Matthias Liechti, CEO Clientis AG, im Interview

Matthias Liechti, CEO Clientis AG, im Interview
Matthias Liechti, CEO Clientis AG. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Liechti, die 14 Clientis-Banken haben den Gruppengewinn 2023 um 8,8 Prozent auf 69,6 Mio Franken gesteigert, der Geschäftserfolg legt sogar um 11,6 Prozent zu. Welches waren über das Zinsgeschäft hinaus die Erfolgsfaktoren?

Matthias Liechti: Der Erfolg ist hauptsächlich auf das Zinsengeschäft zurückzuführen. Die Kommissionserträge aus dem übrigen Dienstleistungsgeschäft haben ebenfalls zum Erfolg beigetragen. Grund für das Wachstum sind unsere regionale Verankerung, persönliche Beziehungen und die Nähe zu den Kunden.

Die Zinsmarge ist 2023 deutlich angestiegen. In welchem Umfang gibt Clientis bis anhin die Gewinne durch höhere Sparzinsen an die Kunden weiter?

Dies ist sehr bankindividuell; die Banken bewegen sich im Marktumfeld mit ihren Mitbewerbern. Einige Banken bieten speziellen Sparkonti mit Zusatzzins an, einige haben die Zinsen auf dem normalen Sparkonto bereits angehoben. Andere bieten sehr gute Zinssätze bei Kassenobligationen oder bei der Kontoverzinsung in der Säule 3a.

Was prägte das Hypothekargeschäft, wo Clientis die Ausleihungen um 4,1% auf 11,2 Mrd Franken steigern konnte?

Das anhaltende jährliche Wachstum der Clientis Banken von 4% spiegelt die Beständigkeit unserer Strategie sowie unsere starke regionale Verwurzelung und die Pflege persönlicher Kundenbeziehungen wider.

«In unseren Marktgebieten sehen wir eine rege Bautätigkeit und tiefe Leerstände.»

Wie beurteilen Sie die Lage am Immobilienmarkt?

Die Lage in unseren ländlichen Regionen ist stabil. In unseren Marktgebieten sehen wir eine rege Bautätigkeit und tiefe Leerstände. Die rückläufigen Zinsen wirken sich sicher positiv aus.

Der Untergang der Credit Suisse ist ein Jahr her. Inwiefern haben die Clientis Banken profitieren können?

Wir verfügen über eine äusserst stabile Kundenbasis. Wir konnten kaum Zugänge von CS-Kunden feststellen. Wir gehen davon aus, dass Kunden in dieser Phase der Unsicherheit sich insbesondere zu Kantonalbanken bewegten, die über eine explizite oder implizite Staatsgarantie verfügen.

Die Nationalbank hat am 21. März die Zinsen gesenkt. Waren Sie überrascht?

Ja, auch wir wurden von diesem Entscheid überrascht. Wir haben diesen erst im zweiten Halbjahr erwartet. Weitere Senkungen können je nach wirtschaftlicher Entwicklung anstehen.

«Durch die proaktive Suche nach potenziellen Gefahrenherden und eine umfassende IT-Überprüfung wird die Widerstandsfähigkeit der IT-Sicherheitssysteme kontinuierlich verbessert.»

Die Cyber-Risiken nehmen weltweit zu. Wie stärken Sie die Resilienz der IT-Security?

Die Clientis Banken stärken ihre Resilienz in einem Umfeld zunehmender Cyber-Risiken, indem sie proaktiv vorgehen und nicht nur auf Bedrohungen reagieren. Die Komplexität, die durch die Erhöhung ausgelagerter Dienstleistungsbezüge entsteht, erfordert eine verstärkte Überwachung der Cyber-Risiken und der IT-Sicherheit. Durch die proaktive Suche nach potenziellen Gefahrenherden und eine umfassende IT-Überprüfung wird die Widerstandsfähigkeit der IT-Sicherheitssysteme kontinuierlich verbessert. Im vergangenen Jahr wurde eine umfassende IT-Überprüfung im Sinne einer «Attack-Simulation» durchgeführt und danach Optimierungen umgesetzt.

Kommt aus diesem Bereich auch ein Grossteil des um 6,4 Prozent gestiegenen Geschäftsaufwands?

Ein Teil der Aufwände entstehen durch neue Services rund um Cyber-Security. Der Geschäftsaufwand ist aber auch dem Wachstum mit einer Zunahme der Vollzeitstellen von 2,3% und der Inflation geschuldet. Zudem wurden im vergangenen Jahr wieder alle Generalversammlungen nach drei Jahren Coronapause durchgeführt, was zu deutlich höheren Marketingaufwendungen geführt hat.

Welche Neuerungen und Erweiterungen sind für die Clientis-Plattform im laufenden Jahr geplant?

Die Serviceplattform wird laufend ausgebaut und die Services den Bedürfnissen der Banken angepasst. In diesem Jahr stehen zahlreiche Aktualisierungen und Erweiterungen an. Zum Beispiel eine neue Archivlösung, die Weiterentwicklung der Hypothekenberatungssoftware, die Einführung von Instant Payment sowie die Umsetzung der Datenlöschung gemäss Datenschutzgesetz. Zudem diskutiert die Plattformbanken-Community über die zukünftige Kanalstrategie und dem Zusammenspiel zwischen persönlicher Beratung und Digital Banking.

«Die Serviceplattform wird laufend ausgebaut und die Services den Bedürfnissen der Banken angepasst. In diesem Jahr stehen zahlreiche Aktualisierungen und Erweiterungen an.»

KI ist in aller Munde. In welchen Bereichen könnte die Künstliche Intelligenz bei den Clientis-Banken zum Thema werden? Oder ist sie bereits im Einsatz?

Die Clientis hat die Potenziale der künstlichen Intelligenz (KI) erkannt. In Zusammenarbeit mit renommierten Partnern erarbeiten wir Use Cases und entwickeln ein Basiswissen für die Mitarbeitenden. Ziel ist es, die Kundeninteraktion zu verbessern und die operative Effizienz zu erhöhen. Erste KI-Anwendungen, darunter ein Chatbot, ChatGPT und Analysetools zur Betrugsprävention, sind bereits im Einsatz. Weiterhin werden Entwicklungen in Bereichen wie „Voice to Text“ für Kundengespräche und administrative Aufgaben im Backoffice beobachtet.

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