Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder Group, im Interview

Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder Group, im Interview
Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder AG. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Huenerwadel, in einigen Ländern, wie beispielsweise Deutschland, schwächelt die Bauindustrie. Kann Zehnder das woanders ausgleichen, beispielsweise in den USA?

Matthias Huenerwadel: Korrekt, derzeit beobachten wir eine Abschwächung der Wohnbauaktivitäten in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Wir sehen neben Europa den nordamerikanischen Markt als sehr vielversprechend an. Das Lüftungssegment in Nordamerika hat sich bislang sehr dynamisch entwickelt. Das dortige Geschäft profitierte von einer hohen Nachfrage sowie von der Airia-Akquisition im Jahr 2022.

Nach der kanadischen Airia und der niederländischen Filtech vor rund anderthalb Jahren hat Zehnder keine Übernahme mehr getätigt. Warum gibt es kein interessantes Zielobjekt?

«Das Lüftungssegment in Nordamerika hat sich bislang sehr dynamisch entwickelt.»
Matthias Huenerwadel, CEO Zehnder Group

Zehnder hat einen erfolgreichen Leistungsausweis bei der Integration und Weiterführung von familiengeführten Unternehmen. Wir sehen auch in Zukunft Potential für weitere Zukäufe. Doch wurden in jüngster Vergangenheit teils sehr hohe Multiples gefordert. Wir fokussieren auf wertsteigernde Zukäufe.

Der Rückkauf von rund einer halben Million Zehnder-Aktien ist Geschichte. Könnte es bald eine weitere aktionärsfreundliche «Aktion» geben?

Im September haben wir unser Aktienrückkaufprogramm erfolgreich abgeschlossen. Wichtig war uns, dass dadurch die strategische Flexibilität für zukünftige Investitionen und Akquisitionen beibehalten bleibt. Per Ende Juni 2023 hatten wir eine Eigenkapitalquote von 62% und eine Nettoliquidität von 24.3 Millionen Euro ausgewiesen. Derzeit planen wir keine weiteren Aktienrückkaufprogramme.

Spitzt sich beim Problemland China die Baukrise zu?

In China ist die Baukonjunktur derzeit durch eine schwächere wirtschaftliche Entwicklung weiterhin belastet. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird.

Sind Ihre drei chinesischen Werke demnach noch gut ausgelastet?

Aufgrund der schwächeren Nachfrage in China haben wir damit begonnen, die Produktion in einem der Werke teilweise auszulagern. Gleichzeitig haben wir die verbleibenden Kapazitäten der Nachfrage angepasst.

«Aufgrund der schwächeren Nachfrage in China haben wir damit begonnen, die Produktion in einem der Werke teilweise auszulagern.»

In welche Richtung entwickelt sich die EBIT-Marge bei Radiatoren?

Entscheidend für die EBIT-Marge bei Radiatoren ist die Auslastung der Produktionskapazitäten. Je besser diese ausfällt, umso besser fällt auch die EBIT-Marge aus. Bei aktuell rückläufigen Volumina im Radiatorenbereich sehen wir aufgrund der derzeitigen Gegebenheiten aktuell niedrigere EBIT-Margen als noch vor ein paar Jahren.

Damit die Früchte Ihrer jahrelangen Produktinnovation in diesem Segment geerntet werden können, braucht es welche Ziel-Marge?

Wie eben erwähnt, braucht es grundsätzlich steigende Volumina im Bereich der Radiatoren. Bei der Endkundenachfrage spielen derzeit eine abschwächende Kaufkraft aufgrund gestiegener Finanzierungskosten und einer anhaltend hohen Inflation eine entscheidende Rolle. Aber auch die Unsicherheit im Zusammenhang rund um die Ausgestaltung staatlicher Anreizsysteme für den Ersatz fossiler Brennstoffe für Heizungen in Deutschland hat zu einer gewissen Kaufzurückhaltung geführt.

Die letzten beiden Jahre gab es grosse Schwankungen bei der Steuerquote. Wo liegt diese im Normalfall?

Unsere Steuerquote war in der Vergangenheit zeitweise durch positive Sondereffekte reduziert. Mittlerweile liegt sie wieder in einem normalen Bereich zwischen 21 und 23 Prozent.

Ich nehme an: Lieferkettenprobleme gibt es keine mehr?

In der Tat, seit Anfang 2023 hat sich die Lieferkettensituation im Lüftungssegment, bis auf wenige verbleibende Ausnahmen, entspannt. Im ersten Halbjahr 2023 führte die Zunahme der Verfügbarkeit von Komponenten im Bereich Wohnungslüftungen zu einer Normalisierung der Lieferfähigkeit.

«Die Lieferkettensituation im Lüftungssegment hat sich entspannt.»

Zehnder ist seit Jahrzehnten für ansprechendes klares Design bekannt. Gibt es da auf Kundenseite länderspezifische Unterschiede im Geschmack?

Grundsätzlich gibt es regionale Unterschiede, was Geschmäcker anbelangt. Die Designrichtungen in Zentral- und Nordeuropa haben sich über die Jahre einander angeglichen. Hier sind vor allem puristische Designs und geometrische Klarheit gefragt. In mediterranen Ländern gilt dies grundsätzlich ebenfalls, jedoch gibt es hier auch eine spürbare Tendenz zu einer ausgefalleneren Optik mit extravaganteren Formen und mehr Mut zur Farbe.

Mittlerweile erzielt die Zehnder Group 60 Prozent ihres Gesamtumsatzes im Lüftungssegment. Ist dabei das Geschäft mit Wärmetauschern am dynamischsten?

Ja. Durch breites, innovatives Produktangebot im Lüftungssegment, das auf die Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen und die Senkung des Energieverbrauchs ausgerichtet ist, hat sich die Zehnder Group zu einem führenden Unternehmen im Lüftungssegment entwickelt. Unsere Lüftungssystem mit Wärme- und Feuchtigkeitsrückgewinnung sind hier nur ein Beispiel für innovative Lösungen. Die Entwicklung unseres Dienstleistungsgeschäfts Clean Air Solutions beispielsweise, bei dem wir massgeschneiderte Filtergeräte an Industriekunden verleihen, verläuft sehr dynamisch. Zudem nehmen Serviceleistungen wie Wartungen und ein zunehmendes Ersatzgeschäft eine immer grösser werdende Rolle ein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert