co Privatbankiers, QNB Banque Privée (Suisse) SA, NZB Neue Zürcher Bank AG, NBAD Private Bank (Suisse) SA – steht die Migration der BSI noch an. Wie sieht hier der Fahrplan aus und welchen Einfluss wird eine erfolgreiche Migration auf die weitere Entwicklung von B-Source haben?

Unser Plan sieht vor, diesen Sommer live zu gehen. In diesem Sinne stehen wir gut im Zeitplan. Diese Entwicklung wird im B-Source-Master eine Erweiterung zur Folge haben. Wie erwähnt, ist die grundsätzliche Entwicklung des B-Source-Master abgeschlossen. Es geht nun darum, diesen zu implementieren und weiter zu entwickeln.

Aus Marktsicht besteht jedoch schon ein quantitativer Unterschied zwischen einer kleineren Bank und der BSI.

Doch der Grundsatz bleibt: Industrialisierung und Standardisierung der Prozesse. Teilweise ist die Komplexität ein bisschen höher, vielleicht führt die Bank andere Produkte, ist international anders tätig oder diversifiziert. Aber das Grundmodell des Private Banking Geschäftes bleibt dasselbe.

Mit rund 600 Mitarbeitenden, die Hälfte davon Bankenspezialisten, gehört B-Source zu den grössten BPO Anbietern im Schweizer Markt. Das Kundenportfolio trägt dem aber noch kaum Rechnung. Mit welcher Strategie wollen Sie grössere Kunden im In- und Ausland für Ihr Angebot gewinnen?

Wir sind ganz klar die Nummer eins bei den BPO-Providern. Ein solcher Erfolg kommt nur durch die richtigen Kunden zustande. Unsere Position kommt davon, dass wir die Einzigen sind, die den Kunden eine skalierbare Plattform, basierend auf einer Standardplattform offerieren können. Wir profitieren dabei von der grössten Community in der Schweiz, da Avaloq mit über 40% Marktanteil der klare Marktleader ist.

«Wir sind in der Lage, Banken innerhalb von sechs Monaten mit Avaloq live zu setzen. Dies schliesst auf ein riesiges Wachstumspotential in der Schweiz.»

Heute können Privatbanken, wie zum Beispiel die Reichmuth & Co. Privatbankiers bei uns Avaloq betreiben lassen, für die ansonsten ein Avaloq-Projekt zu komplex und umfangreich wäre. Wir sind in der Lage, Banken innerhalb von sechs Monaten mit Avaloq live zu setzen. Dies schliesst auf ein riesiges Wachstumspotential in der Schweiz. International fahren wir eine relativ einfache Strategie, nämlich „follow the client“ und „follow Avaloq“. Wir gehen nirgendwo hin, wo nicht Avaloq oder unsere Kunden sind. Dort, wo wir interessante Potentiale sehen, werden wir uns auch international weiterentwickeln.

Was sind Ihre nächsten konkreten Projekte oder Destinationen, die Sie auf der Liste haben?

Asien ist sicher sehr interessant.

Sie setzen mit Ihrer Plattform, dem B-Source-Master, exklusiv auf das Avaloq Banking System. Wie eng stimmen Sie Ihre Marktbearbeitung mit der Geschäftsleitung von Avaloq ab, um gemeinsam Kunden für BPO- oder IT-Outsourcing Projekte zu gewinnen?

Um den B-Source-Master herum führen wir ein ganzes Eco-System von Partnern. Orbium ist zum Beispiel ein wichtiger Partner. Hier bieten sich uns natürlich mehrere Möglichkeiten und wir suchen jeweils eine optimale Abstimmung. Dies gehört zu einer professionellen Marktbearbeitung.

Durch die Tatsache, dass Sie international tätig sind, können Sie auch gut einschätzen, wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Führungsnachwuchskräfte aussieht. Wie beurteilen Sie diese?

Meiner Ansicht nach haben wir in der Schweiz hervorragende Leute. Wie überall, auch international, wünscht man sich gerne mehr solcher Kräfte. In der Schweiz findet sich guter Nachwuchs, sehr gut ausgebildete Leute, die auch fähig sind, mit verschiedenen Kulturen umzugehen und die mehrsprachig sind. Unser Management bei B-Source integriert verschiedene Sprachen und Kulturen. Es spielt keine Rolle, ob sie Deutschschweizer, Tessiner oder Italiener sind.

Eine der wichtigen Qualitäten von Unternehmen wird in Zukunft die Integration von unterschiedlichsten Mitarbeitenden sein. Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?

Das ist ein Teil unserer Kultur. Unsere Mitarbeiter kommen aus allen Nationen, sei es aus dem angelsächsischen Raum, aus der Schweiz, dem Tessin, Italien, aus Asien. Sie sind auch eine Folge der Akquisitionen. Zudem besteht Outsourcing auch aus der Integration neuer Leute mit jedem Geschäft. Die Integration neuer Menschen ist eine der kritischsten Kernkompetenzen. Das wichtigste Asset bei jedem Outsourcer sind die Menschen. Mit diesen muss er möglichst sorgsam umgehen, um sein Unternehmen weiter entwickeln zu können.

Zum Schluss des Gespräches haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?

Wir haben äusserst ambitionierte Ziele mit B-Source. Diese sind aufgrund der heutigen Ausgangslage real. Wir wollen Geschichte im schweizerischen Banking Sourcing Markt schreiben, aber auch beweisen, dass wir mit dem starken Know-how im IT- und Banking-Bereich auch international marktfähig sind. Wir müssen dies aber nicht nur wünschen, sondern diszipliniert umsetzen. Dann lassen sich diese Wünsche und Träume erfüllen.

Der Gesprächspartner:
Markus Gröninger (53) CEO B-Source. Markus Gröninger war die letzten drei Jahre Vice President und Country Leader der Oracle Schweiz. Von 2002 bis 2007 war er bei CSC Switzerland als CEO und Delegierter des Verwaltungsrates tätig, ab 2006 als Head of Market and Business Development für Deutschland, Schweiz, Österreich und Osteuropa.

Markus Gröninger studierte Elektroingenieur an der ETH Zürich und hat ein Nachdiplom in Betriebswissenschaft erworben. Zusätzlich hat er ein Executive-Programm an der INSEAD, Fontainebleau (F) absolviert.

Das Unternehmen:
B-Source ist Schweizer Marktführer in der Erbringung von Back Office- und IT-Dienstleistungen (BPO) für Privat- und Universalbanken. B-Source bietet zudem IT Outsourcing (ITO) Dienstleistungen für die Finanzindustrie, Versicherungsgesellschaften und weitere ausgewählte Industrien an. Zum Kundenkreis zählen Unternehmungen in der Schweiz und mehreren anderen Ländern. Alle Leistungen sind nach ISO 9001:2008 und ISO/IEC 27001:2005 zertifiziert und das interne Kontrollsystem von B-Source ist gemäss dem International Standard on Assurance Engagements (ISAE) 3402 geprüft. B-Source arbeitet eng mit seinen Geschäftspartnern, dem Competence Center Sourcing der Universität St. Gallen und Avaloq zusammen. Der B-Source Master, die neue BPO-Plattform von B-Source, ist «powered by Avaloq». B-Source wurde 1995 gegründet und verfügt über Niederlassungen in Lugano, Basel, Luzern, Nyon, St. Gallen, Winterthur, Zürich und München. Die Datenzentren befinden sich in Lugano und Zürich. Die Mitarbeiterzahl von zurzeit 600 besteht zur Hälfte aus Bankfachleuten.

Symbolbild KF für CEO Interviews

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